Das ungarische Alphabet.

Ein Plädoyer für das Erlernen der ungarischen Sprache

So schwer ist sie nicht!

In meinem Alltag begegne ich immer wieder dem Vorurteil, Ungarisch sei eine der am schwersten erlernbaren Sprachen der Welt.

Vermutlich ist dieses Gerücht dem Patriotismus der Ungarn zu verdanken, denn die meisten sind sehr stolz auf ihre Muttersprache, und sie sind es meiner Meinung zu Recht – zumindest auf die Schönheit und Eleganz dieser Sprache.

Schwer ist die überaus melodische ungarische Sprache aber bestimmt nicht! Sicher, man kann beim Erlernen von Ungarisch so gut wie gar nicht auf den in Europa verbreiteten indogermanischen oder slawischen Sprachen aufbauen. Das mag den Einstieg erschweren. Dafür ist Ungarisch aber eine extrem logische Sprache mit einer nicht sehr umfangreichen Grammatik. Und dann ist da noch die klare, absolut eindeutige Aussprache.

Gesprochen wie geschrieben

Wenn man erst einmal alle 40 Buchstaben des Alphabets kann und sie verinnerlicht hat, dann kann man wirklich jedes Wort perfekt lesen. Im Gegensatz zum Deutschen oder Englischen wird im Ungarischen (fast) jeder Buchstabe gesprochen. Auch jeden doppelten Konsonanten und jedes „H“ hört man, es wird nichts verschluckt und die Betonung ist ausnahmslos auf der ersten Silbe. Diese Eindeutigkeiten sucht man in den meisten anderen europäischen Sprachen vergebens.

Ich weiß, dass die Aussprache der Buchstaben teils gewöhnungsbedürftig ist. Vor allem kombinierte Buchstaben wie „gy“, „ny“, „ty“ bereiten vielen Ausländern Schwierigkeiten. Mit regelmäßigem Üben ist aber auch diese Hürde schnell überwunden.

Nach Zahlwörtern immer Einzahl

Nach Zahlwörtern, und zwar sämtlichen Zahlwörtern wie beispielsweise unzählige, viele, manche, alle und so weiter folgt im Ungarischen immer die Einzahl! Man muss also die Mehrzahl des jeweiligen Wortes nicht kennen, um sie korrekt mit einem Zahlwort zu verbinden, und dass es sich um mehrere Dinge handelt, ergibt sich ja schon aus dem vorangestellten Zahlwort.

Selbst wenn man die ungarische Mehrzahl eines Wortes benötigt, tut man sich relativ leicht. Man hängt einfach nur ein „k“ an das Substantiv und fertig. Endet das Wort auf eine Konsonante, dann wird gemäß der Vokalharmonie noch ein heller oder dunkler Überbrückungsvokal eingeschoben: gép/gépek (Maschine/Maschinen) oder ház/házak (Haus/Häuser).

Wortstellung

Wer schon einmal in die Verlegenheit gekommen ist, einem Ausländer die Wortstellung in einem deutschen Satz zu erklären, wird vermutlich schnell auf viele Regeln samt Ausnahmen gestoßen sein. Nun will ich nicht behaupten, im Ungarischen sei es egal, wo welches Wort im Satz steht, aber grammatisch kann man nur wenig falsch machen. Hingegen spielt es eine Rolle, was mir an der Aussage im Satz wichtig ist, und danach entscheide ich, welches Wort ganz am Anfang und welches weiter hinten steht.

In der Kürze liegt die Würze

Mich begeistert immer wieder aufs Neue, wie kurz und knapp man sich auf Ungarisch ausdrücken kann. Nicht umsonst sind Übersetzungen aus dem Ungarischen ins Deutsche mindestens 15 Prozent länger. Wofür wir im Deutschen drei bis vier Worte benötigen, brauchen die Ungarn nur eins. Das beste Beispiel: „Szeretlek!“, also „Ich liebe dich!“. Ist das nicht herrlich! Oder: „Felhívlak.“, also „Ich rufe dich an.“

Leichte Wortschöpfungen

Das Spielen mit der Sprache, beispielsweise das Ersinnen neuer Worte und auch das Reimen sind im Ungarischen sehr viel leichter als in meiner Muttersprache. Aus einem einfachen Substantiv wie „labda“ (der Ball) wird durch das Hinzufügen einer Endung ein Verb, nämlich „labdázni“ (Ball spielen); Kaffee (kávé) trinken heißt demzufolge kávézni, und Bier (sör) trinken ganz einfach sörözni. Das Wort „autó“ wird zu „autózni“, was natürlich Auto fahren bedeutet.

Knappe Grammatik – kaum Ausnahmen

Die ungarische Grammatik ist um Welten einfacher als beispielsweise die deutsche, französische oder englische. Es gibt nur eine Vergangenheit und eine – aus dem Präsenz und Infinitiv zusammengesetzte – Zukunft. Alle Verben werden nach festen Regeln konjugiert, es gibt nur eine ganz geringe Zahl an unregelmäßigen Verben, die aber auch fast alle wieder nach einheitlichen Regeln konjugiert werden.

Ein grammatisches Geschlecht existiert auch nicht. Deswegen kann das Ungarische auch nur bedingt gendern. Für viele Berufe gibt es sowohl männliche als auch weibliche Bezeichnungen, jedoch fehlen Spitzfindigkeiten wie „Bürgerinnen und Bürger“ (polgárok) ebenso, wie eine Entsprechung für das neudeutsche Studierende, das heutzutage unsinnigerweise das Wort „Studenten“ ersetzen soll. Im Ungarischen sagt man schlicht „egyetemista“, und drückt damit aus, dass es um jemanden geht, der eine Universität (egyetem) besucht.

Es geht immer noch kürzer …

Als wäre die ungarische Sprache nicht schon kurz genug, geht es munter weiter. Da wird auf dem Preisschild auf dem Markt die Gurke (uborka) als „ubi“ angepriesen. Die Kartoffel (burgonya) wird zu „bugi“ und der Gurkensalat (uborkasaláta) gar zu „ubisali“. Aus „bocsánat“ (Verzeihung) macht man „bocsi“, und aus „köszönöm“ (Danke) wird „köszi“. Einmal wurde mir erklärt, ich sei „ari“. Als Deutsche war ich kurzzeitig etwas geschockt, bis ich begriff, ich sei eigentlich „aranyos“, also „goldig“.

Ein Neujahrgruß bestehend aus nur vier Buchstaben – bei den Ungarn geht so etwas! Screenshot: YouTube / MVGYOSZ

Gelegentlich wird sich sogar in Abkürzungen unterhalten. Wenn man „in bar“ bezahlt, dann macht man es „kp-ben“ – kp. gleich készpénz, also Bargeld. Zum Jahreswechsel wünscht man sich hierzulande einfach: BUÉK. Dabei ist „Boldog új évet kívánok!“ ohnehin schon viel kürzer als die deutsche Entsprechung „Ich wünsche Dir ein glückliches Neues Jahr“.

Fazit

Ich bin davon überzeugt, dass wirklich JEDER diese herrlich melodiöse Sprache erlernen kann. Es ist eine Sache der Prioritäten und des Willens. In meinen Sprachkursen habe ich die Erfahrung gemacht, dass es nicht zwangsläufig am Alter liegt, ob man vorankommt. Lassen Sie sich auf die Sprache ein, wie die Kinder auf ihre Muttersprache! Hören Sie zu und plappern Sie ohne Scheu nach. … Und plötzlich sind Sie mit dabei und können auch neue Worte schöpfen, mit Wörtern jonglieren, über die unendlichen Wortwitze lachen und vieles mehr.

15 Antworten auf “So schwer ist sie nicht!

  1. Ein Beitrag, vielleicht als Werbung bedingt zu nutzen, sonst voller Ungereimtheiten: Dazun einige hier:
    ny, gy, ty: gesprochen wie geschrieben??
    k anhängen bei Plural : im Beispiel schein mehr als ein K angehängt zu sein? Ganz abgesehen von der Beachtung von hellen und dunklen Vokalen!!
    die Wortstellung spielt eine wichtige Rolle, da viele Präpositionen nach dem betreffenden Wort stehen!!
    Ungarisch ist gekennzeichnet von “Anhängungen” und es entstehen oftmals “Monsterlängen”
    Konjugation der Verben: zu mindestens die “bestimmten” und “unbestimmten” Konjugationen
    für ein Wort wurden nicht erwähnt!!!
    er, sie, es – Unterscheidungen bereiten selbst guten Übersetzungslösungen Probleme und stiften oft Verwirrung!
    Kürze: beim Grüßen und Glückwünschen gilt die höfliche lange Form bei den netten Ungarn als “Pflicht”
    Fazit für uns : Die ungarische Sprache ist eine eigenwillige, außergewöhnliche und liebenswerte Sprache! Sie zu Erlenen ist schwer und verlangt Ausdauer und Willenskraft!

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    1. Es tut mir leid, wenn meine Ausführung missverständlich war, aber bezüglich der Aussprache gelten natürlich die Regeln für das ungarische Alphabet. Wenn man jeden Buchstaben kennt, kann man tatsächlich jeden Text problemlos lesen.
      Bezüglich der Mehrzahl habe ich geschrieben, dass gemäß der Vokalharmonie noch ein heller oder dunkler Überbrückungsvokal eingeschoben wird, wenn ein Wort auf einen Konsonanten endet, z.B. gép/gépek (Maschine/Maschinen) oder ház/házak (Haus/Häuser). Die bestimmte und unbestimmte Konjugation eines Verbes ist eine Besonderheit des
      Ungarischen, aber wenn man das nicht von Beginn an beherrscht, kann man sich trotzdem verständigen. In einem zweiseitigen Artikel ist es leider unmöglich, jede Facette einer Sprache zu beleuchten. Vielleicht gibt es eine Fortsetzung zum Thema, in der auch andere Besonderheiten erwähnt werden.
      Mir ging es vorrangig darum, Vorurteile über die ungarische Sprache abzubauen. Meine eigene Erfahrung spielt dabei eine große Rolle.

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    2. Deutsch zu erlenen ist schwer und verlangt noch viel mehr Ausdauer und Willenskraft!
      Vor allem deshalb oder vielleicht deswegen, weil die Deutschen noch kleinkarierter sind, als die Ungarn. Oder ? Und da ist ja noch die deutsche Deklination mit den drei Geschlechtern- oder sind es heuer schon 67 ?

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      1. Den Mangel an Respekt durch fehlende Differenzierung empfinde ich als traurig: Im Artikel wird die Verwendung von ‘Studierenden’ – völlig unnötig 🙂 – abgewatscht und im Kommentar wird im Stile ‘Die Deutschen, Die Ungarn’ generalisiert / polemisiert. Aber teilweise (!) ist sicher Wahrheit dabei… Warum sonst würde es mich stören, so viele Rechtschreibfehler in dem Artikel zu entdecken?

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        1. Mir mangelt es an Respekt, weil ich es wage, das Verwenden von “Studierende” statt “Studenten” als unsinnig zu bezeichnen? “Studierende” anstelle von “Studenten” ist GRAMMATISCH FALSCH! Warum? Weil es die Verlaufsform bildet (die außerdem klein geschrieben werden müsste). “Studierend” bedeutet, dass diejenigen, von denen die Rede ist, ist dem Moment studieren, in dem man von ihnen spricht. Noch gilt diese grammatische Regel, auch wenn sie vermutlich Ihnen und alle jenen nicht bekannt zu sein scheint, die sich darauf versteift haben, das generische Maskulinum zu tilgen.
          Sprache verändert sich immer. Das ist ein natürlicher Prozess, der über einen langen Zeitraum abläuft.
          Ich hoffe allerdings sehr, dass sich diese von oben aufgestülpte, ideologische Verfälschung der deutschen Sprache nicht durchsetzen wird.

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  2. Die meistgesprochenen Sprachen der Welt sind:

    Englisch (1 132 Millionen Sprecher) …
    Mandarin (1 117 Millionen Sprecher) …
    Hindi (615 Millionen Sprecher) …
    Spanisch (534 Millionen Sprecher) …
    Französisch (280 Millionen Sprecher) …
    Arabisch (274 Millionen Sprecher) …
    Bengalisch (265 Millionen Sprecher)

    und nur 13 Millionen Menschen sprechen ungarisch. Wie so sollte man diese Sprache dann lernen? Die Ungarn sollen englisch lernen…

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    1. na dann, reden Sie in Ungarn halt Englisch und erfreuen Sie sich an der Einsamkeit 😀
      Die Zukunft ist dezentral. Wie lange sich Englisch, der USD etc im jetzigen Ausmaß halten werden, … wir werden sehen!

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      1. “Wie lange sich Englisch, der USD etc im jetzigen Ausmaß halten werden, … wir werden sehen!”

        Noch sehr lange, obwohl es vielen hier vermutlich nicht gefallen wird. Wir beide werden sicherlich das Ende nicht überleben, wenn ich davon ausgehen kann, dass Sie nicht mehr berufstätig sind. Das hängt nicht damit zusammen, dass die Sprache so sehr geliebt wird, sondern damit, dass sie in fast allen Bereichen die erste Wissenschafts- und die einzige weltumspannende konkurrenzlose Handelssprache ist. Auch dann, wenn die USA morgen untergehen sollten, wird diese Sprache noch lange genutzt werden. Es gibt keine Alternative, die weltweit so eine Verbreitung hat. Selbst im ehemaligen Ostblock hat Englisch das Deutsche überholt und hinter sich gelassen. Jungen Menschen in Ungarn lernen fast alle Englisch in der Schule. So ist die Realität.

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  3. Ungarisch ist eine sehr schöne melodische Sprache und es gehört für mich zum Respekt für mein Gastland, seine Sprache wenigstens in Ansätzen zu sprechen und zu verstehen. Und außerhalb der Touristenhochburgen kommt man mit Englisch sehr schnell an seine Grenzen. Mert tanulok magyarul.

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  4. Hallo Herr Adelt,
    freut mich, dass Sie Gefallen an der ungarischen Sprache gefunden haben und sie lernen möchten. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei.
    Ihr letzter Satz sollte vermutlich bedeuten, dass Sie deshalb Ungarisch lernen, ansonsten ergibt der Satz keinen Sinn. In dem Fall müsst die Aussage aber folgendermaßen lauten:
    Azért (ezért) tanulok magyarul.
    Herzliche Grüße
    Anna

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