Deutschland
Außenwirtschaftsminister Péter Szijjártó am 10. Februar bei der Ankündigung einer Investition in Höhe von 2,1 Mrd. Ft der Balluff Elektronika Kft. Foto: MTI/ Zsolt Szigetváry

Deutsch-ungarische Wirtschaftsbeziehungen

Robust trotz Corona

Auch ein Virus wirft die deutsch-ungarischen Geschäftsbeziehungen nicht so leicht aus der Bahn. Deutschlands Außenhandel mit Ungarn ist im vergangenen Jahr zwar gesunken, aber weniger stark als der mit anderen Ländern.

Viele deutsche Firmen haben trotz Corona neue Investitionen angekündigt. Deutschland bleibt damit ein „Anker“ für die ungarische Wirtschaft, und Ungarn ein strategisch wichtiger Standort für zahlreiche deutsche Unternehmen.

Beim traditionellen Jahresauftakt der DUIHK sagte Ungarns Vize-Außenminister Levente Magyar Anfang Februar, Deutschland sei ein wichtiger Ankerpunkt für die ungarische Wirtschaft, und deutsches Kapital sei auf lange Sicht für die ungarische Wirtschaft unverzichtbar.

Dies hat sich auch in der Corona-Krise nicht geändert, auch wenn nicht wenige deutsche und ungarische Unternehmen zum Teil erhebliche wirtschaftliche Einbußen hinnehmen mussten. Doch auch so ist die deutsche Wirtschaft 2020 der mit Abstand wichtigste Handelspartner Ungarns.

Deutschland ist heute Abnehmer für etwa 28 Prozent aller ungarischen Exportwaren – das ist so viel, wie die nächstgrößten sechs (!) Länder zusammen aus Ungarn einführen. Die Summe der Aus- und Einfuhren zwischen unseren beiden Ländern hat 2020 ein Volumen von schätzungsweise 52 Milliarden Euro erreicht. Das ist nahezu eine Verdoppelung seit dem EU-Beitritt Ungarns.

Ungarn überholt Russland

Aus deutscher Sicht hat die Bedeutung Ungarns 2020 sogar noch zugenommen. Die deutschen Ausfuhren nach Ungarn verringerten sich zwar um fast neun Prozent, aber der Rückgang war geringer, als gegenüber dem Rest der Welt. Noch deutlicher zeigte sich dies bei den deutschen Einfuhren aus Ungarn, die um vier Prozent zurückgingen, während die Gesamtimporte um über sieben Prozent schrumpften. Im Ergebnis stieg Ungarn im abgelaufenen Jahr in der Rangliste der deutschen Handels­partner auf Platz 13 auf – und liegt nun bereits vor wirtschaftlichen Schwergewichten wie Russland und Japan.

Der intensive Handel zwischen beiden Ländern ist natürlich auch Spiegelbild und zugleich Ergebnis der umfangreichen Investitionen deutscher Unternehmen in Ungarn. Bis heute haben deutsche Investoren gut 18 Milliarden Euro in Tochtergesellschaften in Ungarn „gesteckt“ – das ist rund ein Fünftel aller ausländischen Direktinvestitionen im Lande.

Die Liste der hier tätigen deutschen Firmen liest sich wie das Who-Is-Who der deutschen Wirtschaft. Auch wenn vielen dabei zuerst vor allem die großen internationalen Konzerne einfallen, ist die Mehrzahl der ungarischen Töchter eher klein oder mittelständisch: Insgesamt rund 2.800 Firmen mit deutscher Beteiligung zählt die ungarische Statistik.

Deren Bedeutung für die ungarische Wirtschaft ist enorm: Sie beschäftigen über 215.000 Mitarbeiter – das heißt etwa jeder elfte Beschäftigte im Unternehmenssektor arbeitet bei einem deutschen Unternehmen. Hinsichtlich Umsatz und Bruttowertschöpfung ist der Beitrag deutscher Firmen noch höher, nämlich rund 15 Prozent, im Fahrzeugbau liegt er sogar bei 60 Prozent.

Gekommen, um zu bleiben

Der ganz überwiegende Teil dieser Investitionen hat dabei eine strategische Bedeutung für die Mutterunternehmen, das heißt sie sind langfristig angelegt, und oft unverzichtbare Glieder in europäischen und globalen Lieferketten.

Die Umfragen der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer belegen das seit Jahren. Im Frühjahr 2020 sagten 85 Prozent der Befragten, dass sie auch heute wieder Ungarn als Investitions­standort wählen würden.

Diese Aussage bestätigen sehr anschaulich auch die zahlreichen neuen Investitionsprojekte, die selbst im Corona-Jahr 2020, und noch weitere auch schon 2021 angekündigt oder begonnen wurden – von Schaeffler über Bosch, Continental, Schott, Knaus Tabbert, Linde, Villeroy & Boch bis hin zu ThyssenKrupp oder Balluff.

Doch was macht Ungarn für all diese Firmen so attraktiv? Sicher nicht nur die staatlichen Investitionszuschüsse – viele deutsche Unternehmen expandieren in Ungarn ohne jegliche staatliche Unterstützung. Viel wichtiger sind eine gute Infrastruktur, qualifizierte Arbeitskräfte zu moderaten Kosten oder die Nähe zu den industriellen Zentren Mitteleuropas, aber auch wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen wie etwa geringe Einkommen­­- und Körperschaftsteuern.

Zum ganzen Bild gehört sicher auch, dass sich in manchen Branchen außerhalb des verarbeitenden Gewerbes ausländische Firmen in den letzten Jahren zunehmend schwierigeren Bedingungen gegenübersehen. In diesen Bereichen unnötige Belastungen und Erschwernisse zu vermeiden oder abzubauen, wäre den bilateralen Wirtschaftsbeziehungen sicher langfristig zuträglich, denn bei einer so großen Investorengemeinde sprechen sich Erfahrungen natürlich schnell herum.

Deutschland und Ungarn bleiben wirtschaftlich aufs engste verflochten

Dennoch bleibt zu konstatieren, dass nicht nur 2021, sondern auch darüber hin­aus die Volkswirtschaften Ungarns und Deutschlands auf das engste miteinander verflochten bleiben und – wenn auch nicht ganz symmetrisch – in großem Maße aufeinander angewiesen sind, was wiederum ein stabilisierender Anker für die bilateralen Beziehungen auch außerhalb der Wirtschaft sein kann.

Der Autor ist Sprecher der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer.

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