Wirtschaftsminister:
„Wir haben keine strukturellen Probleme“
Die Journalisten erinnerten den Minister an die Versprechen der Regierung, nachdem 2023 für den Kampf gegen die Inflation aufgeopfert wurde, 2024 das Wachstum anzukurbeln. Dazu erklärte Nagy, der Kampf gegen die ausufernde Inflation war durchaus erfolgreich, dennoch blieben Risiken, solange der Krieg in der Nachbarschaft anhalte. „In diesem Jahr könnte das Wachstum einen Wert um 2% erreichen und 2025 können wir wieder 4% anpeilen“, schraubte er die anfänglich hochgesteckten Erwartungen herunter.
Angst vor weiteren Krisen
Gleichzeitig räumte Nagy ein, die multiplen Krisen hätten vor allem die unteren Einkommensschichten und die Kleinfirmen getroffen. Deshalb müssten diese Schichten im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen, wenn der Neustart der Wirtschaft organisiert wird. Schon heute ziehe der Privatverbrauch – wenngleich ausgehend von einer schwachen Basis – das BIP nach oben. Neben dem Einzelhandel steuern noch Tourismus und Dienstleistungen einen positiven Beitrag bei, Investitionen bleiben jedoch aus und die Exporte brechen ein. Die Bruttosparrate der Bevölkerung hat mittlerweile starke 15% erreicht, weit über dem Durchschnitt der letzten Jahrzehnte.
„Dass die Menschen so vorsichtig konsumieren, zeigt ihre Angst vor weiteren Krisen“, schlussfolgerte der Wirtschaftsminister aus den ernüchternden Wachstumszahlen, der aber grundlegend Verständnis dafür zeigt, wenn die Bevölkerung ihre Wohnlage verbessern will. Dafür gebe es klare Hinweise, wie eine Zunahme der Transaktionen am Kreditmarkt um mehr als 40% zeigt (im I. Halbjahr, auf Jahresbasis). Zu Zinsen von aktuell 6-7% werden durchschnittlich 18 Mio. Forint an Darlehen für Wohnzwecke aufgenommen, der Trend steuert auf 7.000 Kredite monatlich zu.
Warum die Sondersteuern bleiben
Schließlich wies Nagy Vorwürfe zurück, der Staatshaushalt kämpfe mit strukturellen Problemen. Die hohen Defizitzahlen der jüngsten Jahre rechtfertigte der Minister mit dem Krisenmanagement. „In dieser Situation dürfen wir nicht Korrekturen am Steuersystem vornehmen. Wir haben ein Problem mit dem Cash-Flow und müssen unsere Liquidität optimieren.“ In diesem Zusammenhang verteidigte er erneut die Sondersteuern, die bleiben, solange Banken höhere Zinsen abschöpfen und Energieanbieter höhere Energiepreise als vor der Krise fordern können. Pharmaindustrie, Luftfahrt und Telekommunikation seien wiederum Branchen, in denen die Abkehr von den Sondersteuern berechtigt war.
Zum Thema Mindestlohn merkte Nagy an, wenngleich die Regierung nur Beobachter bei den Verhandlungen der Sozialpartner sei, sollte der Mindestlohn doch bis spätestens 2027 auf ein Niveau von 50% des Durchschnittslohns angehoben werden.