Inflation
Unter zehn Prozent
Das Zentralamt für Statistik (KSH) zauberte eine Inflationsrate von 9,9% herbei und erfüllte der Orbán-Regierung damit ihren sehnlichsten Wunsch. Kein Analyst hatte nach den 12,2% vom September damit gerechnet, dass sich die Teuerung bereits einen Monat später dermaßen verlangsamen könnte. Die Statistiker ermittelten einen Rückgang der Preise zum Vormonat um 0,1%, getragen durch einen gleichstarken Preisverfall bei Lebensmitteln sowie die purzelnden Preise an den Tankstellen (-3,8% zum September). Weil Brennholz günstiger wurde (-1,2%), sanken zu Beginn der Heizsaison obendrein die Energiepreise (-0,3%).
Wundersame Korrektur
An der Jahresinflation von 9,9% haben mittlerweile die Kraftstoffe den höchsten Anteil. Vor einem Jahr galt an den Tankstellen noch das Preisdiktat (bis zum 6. Dezember), im Vergleich zu jenen gedeckelten Preisen kostet ein Liter Kraftstoff heute 30% mehr, trotz der wundersamen Korrektur der letzten Wochen. An zweiter Stelle folgt die große Gruppe der Dienstleistungen, wo sich alles rund ums Auto und um Urlaubsreisen um ein Fünftel und mehr verteuert hat. Auf Platz 3 der größten Preistreiber findet sich aktuell Alkohol (+13,5%), erst danach folgen die Lebensmittel (+10,5%).
Haushaltsenergie wiederum ist heute ein Sechstel preiswerter zu haben, als im vorigen Herbst. Hier haben wir es freilich mal wieder mit einem statistischen Trick zu tun, denn Leitungsgas wird allein wegen des Spareffekts vom KSH um ein ganzes Drittel günstiger kalkuliert. Da seit vorigem August zwei Tarife für die Bevölkerung gelten, wichtet das Statistikamt den siebenfachen Marktpreis entsprechend der früheren Bedarfsmenge der Bevölkerung. Diese Kalkulation wurde seither laufend an den tatsächlichen Verbrauch der privaten Haushalte angepasst; die „Sparflamme“ beim Gasverbrauch schlug sich so auch in der Inflationsrate nieder.
Planmäßige Zinssenkung in Sicht
Die Ungarische Nationalbank (MNB) sieht die aktuellen Zahlen am unteren Ende der Prognose ihres jüngsten Inflationsberichts. Die für die MNB relevanten Hauptindikatoren bewegen sich im Oktober um 10-12%. Damit dürfte auch Ende November wieder eine planmäßige Zinssenkung um 75 Basispunkte (auf dann 11,5%) möglich werden, zumal der Forint momentan „bärenstark“ ist.
Eurostat verhandelt mit dem ungarischen Statistischen Zentralamt (KSH) über die Methode zur Berechnung der Energieinflation, teilte das Statistikamt der Europäischen Union Reuters mit. Es gibt wachsende Zweifel an der Zuverlässigkeit der ungarischen Statistiken.
https://www.portfolio.hu/gazdasag/20231207/kemeny-figyelmeztetest-kapott-magyarorszag-hamar-megbuntethet-a-piac-ha-a-ksh-trukkozik-az-adatokkal-656315
Es gibt “wachsende Zweifel” nur bei denen, die diese Zweifel von vornherein haben. Die neue Methodik wurde im August 2022 eingeführt, weil die Energietarife seither zweigeteilt sind. Das war rein fachlich von vornherein umstritten. “Medienlärm” wurde aber erst daraus, als sich die Regierung die “Under-10%-Inflation” an die eigene Brust heftete.