Inflationsbericht
Teuerung 5 Prozentpunkte drastischer, als erwartet
Die Konjunktur bewahrt sich in diesem Jahr aufgrund des Privatverbrauchs noch ihren Schwung, dann aber wird die Wirtschaft kräftig abbremsen. Das Defizit der Leistungsbilanz nimmt vorübergehend enorme Dimensionen an. Das sind Feststellungen des Inflationsberichts, den die Ungarische Nationalbank (MNB) am Donnerstag vorstellte.
Wie bereits mit der Zinsentscheidung vom Dienstag bekanntgemacht, schießen die Verbraucherpreise im Jahresmittel um 11-12,6% nach oben, während mit 4,5-5,5% weiterhin ein dynamisches Wachstum verzeichnet werden kann. Die Kerninflation aber wird – wie die MNB jetzt nachlegte – auf 13-14% (!) klettern, und damit um 4,5-5 Prozentpunkte drastischer steigen, als noch vor drei Monaten erwartet. Selbst die um indirekte Steuereffekte bereinigte Kerninflation wird noch im nächsten Jahr um 6,5-8% erwartet und den Zielkorridor der MNB um 3% nicht vor 2024 erreichen.

Einmaliger Fehlbetrag in der Zahlungsbilanz
Wenngleich die Wirtschaft abbremst (auf 2-3% in 2023 und 3-4% Wachstum in 2024), rechnen die Experten der Notenbank doch nicht mit steigender Arbeitslosigkeit. Ganz im Gegenteil soll die Beschäftigung im Wettbewerbssektor im laufenden Jahr gleich um 2 Punkte und im weiteren Verlauf immerhin noch leicht zunehmen. Allerdings werden die Realeinkommen der Bevölkerung in diesem Jahr letztmalig dynamisch steigen (um 5-5,5%), worauf dünnere Jahre folgen. Das Defizit der Leistungsbilanz wird selbst im günstigsten Szenario mit 5,5% am BIP doppelt so hoch ausfallen, wie noch vor drei Monaten abgeschätzt. Das führt auch in der Zahlungsbilanz zu einem heftigen Fehlbetrag von 3,5-4,5% am BIP, der aber schon bald wieder austariert sein dürfte.
Wirksame Preisstopps
Was die Inflationskurve anbelangt, sieht die MNB die Rohstoffpreise in der Nähe ihres Höhepunktes. Der beschleunigte Anstieg bei den Nahrungsmittelpreisen wird sich derweil fortsetzen. Die steigenden Erzeugerpreise werden weiterhin an die Verbraucher durchgereicht. Der fachliche Stab der Notenbank unterstellt, dass die Orbán-Regierung an ihrer Politik der gesenkten Energiekosten festhalten wird. Die Preisstopp-Maßnahmen hingegen dürften ab Oktober systematisch bis ungefähr zur Jahresmitte 2023 abgebaut werden. (Natürlich ist dies nicht als politische Stellungnahme zu werten – die MNB muss mit derartigen, rein technischen Annahmen arbeiten, um ihre Inflationsprognose erstellen zu können.) Mit ihren Preisstopp-Maßnahmen dürfte die Regierung die Inflation im laufenden Jahr um 4,3 Prozentpunkte gedrückt haben. Dabei entfallen ungefähr 40% auf den Effekt der amtlich fixierten Energiekosten, das Gros aber auf das Preisdiktat an den Tankstellen.
Bei den Preisdiktaten wird immer übersehen, dass die Subventionen von Staat und Unternehmen bei z.B. Benzin dazu führen, dass die Bürger mit dem eingesparten Geld andere Waren stärker nachfragen und deren Preise in die Höhe treiben.