Sondersteuern

Staat zieht Daumenschrauben an

Die Orbán-Regierung brummt der Pharmaindustrie im neuen Jahr heftig gestiegene Sondersteuern auf. Die Schwierigkeiten des Sektors negiert diese Maßnahme.

In einer der letzten Verordnungen vor Weihnachten hat die Regierung neue Sätze hinsichtlich der Übergewinnsteuer beschlossen. Das Wirtschaftsportal portfolio.hu entdeckte beim Durchstöbern der 420 Seiten (!) umfassenden neuen Rechtsnormen, dass die ursprünglich für die Steuerjahre 2022 und 2023 verhängte Sondersteuer im Pharmasektor 2023 umsatzabhängig auf 1-8% angehoben wird. Der niedrigste Satz gilt bis zu Nettoumsatzerlösen von 50 Mrd. Forint im Jahr, ein mittlerer Satz von 3% für Umsatzerlöse zwischen 50 und 150 Mrd. Forint, darüber hinaus dann der neue Höchstsatz. Diese Sondersteuer bezieht sich auf alle Medikamentenhersteller.

Richter: Das hat negative Auswirkungen

Portfolio.hu kalkulierte in einer ersten Schätzung mit rund 150 Mrd. Forint, die voraussichtlich von den großen Akteuren der Branche (Richter, Sanofi-Aventis, Teva und Egis) einzuzahlen sein werden. Die Experten des Wirtschaftsportals gehen davon aus, dass die Hersteller zumindest einen Teil der Sondersteuer in Form von Preiserhöhungen an die Kunden weitergeben werden.

Die Richter Gedeon Nyrt. informierte später die Anleger über die Börse, dass die Sondersteuer für das Geschäftsjahr 2022 im Großen und Ganzen 28 Mrd. Forint erreichen wird. Man werde die neue Steuer unter den Sonstigen Aufwendungen verrechnen, woraufhin diese anteilige, negative Auswirkungen auf das operative Ergebnis und den freien Geldstrom haben wird.

Mit „hausgemachten“ Problemen an den Grenzen

Die neue Belastung nimmt keine Kenntnis davon, dass die Pharmabranche ohnehin mit jeder Menge Problemen zu kämpfen hat. Neben dem um sich greifenden Medikamentenmangel klagen nun auch die Pharmagroßhändler offen über die verloren gegangene Rentabilität ihres Geschäfts. Wie das Wirtschaftsportal vg.hu schreibt, hat der Fachverband eine offizielle Stellungnahme an die Regierung verfasst, weil die aktuelle schwierige Wirtschaftslage mit „hausgemachten“ Problemen zusammenfällt. So ist die Handelsspanne für von den SV-Kassen gestützte Medikamente auf rund 5% gesunken, die vor fünf Jahren noch 6% erreichte. Die Umsatzrendite hat sich binnen eines Jahrzehnts um einen Punkt auf 1,4% verringert. Auch hier liegt wieder eine Rechtsnorm zugrunde, die keine Angleichung der Handelsspanne an steigende Medikamentenpreise zulässt. Weil die Kosten – wie in jeder anderen Branche – auch im Pharmahandel explodieren, sind die Großhändler an ihren Grenzen angelangt.

Ein Gedanke zu “Staat zieht Daumenschrauben an

  1. Es ist doch auch bezeichnend, dass die Sondersteuer rückwirkend auch auf das Jahr 2022 erhoben wird.

    Schon im Sommer hatte sich die Orban Regierung mit dem Haushaltsplan völlig verkalkuliert. Nun erfolgt ein fast schon panisches Zusammenflicken eines regelrecht neuen Haushaltsplans hinter verschlossenen Türen.
    Die Auswirkungen auf die Wirtschaftsakteure werden nicht einmal erfragt und diskutiert.

    Nicht nur die Inflation wird dies weiter anheizen, auch das Vertrauen den Investitionsstandort Ungarn nimmt erheblichen Schaden.
    Es ist zudem auch bezeichnend, dass so ziemlich alle Branchen – auch die von der Corona-Krise stark betroffenen – von der Orban-Regierung geschröpft werden, während z.B. der Automobilsektor mit seinen Rekordgewinnen außen vor gelassen wird.
    Das hat etwas von Willkür.
    Und Willkür ist das Gegenteil von Berechenbarkeit, welche für Investitionen eine Grundvoraussetzung ist.

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