MOL-CEO Zsolt Hernádi verlor Dienstagnacht kein Sterbenswörtchen an die heimliche Steuererhöhung. Foto: MTI/ Zoltán Balogh

Steuererhöhung

Staat verdient am Verbrauch

In der Nacht zum Mittwoch kehrten an die ungarischen Tankstellen nicht einfach nur die Marktpreise zurück.

Wie das Autoportal vezess.hu vor allen anderen bemerkte, hob die Regierung gleich noch die Steuern an.

Als MOL-Vorstandschef Zsolt Hernádi in den späten Abendstunden des Dienstag an der Seite von Kanzleramtsminister Gergely Gulyás den „abrupten“ Abschied von den gedeckelten Benzin- und Dieselpreisen für die Bevölkerung verkündete, ging er auf dieses Detail nicht ein. Er nannte aber als „Richtpreise“ für den freien Markt rund 640 Forint für den Liter Benzin und 700 Forint für den Liter Diesel.

Da das Fachportal holtankoljak.hu diese Richtpreise zweimal wöchentlich gestützt auf die Vorgaben von Großhändler MOL aktualisiert, fiel nicht nur uns die Diskrepanz zwischen den für die 49. Kalenderwoche in Aussicht gestellten und den von Hernádi genannten Preisen auf – unser erster Tipp lautete, MOL wolle sich „gesundstoßen“ für die bei Importen erlittenen Verluste, die das Unternehmen zuletzt wegen der angespannten Versorgungslage auf sich nehmen musste. Wir wurden aber schnell eines Besseren belehrt, als Ministerpräsident Viktor Orbán sogleich verkündete, eine Sondersteuer von 95% auf die „Extraprofite“ der MOL-Gruppe nach der Rückkehr zu Marktverhältnissen zu erheben. Die Auflösung des Rätsels gelang an erster Stelle dem Portal vezess.hu, das in der einschlägigen Regierungsverordnung eine Korrektur der Verbrauchsteuer wahrnahm.

Man nimmt mit, was geht

Bekanntlich hatte die Orbán-Regierung seit Einführung des Preisdiktats an den Tankstellen einen wahren Flickenteppich an Ad-hoc-Maßnahmen angelegt, um auf die „unverhofften“ Nebenwirkungen des amtlichen Eingriffs zu reagieren bzw. diese abzufedern. Mit der mehrfachen Senkung der Verbrauchsteuer im Februar und März z. B. wollte man die Verluste des Großhandelssektors im Rahmen des Preisregimes verringern. Es handelte sich um genau jene 25 Forint pro Liter Normalkraftstoff, die nun ohne viel Federlesens obendrauf gepackt wurden. Damit nimmt der Staat unbeeindruckt von hoher Inflationsrate und Lebenshaltungskrise ab sofort wieder 110 Forint an Verbrauchsteuer für jeden verkauften Liter Diesel und sogar 120 Forint für jeden Liter Benzin ein, zuzüglich Mehrwertsteuer (von 27%), versteht sich. Ein schwacher Trost: Der Richtpreis an den Tankstellen sinkt laut MOL am Freitag auf rund 630 bzw. 695 Forint. Vor einem Jahr kostete ein Liter Benzin übrigens nur 465 Forint, Diesel rund 470 Forint. Da galt zwar bereits seit wenigen Wochen der Preisstopp, der aber wegen der sinkenden Rohölpreise und einem damals noch relativ starken Forint zunächst gar nicht wirksam wurde.

DK will Bürger wieder entlasten

Am Donnerstag reagierte aus dem Oppositionslager zuerst die DK auf die Steuererhöhung. Ihr Geschäftsführender Vize Csaba Molnár forderte auf einer Online-Pressekonferenz, die Verbrauchsteuer wenigstens für die privaten Fahrzeughalter auf 70 Forint pro Liter Benzin bzw. 20 Forint beim Dieselkraftstoff zu reduzieren und gleichzeitig die Mehrwertsteuer auf 5% zu senken. Die DK kalkuliert, dass diese vorübergehende Maßnahme in einem halben Jahr rund 700 Mrd. Forint kosten würde, auf die der Staat an Mehreinnahmen verzichten müsste.

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