UPDATE-Inflation
Preise schießen in den Himmel
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Ungarn ist mit diesen Inflationszahlen nunmehr einsamer Spitzenreiter in Europa, die Märkte reagierten dennoch halbwegs entspannt. Das Zentralamt für Statistik (KSH) präsentierte am Freitagmorgen die brutalste Teuerung seit der Jahrtausendwende, aber auch einen Faktor, der gegen die ungebremste Preisexplosion wirkt.
Sinkender Gasverbrauch drückt auf die Preise
Erdgas „verbilligte“ sich nämlich im Vergleich zum Monat November im letzten Monat des Jahres um 12%, was die Teuerung in der Rubrik Haushaltsenergie insgesamt um beachtliche 6% herunterzog. Hiermit lässt sich erklären, warum die Inflationsrate nicht wie erwartet und befürchtet über 25% hinausschoss. Hinter dem Statistik-Trick steht das milde Wetter: Das KSH kalkulierte mit einem Rückgang des Gasverbrauchs um beinahe ein Viertel, wodurch viele private Haushalte zeitanteilig wieder unter den durchschnittlichen Bedarfswert von 144 m3 monatlich fielen. Bekanntlich kostet der Kubikmeter Gas unter diesem Schwellenwert rund 100 Forint, darüber jedoch gleich 750 Forint. Daraus errechnete das KSH einen Durchschnittspreis, der im Dezember wegen des unterstellten sinkenden Verbrauchs (ergo einem höheren Gewicht des Verbrauchs zum Niedrigtarif) von 242 auf 212 Forint fiel. Das Leitungsgas erreicht im hiesigen Warenkorb ein Gewicht von nahezu 2%, der Minderverbrauch drückte somit auf die Inflationsrate.

Das geht auf die Kappe der Tankstellen
Gegenüber dem Monat November zogen die Verbraucherpreise um weitere 1,9% an. Mit dem Ende des Preisdeckels für Kraftstoffe am Nikolaustag verteuerten sich diese auf einen Schlag um ein knappes Viertel. Die Monatsteuerung geht überwiegend auf die Kappe der Tankstellen.
Der Inlandsurlaub wurde binnen dreißig Tagen um weitere 5,5% teurer, aber auch Wasch- und Reinigungsmittel sowie Eintrittskarten für Sportveranstaltungen und Museen heizten die Inflation an. Dies traf einmal mehr ebenso für die Lebensmittel zu, die um durchschnittlich 2,1% zulegten, darunter Milch um mehr als 7%, Milchprodukte und Butter um gut 6%, Käse um 5%. Eier wurden infolge des im Herbst verhängten Preisstopps um 8% zum November billiger.
Lebensmittel-Inflation in der globalen TOP10
Im Jahresvergleich ist die Lebensmittel-Inflation bei sage und schreibe 45% angelangt. Damit befindet sich Ungarn nicht nur in Europa an der Spitze, sondern sogar in der globalen TOP10. Für Käse, Eier, Brot, Butter und Milchprodukte müssen die Ungarn aber sogar rund 80% mehr hinblättern, für Teigwaren 70%, für Margarine, Backwaren, Milch und Geflügelfleisch 50-60% mehr.
Der Preis für Haushaltsenergie zog um mehr als die Hälfte an, verdoppelte sich dabei gar für Leitungsgas. Aber auch die Verwendung von Brennholz (+60%), Flaschengas (+50%) und Strom (+30%) wird sich jeder Bürger heute genauer durchdenken. Unter den Dienstleistungen verteuerte sich das Taxi (+30%) am meisten, Kraftstoffe kosteten am Jahresende 27% mehr, als im Dezember 2021, Neuwagen wurden 24% höher gepreist, Heizgeräte und Möbel ein Fünftel teurer. Unter den Sonstigen Artikeln, die in normalen Jahren „unter ferner liefen“, müssen Tierfreunde nun die Hälfte mehr Geld für das Futter aufbringen, und wer auf die eigene Pflege und die saubere, intakte Wohnung achtet, darf sich die dafür benötigten Produkte 30-35% mehr kosten lassen.

Das gabs zuletzt zur Jahrtausendwende
Im Jahresmittel 2022 stiegen die Verbraucherpreise im Mittel um 14,5%. Die Inflationsspitze bewegte sich zuletzt Mitte der 1990er Jahre oberhalb von 30%, die mittlere Jahresinflation zur Jahrtausendwende letztmalig im zweistelligen Bereich. Über das Jahr 2022 hinweg brachen die Lebensmittelpreise alle Rekorde (+26%). Daneben sorgte die partielle Aufgabe der Politik der gesenkten Energiekosten für einen Inflationsschock, denn Haushaltsenergie wurde unterm Strich um 21,7% teurer. Für langlebige Verbrauchsgüter und Sonstige Artikel blieb der Inflations-Zähler bei rund 12% stehen, die Preiserhöhungen für Tabakwaren und Spirituosen hielten sich knapp unter 10%, Dienstleistungen wurden im Schnitt um 7%, Textilien um 5,5% teurer.
Die Inflationsspitze erwarten die Experten nun für das I. Quartal, einen intensiveren Rückgang der Inflation erst ab Jahresmitte, am Jahresende 2023 aber endlich wieder einstellige Werte.