Inflation
Politik reagiert auf neues Preishoch
Der Preisdruck verschwindet mitnichten aus Ungarns Wirtschaft, die Inflationsrate ist im Februar bei 5,6% angelangt. Dabei galten schon die im Januar durch das Zentralamt für Statistik (KSH) registrierten 5,5% als unangenehme Überraschung. Die Kerninflation ist im Februar sogar auf 6,2% geklettert, wie das KSH am Dienstag mitteilte.

Drohkulisse half (noch) nicht
Vergeblich sagte Wirtschaftsminister Márton Nagy den Handelsketten den Kampf an, im Februar zogen im Vergleich zu Jahresbeginn die Preise für Speiseöl (+5,5%), Kaffee (mehr als 5%), Margarine (4,5%), frisches Obst und Gemüse (knapp 4%) und Brot (rund 3,5%) weiter hektisch an. Alle Lebensmittel verteuerten sich binnen eines einzigen Monats um 1,2%, neben den genannten Produkten auch Wurstwaren, Schokolade, Butter und Geflügelfleisch überdurchschnittlich. Dabei hatte die Wettbewerbsaufsicht die Liste der besonders beobachteten Lebensmittelerzeugnisse gerade erst ausgeweitet, begleitet von Warnungen des zuständigen Ministers, widerspenstige Händler notfalls zu sanktionieren. Tatsächlich half diese Drohung nur bei den Milchpreisen (-2,5%) und beim Schweinefleisch (-1%).
Aber auch die Dienstleistungen werden unablässig teurer (+1,2% zum Vormonat). Wie an so vielen Stellen greift der Staat hier besonders tief in die Taschen der Menschen. Wer z. B. sein Auto im Februar zur alle zwei Jahre fälligen technischen Überprüfung brachte, wurde mit einem nahezu verdoppelten Tarif für die begehrte TÜV-Plakette konfrontiert. Dem betroffenen Haushalt wurden in diesem Monat somit mehr als 20.000 Forint „außerplanmäßig“ aus der Brieftasche genommen, was rund 5% des verfügbaren Einkommens sind. In der KSH-Statistik gehen solche Extreme als „normaler“ Anstieg durch, denn die Rubrik Kfz-Wartung und Reparaturen zeigt eine Inflation von „nur“ 1,5%.
Die Mitschuld des Staates
Dass die Lebensmittelinflation auf Jahresebene im Februar auf haarsträubende 7,1% hochschnellte, könnte paradoxerweise der (Über-) Reaktion des Marktes auf die drohenden Preisstopp-Maßnahmen der Regierung geschuldet sein. Demnach heben die Händler lieber schnell noch die Preise an, bevor diese amtlich fixiert werden. Auf Jahresebene kostete Mehl im Februar bereits 44,5% mehr, Speiseöl (+27,5%), Eier (+24,5%) und Milch (+22,5%) folgten auf den Plätzen. Aber auch für Butter, Kaffee, Säfte, Schokolade und Milchprodukte bezahlt der gemeine Ungar heute 10-20% mehr als vor einem Jahr. Den Frust über diesen ungebremsten Preisauftrieb kann man sich bestenfalls mit einer großen Portion Spaghetti wegessen, denn Teigwaren wurden absolut billiger (-4,5%).
Der größte Preistreiber sind im letzten Jahr jedoch die Dienstleistungen (+9,2%), ob Post, Telefon oder Internet (ca. 15-17%), ob das Wohnen (+10-12%) oder das Auto (mehr als 10%): Die Anbieter all dieser Leistungen schreiben ihre Rechnungen regelmäßig mit einem besonders dicken Stift. Der schwache Forint lässt grüßen, wenn das KSH beim Schmuck (+20%) und bei Neuwagen (+6,5%) teils empfindliche Preiseskapaden ausweisen muss. Das besonders in ärmeren Haushalten noch immer weit verbreitete Flaschengas wurde um 10% teurer (Brennholz immerhin um 5% preiswerter), Zigaretten kosten 5%, Kraftstoffe 4%, Medikamente 3% mehr.
Handelsspanne wird eingeengt
Die Reaktion der Politik ließ nicht lange auf sich warten. Ministerpräsident Viktor Orbán kündigte via Sozialmedien noch am Dienstagvormittag an, die Handelsspanne der Ketten bei 30 Grundnahrungsmitteln ab Mitte März auf 10% zu begrenzen. Seinen Beitrag titelte er mit: „Es reicht! Wir beenden die ungerechtfertigten Preiserhöhungen!“ Das Wirtschaftsministerium habe mit den Händlern verhandelt, deren Offerten jedoch bedauerlicherweise die Erwartungen der Regierungen bei weitem verfehlten. Handelsspannen von bis zu 80% seien inakzeptabel. Der neue Preisstopp gilt bis Ende Mai und wird wenn notwendig darüber hinaus verlängert. Wie wir von Experten erfuhren, betrifft das neuerliche Preisdiktat ungefähr 5% des Warenkorbs der Bürger.
