Lohnentwicklung
Mit angezogener Bremse
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Laut Zentralamt für Statistik (KSH) lagen die Löhne zur Jahresmitte nur noch 13,3% über Vorjahresniveau. Da die Inflationsrate im Juni weiter auf 3,7% sank, ermittelten die Statistiker dennoch einen Zuwachs der Reallöhne um 9,3%.
Lehrer überholen Arbeiter
Der durchschnittliche Bruttolohn für Vollzeitbeschäftigte soll in der Volkswirtschaft 642.000 Forint (1.625 Euro) erreicht haben. Dabei durften sich im Juni nur die Mitarbeiter des Finanzsektors über Durchschnittsbezüge oberhalb von 1 Mio. Forint brutto freuen, die IKT-Branche lag wieder knapp darunter, der Energiesektor (brutto 885.000 Forint) weiter entfernt. Mit statistisch ausgewiesenen 670.000 Forint verdienen mittlerweile auch Lehrer über dem Durchschnitt der Volkswirtschaft. Die Pädagogen haben nach dem jüngsten Gehaltssprung zum verarbeitenden Gewerbe aufgeschlossen. Andere Bereiche der freien Marktwirtschaft wie Transportwesen und Lagerhaltung, Immobiliensektor, Handel, Bauwesen und Landwirtschaft zahlen derweil unter dem nationalen Standard (500.-600.000 Forint monatlich), ganz zu schweigen vom ewigen Schlusslicht Tourismus und Gastgewerbe, wo das KSH im Juni Bruttobezüge um 410.000 Forint maß.
Freier Markt fällt zurück
Die höchsten Nettolöhne zahlt seit dem erfolgreichen Modellwechsel an den Hochschulen stabil der sog. Nonprofitsektor (aktuell 440.000 Forint), gefolgt von der Wettbewerbssphäre (knapp 430.000 Forint) und dem öffentlichen Dienst (420.000 Forint). Die Dynamik der Lohnsteigerungen hat aber insbesondere im Kreis der krisengeschüttelten Unternehmen spürbar nachgelassen: Das KSH misst hier aktuell noch ein Plus von 11,4% gegenüber dem Vorjahr, gemessen an +18,8% im öffentlichen Dienst.
Wenngleich das Wirtschaftsressort zweistellige Zuwächse beim Reallohn feiert, beschränken sich diese in der Realität längst auf die (aktuell bevorzugten) Staatsdiener, wohingegen Arbeitnehmer in den Betrieben in Wirklichkeit schon mit 5% mehr Reallohn zufrieden sein müssen. Weil damit die Einbußen aus der Zeit der ausufernden Inflation noch längst nicht abgegolten sind, bleiben diese breiten Bevölkerungsschichten vom Konsumrausch ausgeschlossen, den die Regierung mit jedem verstreichenden Monat mehr herbeisehnt.