Bruttoinlandsprodukt
Jede Menge Schwachstellen
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Vor einem Monat sorgte das Zentralamt für Statistik (KSH) für eine außerordentlich unangenehme Überraschung mit der Mitteilung, die Wirtschaft stagnierte im I. Quartal im Jahresvergleich, wobei die Leistung gegenüber dem Vorquartal sogar noch schrumpfte. Nun liegen die detaillierten Angaben vor, die erstaunlich viele Schwachstellen an der Wachstumsfront zeigen.
Bauwesen noch schwächer als Industrie
Die Wertschöpfung der Industrie gab im I. Quartal gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 3,9% nach, die des verarbeitenden Gewerbes sogar um 4,6%. Das zeigt einen fortgesetzten Abstieg, nachdem 2024 im Gesamtjahr ein Minus von 3% bzw. 4,3% verzeichnet worden war. Noch dramatischer brach zu Jahresbeginn das Bauwesen ein (-5,1%), das sich im vergangenen Jahr dank eines starken Auftakts weitgehend halten konnte. Der Wachstumsbeitrag der Landwirtschaft (-0,7%) muss nach dem dürrebedingten Absturz des Vorjahres (-10,2%) mit Vorsicht genossen werden – wirklich relevant werden erst die Erntequartale; eine anhaltende Trockenheit in den folgenden Monaten könnte nach dem niederschlagsarmen Winter für weitere Ernüchterung sorgen.
Der Dienstleistungssektor konnte seine Wertschöpfung im I. Quartal zwar leicht steigern (+1,1%), aber auch hier überwiegen die negativen Momente. So hat sich die Dynamik gegenüber 2024 und speziell dem IV. Quartal halbiert. Neben Bildung, Kultur und Gesundheitswesen konnte einzig der Handel seine Leistung um mehr als 2% steigern. Der Beitrag von Verwaltung, Immobilien- und ITK-Sektor ging absolut zurück.
Konsum ist nicht alles
Auf der Verwendungsseite bleibt der Privatverbrauch ein starker Konjunkturmotor (4,1%), wenngleich die hohe Dynamik des Vorjahres (5,1% im Gesamtjahr und sogar 5,5% am Jahresende) auch hier verfehlt wurde. Der Inlandsverbrauch legte wie schon im IV. Quartal um 3,0% zu. Derweil wird im heutigen Ungarn weder gebaut noch werden Maschinenparks modernisiert oder neu angeschafft: Die Investitionen (-10,1%) darben weiter vor sich hin, nach einem Absturz um 6,5% im Vorjahr.
Im Außenhandel stagnierte das Importvolumen, die Exporte gingen derweil leicht zurück (-0,4%). Hinter dieser für die weltoffene ungarische Volkswirtschaft bitteren Entwicklung stehen weniger die Ausfuhren von Gütern (+0,9%) als vielmehr der Einbruch bei Dienstleistungsexporten um glatte 5%.
Investitionsquote bricht ein
Unterm Strich stagnierte die Wirtschaft gemäß den unbereinigten Daten (nach einem Zuwachs um 0,4% im IV. Quartal), verlor saisonal und nach Kalendertagen bereinigt ebenfalls im Jahresvergleich 0,4% sowie in gleicher Weise bereinigt 0,2% zum Vorquartal. Die bis 2020/22 künstlich aufgepumpten Investitionen haben sich in den letzten beiden Jahren ins Gegenteil umgekehrt und sorgen nun für eine anhaltende Rezessionsangst. Die Investitionsquote ist nach einem Höchststand bei 28% mittlerweile unter das langjährige Mittel von 24% zurückgefallen.