Die MTI-Graphik zeigt die Entwicklung der Verbraucherpreise im Nachwende-Ungarn (Veränderung zum Vorjahr in %).

Inflation

Im Januar ging es munter weiter

Die Inflation stieg auch zu Jahresbeginn schneller als erwartet. Der neue Rekord steht nun bei 25,7%. Die mittlere Jahresinflation 2023 wird daraufhin – das befürchten Analysten – kaum unter 18% sinken können.

Am Freitag hielt das Zentralamt für Statistik (KSH) eine Überraschung der unangenehmen Art bereit. Wie das Amt mitteilte, lagen die Verbraucherpreise im Januar um durchschnittlich 25,7% höher, als vor einem Jahr. Gegenüber dem Monat Dezember kletterten die Preise nochmals um 2,3%. Hauptsächlicher Preistreiber waren die Kraftstoffe, deren Preise um weitere 8,2% anzogen. Grund war die Aufhebung des Preisstopps Anfang Dezember, in deren Folge die Literpreise für Benzin und erst recht für Diesel regelrecht explodierten. Die Lebensmittelpreise zogen zu Jahresbeginn ebenfalls weiter an, mit der großen Ausnahme der Eier (-0,4%). Frisches Obst und Gemüse wurde im Vergleich zum Dezember um 5,6% teurer, aber auch Schokolade und Kakao (+4,7%), Kaffee (+4,3%), Margarine, Wurstwaren, Backwaren, Geflügelfleisch und Brot heizten die Inflation weiter an.

Typisch zum neuen Jahr wurden zahlreiche Dienstleistungsgebühren „angepasst“, die Mautgebühren z. B. um durchschnittlich 17,3%, das Fernsehen um 10%, Postdienste um 5%, aber auch Telefon und Internet um 3%.

Milder Winter lässt Gaspreis fallen

Wegen des weiterhin milden Winters fiel der Gaspreis derweil um 4,7%, Haushaltsenergie kostete unterm Strich 2% weniger, als noch am Jahresende. Der in dieser Heizsaison zweigeteilte Energietarif führt angesichts des geringeren Verbrauchs zu einer anderen Wichtung. Dadurch konnte das KSH den durchschnittlichen Gaspreis in seinen Kalkulationen von 212 Forint/m3 im Dezember weiter auf 202 Forint im Januar „drücken“. Im November wurde der „mittlere“ Gaspreis noch mit 242 Forint angesetzt. Mit anderen Worten drückt der milde Winter durchaus auf die Inflation.

Energie wird nur für jene nicht teurer, die sich autark versorgen können. Foto: BZ/ Jan Mainka

Haushaltsenergie ist größter Preistreiber

Im Jahresvergleich waren lange Zeit Lebensmittel die größten Preistreiber (+44%). Gegenüber Januar 2022 kosten Brot und Eier rund 80%, Butter, Käse, Milchprodukte ca. 75%, Teigwaren 65%, Backwaren 55%, Geflügelfleisch und Milch ungefähr die Hälfte mehr. Nach der teilweisen Aufgabe der Politik der gesenkten Energiekosten gibt es nun einen neuen Rekordhalter: Haushaltsenergie kostete im Januar 52,5% mehr, als vor einem Jahr. Darunter zogen die Preise für Leitungsgas (+90%), Brennholz (+60%) und Flaschengas (+50%) am schärfsten an, aber selbst Strom wurde um 28% teurer.

Auch für Tierfutter müssen Ungarn heute anderthalb Mal so viel Geld bezahlen, wie vor zwölf Monaten, das Tanken wurde ähnlich wie das Taxi ungefähr ein Drittel teurer, Reinigungs- und Pflegeartikel für die Wohnung und den eigenen Körper verteuerten sich um rund 30%. Wer seinen Kummer über die steigenden Preise im Alkohol „ertränken“ möchte, muss dafür ähnlich ein Viertel mehr Geld veranschlagen, wie für Mautgebühren, Zutritt zu Sportstätten und Museen, Urlaub im Inland, Reparaturen rund um Haus, Garten und Auto. Langlebige Verbrauchsgüter anzuschaffen kostet im Schnitt ein Achtel mehr, aber bei Neuwagen sind es sogar 25%, bei Möbeln und Heizungstechnik rund 20%.

Notenbank sind die Hände gebunden

Die unerwartet hohe Teuerungsrate (bei Eurostat sind es für Ungarn gemäß dem „harmonisierten“ Verbraucherpreisindex sogar 26,2%) hat die Analysten verunsichert, ob der Januar tatsächlich bereits den lange ersehnten Scheitelpunkt der Inflationskurve gebracht haben soll. Senkungen des maßgeblichen Leitzinssatzes von 18% durch die Notenbank sind jedenfalls bis auf Weiteres ausgeschlossen. Selbst wenn Ungarn als einziges EU-Land einen zweistelligen Leitzins diktiert, verspricht auch dieser keinen Realzins, sofern die mittlere Jahresinflation nicht unter 18% fallen sollte. Im vergangenen Jahr landete die Teuerung unterm Strich bei mittleren 14,5%, wobei das Jahresende die deftigsten Preissteigerungen bescherte. Das soll 2023 genau umgekehrt der Fall sein: Der Wirtschaftsminister zeigt sich zuversichtlich, dass die Preise noch vor Jahresende in den einstelligen Bereich zurückkehren werden.

Im Marktkonsens werden Lebensmittel- und Kraftstoffpreise schon in den nächsten Monaten deutlicher sinken, und auch bei den langlebigen Konsumgütern dürfte das Drama beim Austausch der Preiszettel überstanden sein. Anders verhält es sich mit den Dienstleistungen, die weiterhin intensiv neu ausgepreist werden.

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