Während die Regierung mit Außenwirtschaftsminister Péter Szijjártó (l.) an der Spitze stolz auf immer neue Investitionen und Arbeitsplätze ist, verlangen die Arbeitgeber noch mehr Flexibilität von ihren Mitarbeitern. Foto: MTI/ Tamás Vasvári

Arbeitsrecht

Gewerkschaften schockt ein Vorstoß

Die Arbeitgeber wünschen, dass der Arbeitszeitrahmen, wie bereits im Frühling gehandhabt, auf zwei Jahre ausgedehnt wird. Die Gewerkschaften protestieren und warnen vor einer Wiederbelebung der von ihnen nur als „Sklavengesetz“ titulierten Rechtsnormen am Arbeitsmarkt.

Auf der jüngsten Sitzung des Interessenabstimmungsrates (VKF) sollen die Arbeitgeber – ohne irgendeinen Hinweis an die amtliche Nachrichtenagentur MTI – die Idee eingebracht haben, den Arbeitszeitrahmen wieder auf zwei Jahre auszudehnen. Bekannt wurde dieser Vorschlag bislang nur durch den Protest der Gewerkschaften: Der linksliberale Gewerkschaftsbund MASZSZ gab vor dem Wochenende eine offizielle Presseerklärung heraus, wonach die Vorlage der Arbeitgeber von der Arbeitnehmerseite geschlossen abgelehnt worden sei, also auch von den regierungsnahen Liga-Gewerkschaften und Arbeiterräten.

Arbeitgeber haben As im Ärmel

Der MASZSZ erinnerte zugleich an die heftigen Protestaktionen vom Dezember 2018, als die Orbán-Regierung mit dem „Sklavengesetz“ daran ging, die Rahmenbedingungen der Arbeitsverhältnisse ein weiteres Mal drastisch zu Ungunsten der Arbeitnehmer zu verschieben. Allerdings haben die Arbeitgeber in der Corona-Krise ein As im Ärmel, denn sie können sich auf den außerordentlichen Charakter der Notstandslage berufen, sowie darauf, dass die Regierung ihnen schon zur Zeit der ersten Corona-Welle im April auf ähnliche Weise – nämlich mit einer flexibleren Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse – entgegengekommen war.

Der MASZSZ-Vorsitzende László Kordás erinnerte daran, dass eine Klage seiner Gewerkschaft beim Verfassungsgericht anhängig sei. Vor diesem Hintergrund sei es besonders empörend, dass die Arbeitgeber mit dem Vorstoß versuchten, die Spielregeln inmitten der Krise gegen die Interessen der Arbeitnehmer umzuschreiben.

Vorlage ist ein „Schlag unter die Gürtellinie“

Wegen der gehäuften Ausfälle von Mitarbeitern infolge von Krankheit oder Quarantäne werden die verbliebenen Mitarbeiter zu mehr und mehr Sonderschichten angehalten. Nun soll ihnen diese zusätzlich aufgebürdete Leistung womöglich erst in zwei Jahren vergütet werden.

Die Vorlage sei ein Schlag unter die Gürtellinie und rechtlich überaus bedenklich. Denn wie Kordás es auslegt, könnten Arbeitgeber unter Umgehen von AGB und Gewerkschaften die 40 Wochenarbeitsstunden im Schnitt von zwei Jahren so ohne irgendwelche Überstunden- oder Schichtzuschläge abrechnen, dass sie in Stoßzeiten über Monate hinweg sechs Wochenarbeitstage im Akkord vorschreiben.

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