Die MTI-Graphik zeigt die Entwicklung des Einzelhandelsvolumens seit 2021 (gleicher Vorjahresmonat = 100).

Einzelhandel

Flaute wie zu Corona-Zeiten

Der Einzelhandel ist im Februar brutal eingebrochen. Die Konsumflaute trifft mittlerweile alle Segmente mit Ausnahme von Gebrauchtwaren und Medikamenten.

Im Februar lagen die Einzelhandelsumsätze um 10,1% unter Vorjahresniveau, gab das Zentralamt für Statistik (KSH) am Donnerstag bekannt. Das ist der brutalste Rückschlag seit dem Beginn der Corona-Pandemie. Doch während im April 2020 die Konsumenten in der Notstandslage genötigt waren, zu Hause zu bleiben, tun sie dies heute aus „freien“ Stücken, um ihr entwertetes Geld noch irgendwie zusammenzuhalten.

Praktisch alle Läden auf Talfahrt

Seit die amtliche Preisdeckelung ein Ende fand, sind die Tankstellen am schwersten betroffen (-14,5% im Februar), weil sich die Ungarn die Marktpreise für Kraftstoffe einfach nicht leisten können. Im Nonfoodsegment, das schon im II. Halbjahr 2022 keine starken Impulse mehr erhielt, fielen die Umsätze im Februar um 9,8%. Damit erweist sich ausgerechnet das Lebensmittelsegment, welches seit dem vorigen Juni permanent schrumpft, aktuell als stabilster Bereich im Einzelhandel, mit einem Minus von 8,6%. In den ersten beiden Monaten ist der Einzelhandel kumuliert um 7,3% zurückgefallen.

Im Februar registrierte das KSH steigende Umsätze im Jahresvergleich überhaupt nur noch in Second-Hand-Shops (+7,6%) bzw. in Apotheken und Drogerien (+2,7%). Bekleidungsgeschäfte büßten knapp 8% ein, der Versandhandel verlor ein Achtel seines Volumens, Fachgeschäfte für Möbel, Technik und Industriewaren mussten auf ein Fünftel ihres gewohnten Umsatzes verzichten.

Wieder auf dem Niveau von 2019

Zu laufenden Preisen kamen im gesamten Einzelhandel 1.310 Mrd. Forint zusammen, das sind sogar absolut weniger als im Monat Januar! Ein Ausgabenvolumen unter 1.400 Mrd. Forint wurde zuletzt im April 2022 gemessen; seither ist das allgemeine Preisniveau jedoch um ein Viertel, im Lebensmittelhandel sogar um annähernd die Hälfte gestiegen. Damit entspricht das aktuelle Konsumniveau der Ungarn realistisch jenem von Anfang 2019.

Die KSH-Daten widerspiegeln aber nur die harte Realität entleerter Brieftaschen: Die Inflation wurde zu Jahresbeginn jenseits von 25% gemessen, der Mindestlohn derweil nur um 16% angehoben, während viele Berufsgruppen noch weitaus bescheidener kompensiert werden. Damit fehlt mindestens ein Zehntel an Kaufkraft, welches die Bürger – eine stabile Sparrate unterstellt – nicht mehr in die Geschäfte tragen.

16 Antworten auf “Flaute wie zu Corona-Zeiten

  1. Obwohl die Inflation in Deutschland weit weniger als halb so hoch wie in Ungarn ist, besteht hier die gleiche Grundtendenz beim Verbraucherverhalten:

    https://www.welt.de/wirtschaft/article244701954/Konsum-Mehrheit-der-Aelteren-pessimistisch-das-ist-ein-schlechtes-Omen.html

    Das lässt wirtschaftlich nicht Gutes erwarten, wenn es sich um länderübergreifende Phänomene handelt. Eine Stagnation der Wirtschaft in Europa bei gleichzeitiger Inflation wäre noch eine günstige Entwicklung.

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  2. Mir ist schon klar, dass die meisten Menschen das nicht hören wollen und Viele Verschwörungstheorie schreien werden, aber es gibt nun mal interessierte Kreise, die genau das herbeiführen wollen. Inflation, wirtschaftlicher Niedergang und das Zusammenbrechen gesellschaftlicher Strukturen. Wie sollte man auch sonst die Menschen dazu bewegen, eine digitale Währung zu akzeptieren, über die eine totale Kontrolle der Menschen möglich würde.

    Viele werden sagen, “davon will ich nichts wissen”, wie bisher üblich und weshalb es überhaupt so weit kommen konnte. Oder man setzt sich mit dem Problem auseinander und fängt an, sich dagegen zu wehren.

    Ernst Wolff: Die nächste Weltfinanzkrise…
    https://www.depressionjailbreak.com/Ernst-Wolff_Die-naechste-Weltfinanzkrise-eine-Riesenchance-fuer-die-Menschheit

    Ich mag Ernst Wolff nicht besonders, weil er mich jedes mal deprimiert zurücklässt. Aber die Realität ist eben manchmal deprimierend.

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    1. Übrigens: Da die finanziellen Vergleiche auf Euro-Basis stattfinden, verändern sich diese Werte mit der Änderung der Wechselkurse. Deshalb werden vermutlich die ungarischen Werte jetzt höher sein, weil der Forint an Stärke gewonnen hat. Allerdings müsste man dann auch die Veränderungen bei den anderen Wechselkursen berücksichtigen. Das macht das Ganze aber sehr kompliziert. Am besten funktioniert natürlich ein Vergleich auf Jahresbasis. Eine solche Berechnung wäre allerdings sehr umfangreich. Man müsste für jedes Land 365 Werte zur Verfügung stellen.

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      1. Danke für Ihre vielen konkreten Belege!
        Es ist schon in Ordnung, einen statistischen Vergleich zu einem Stichtag vorzunehmen, diesen Vergleich nach Monaten oder einem Jahr zu wiederholen und nach vier oder zehn Jahren einen Trend zu bilden. 365 (Tages-) Werte pro Jahr machen bei makroökonomischen Indikatoren wie von Ihnen genannt wenig Sinn, denn so dynamisch bewegt sich da ja doch nichts. (Nicht einmal der Wechselkurs, wenn nicht gerade globale “Dinge” vor sich gehen.)

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