Im Einzelhandel gehen infolge der Konsumflaute in immer mehr Geschäften die Lichter aus. Foto: Praktiker Kft. (Symbolbild)

Einzelhandel

Es ist Fastenzeit

Die Konsumflaute setzte sich wenig überraschend auch im Januar fort. Neu ist jedoch, dass die Ungarn nun am meisten am Tanken sparen.

Die Einzelhandelsumsätze erreichten zu laufenden Preisen im Januar keine 1.350 Mrd. Forint, teilte das Zentralamt für Statistik (KSH) am Montagmorgen mit. Das lag beinahe 450 Mrd. Forint unter dem Niveau des Weihnachtsgeschäfts. Auf den Festtagsschmaus folgt zwar ganz natürlich die Zeit des Fastens. Prozentual ausgedrückt fiel der Einzelhandelsumsatz aber gegenüber dem gleichen Vorjahresmonat um 3,9%, nach Kalendertagen bereinigt sogar um 4,5% zurück.

Die MTI-Graphik zeigt die Entwicklung des Einzelhandels seit 2021 (Veränderung zum gleichen Vorjahresmonat in %).

Ganze Segmente schrumpfen seit Monaten

Im Lebensmittelsegment setzte sich der Abstieg mit einem Minus von 4,8% fort. Allerdings war das relativ betrachtet noch immer die beste Zahl seit September; im Dezember z. B. fehlte nahezu ein Zehntel des Einkaufsvolumens vom vorangegangenen Jahr! Den stagnierenden Umsatz der Trafiks herausgerechnet mussten die Lebensmittelgeschäfte sogar ein Minus von 6,7% hinnehmen.

Während sich die Ungarn mehr Lebensmittel als im Jahr zuvor letztmalig im Mai 2022 leisteten, hielt die Konsumlust im Nonfoodsegment noch bis in den Herbst an. Im Gesamtjahr 2022 kam hier laut KSH ein Plus von nahezu 6% zusammen, der Januar ist mit -1,5% aber nunmehr der vierte Monat im Abstiegsmodus.

Ein Zehntel weniger aufgetankt

Für den eigentlichen Paukenschlag im neuen Jahr sorgte freilich das Kraftstoffsegment. Wegen der Preisdeckelung ließen die Magyaren rein statistisch betrachtet im vergangenen Jahr weitaus mehr Geld als mit gesundem Menschenverstand zu rechtfertigen an den Zapfsäulen. Im März wurde der Basismonat aus dem Jahre 2021 um die Hälfte, über das gesamte Jahr hinweg um ein Viertel übertroffen. Da der Markt mehr und mehr kollabierte, zog die Regierung am Nikolaustag die Notbremse und kehrte über Nacht zu den Marktpreisen zurück. Die Reaktion blieb nicht aus: Im Dezember stagnierte der Umsatz an den Tankstellen. Nun liegt auch die Zahl für den ersten vollständigen Monat ohne Preisdiktate vor; im Januar purzelte das Volumen um 9,7% in den Keller. Wenn man hinzunimmt, dass gleichzeitig 4% mehr Fahrzeuge an- bzw. umgemeldet wurden, zog es die Tankstellen real zweistellig nach unten.

Brutaler als in der Corona-Krise

Wenn man die bereinigten Daten zugrunde legt, ist der Abstieg des Einzelhandels seit dem Hoch vom vorigen März unaufhaltsam. Der mit staatlichen Transfers im Wahlkampf angeheizte Boom machte noch bis in den Mai ein zweistelliges Plus möglich, aber die Dynamik vom März (+16,7%) blieb in der Folge unerreicht. Im Juni fiel der Zuwachs unter 5%, ab Oktober war Stagnation angesagt, im Dezember begann der Sinkflug. Traurig, aber wahr: So rapide ist der Einzelhandel nicht einmal in der Corona-Krise eingebrochen. Die Erklärung liefert die Inflation; die Verbraucherpreise stiegen durchschnittlich um ein Viertel, die Lebensmittelpreise eher um die Hälfte.

Entspannung erst im II. Halbjahr

Der Generalsekretär des Handelsverbandes (OKSZ) warnt angesichts dieser Entwicklung, 2023 werde die meisten Ladenschließungen der letzten Jahre bringen. György Vámos erinnerte gegenüber dem Wirtschaftsportal novekedes.hu daran, dass Mitte der 1990er Jahre noch mehr als 165.000 Handelsgeschäfte im Lande gezählt wurden. Die anhaltende Konzentration am Markt ließ davon kaum mehr als 100.000 Einheiten übrig. Laut KSH machten allein bis Jahresmitte 2022 knapp 2.100 Läden dicht, darunter 500 Lebensmittel- und Getränkehändler und 200 Gemüsehändler. Prozentual am schwersten betroffen war die Hauptstadt, wo binnen sechs Monaten mehr als 5% der Geschäfte aufgaben. Vámos hofft übrigens ab der II. Jahreshälfte auf eine entspanntere Lage, wenn die Inflation zurückgeht und die Bürger ihr verfügbares Einkommen wieder mutiger ausgeben.

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