DUIHK-Konjunkturbericht / Deutsche Investoren
Leichte Verschlechterung der Standortbewertung
Rund 250 Führungskräfte von Mitgliedsunternehmen der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer (DUIHK) und einiger anderer ausländischer Kammern in Ungarn haben erneut ihre Sicht auf die wirtschaftliche Entwicklung und auf das Investitionsklima in Ungarn dargestellt. Erwartungsgemäß widerspiegelten sich die Unsicherheiten in der ungarischen und der europäischen Wirtschaft auch in den Aussagen der Umfrage.
Aktuelle Lage deutlich schlechter
Die aktuelle Lage der Gesamtwirtschaft wird deutlich schlechter eingeschätzt als im Frühjahr 2022, und auch die Aussichten für die nächsten zwölf Monate werden überwiegend pessimistisch gesehen: Jedes zweite Unternehmen rechnet mit einer Verschlechterung der Lage, nur 13% mit einer Verbesserung. Allerdings ist dieses Verhältnis schon spürbar besser als im letzten Herbst, auf dem Höhepunkt der Energiekrise.
Das eigene Geschäft sehen die Firmen erfahrungsgemäß meist besser als die allgemeine Konjunktur, allerdings gehen in der aktuellen Umfrage ebenso viele Unternehmen von einer Verschlechterung ihrer Lage aus, wie von einer Verbesserung. Letztmalig waren die Erwartungen in dieser Hinsicht vor zehn Jahren so schwach.
Umso auffälliger ist, dass trotz dieser zurückhaltenden Geschäftsaussichten die Investitions- und Beschäftigungsabsichten weiterhin einen positiven Saldo aufweisen, der sogar etwas größer ist als vor einem Jahr. Insbesondere gilt dies laut Umfrage für große, exportorientierte Industrieunternehmen. DUIHK-Präsident András Sávos interpretierte dies als Beleg dafür, dass die Firmen die aktuelle Konjunkturschwäche als vorübergehend ansehen.

Hoher Anstieg der Lohnkosten erwartet
Dennoch konstatiert der Konjunkturbericht weiterhin bestehende Risiken für die Geschäftsentwicklung der Unternehmen. An erster Stelle stehen weiterhin die Energiepreise, gefolgt von Fachkräftemangel und Wechselkursrisiken. Gerade die beiden erstgenannten sind allerdings in ähnlichem Umfang auch in vielen anderen Ländern der Region Mittel- und Osteuropas sichtbar.
Breiten Raum widmete die Umfrage daher u. a. dem Arbeitsmarkt. Neben dem Fachkräftemangel, der die Firmen schon seit 6-7 Jahren belastet, stehen dabei auch die Arbeitskosten im Fokus. Angesichts der hohen Inflation und der Knappheit an qualifiziertem Personal rechnen die Umfrageteilnehmer für dieses Jahr mit einem Anstieg ihrer Lohnkosten um fast 15%. Dies ist deutlich mehr, als in den zeitgleichen Umfragen z. B. in Polen, Tschechien oder der Slowakei, wo der Lohnanstieg „nur“ auf 8-10% geschätzt wird.
Allerdings sei Ungarn, so DUIHK-Sprecher Dirk Wölfer, aktuell noch immer das EU-Land mit den drittniedrigsten Lohnkosten, der Kostenvorteil gerade für exportierende Unternehmen wird daher auch bei kräftigen Lohnsteigerungen noch länger bestehen.
Standortqualität meist durchschnittlich
Die Konjunkturumfrage geht regelmäßig auch auf die Bewertung der Standortqualität in Ungarn ein. Dazu misst die DUIHK u. a. die Zufriedenheit mit verschiedenen Standortfaktoren. Für nahezu alle dieser Faktoren weist die Umfrage eine leichte Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr auf.
Überwiegend positiv gesehen werden arbeitsmarktbezogene Gegebenheiten, während hinsichtlich des wirtschaftspolitischen Rahmens die seit 2012 zu verzeichnende schrittweise Verbesserung in diesem Jahr gestoppt wurde. Verschlechtert hat sich u. a. die Beurteilung des Steuersystems – Stichwort Übergewinnsteuern – und der Berechenbarkeit der Wirtschaftspolitik: Stichwort staatliche Preisregulierung oder Eingriffe in den Außenhandel.
Wieder in Ungarn investieren?
Eine von vielen mit Spannung erwartete Zahl des Konjunkturberichts ist, wie viele Unternehmen Ungarn heute erneut als Investitionsstandort wählen würden. Dieser Anteil hat sich nach den Rekordwerten von 88% in den vergangenen beiden Jahren in der diesjährigen Umfrage merklich auf 79% verringert, und zwar quer über alle Branchen. In anderen Ländern der Region werden zum Teil Werte über 90% erreicht – hier besteht laut Kammer also Handlungsbedarf.
Der auf der Basis der Umfrageergebnisse jährlich ermittelte „Investitionsklima-Index“ der DUIHK hat in diesem Jahr leicht von sechs auf zwei Punkte nachgegeben (auf einer Skala von -100 bis +100). Da der Index in den vergangenen Jahren recht zuverlässig die Entwicklung der ungarischen Wirtschaftsleistung abbilden konnte, bestätigt der jüngste Wert viele Prognosen, die für dieses Jahr ein BIP-Wachstum zwischen null und 2% erwarten.

Der komplette Konjunkturbericht kann von der Webseite der DUIHK heruntergeladen werden.
