Interview mit dem Finanzminister
„Die Wirtschaft wird sich schnell erholen“
Der Finanzminister verwies in dem ausführlichen Gespräch auf den Umstand, dass Brüssel keine finanziellen Mittel für die Abwehr der Corona-Krise bereitstellte. Die EU-Kommission erlaubte lediglich ein flexibleres Abrufen von Geldern zu Lasten des Finanzrahmens 2014-20, die noch nicht durch Projekte gebunden worden waren. Im Rahmen des neu aufgelegten SURE-Programms zur Unterstützung von Regelungen des Kurzarbeitergeldes flossen im Dezember umgerechnet 180 Mrd. Forint, die freilich als Kredit durch Ungarn getilgt werden müssen. Varga rechnet damit, dass die Steuerausfälle am Jahresende 2020 rund 1.400 Mrd. Forint erreichten, was ein Haushaltsdefizit um 9% am BIP nach sich ziehe. Dabei setze die Regierung eine Rezession von 6,4% an, während die Bruttoverschuldung bei 80% am BIP angelangt sein dürfte. „Ich bin zuversichtlich, dass sich die Wirtschaftsleistung mit dem Zurückdrängen der Pandemie schnell erholen wird“, erklärte der Minister. Ein robustes Wachstum wiederum werde den Schuldenabbau beschleunigen.
Varga bekräftigte die Absicht der fiskalischen Politik, den Anteil der Devisenschulden unter 20% zu halten. Die im November begebene Anleihe über 2,5 Mrd. Euro erlaubt es dem Land, bis 2023 zu verschnaufen, da es hinsichtlich seiner Devisenabläufe vorgesorgt hat. „Wir haben die nächsten beiden Jahre für Ungarn abgesichert, was uns eine stabile Finanzdecke gewährt, selbst wenn wir nicht in die Zukunft vorausschauen können“, erläuterte der Minister. Der durch die Corona-Krise besonders schwer getroffenen Tourismusbranche sagte er zu, die zunächst auf drei Monate befristeten Beihilfen würde die Regierung bei Bedarf um weitere drei Monate, also bis Jahresmitte verlängern.
Auf die Dauerfrage, wann Ungarn den Euro einführen wolle, gab Mihály Varga seine Standardantwort: „Da ist mein persönlicher Standpunkt seit Jahren unverändert. Die Einführung des Euro ist dann möglich, wenn wir wissen, welchem Konstrukt wir uns da anschließen.“ Die Mitgliedschaft in der Eurozone hätte – wie die letzten Jahre eindrucksvoll bewiesen – nicht automatisch Probleme auf dem Gebiet von Wettbewerbsfähigkeit oder Effizienz zu lösen vermocht. Die Corona-Krise hätte zudem gezeigt, dass die Rolle der Geldpolitik genau dort eine Aufwertung fand, wo sie eigenständig blieb, weil das schnellere Reaktionen zuließ.
Ich halte diese Aussage des Finanzministers für nichts anderes als eine Durchhalteparole!
Die von ihm prognostizierte “Erholung” wird nicht funktionieren, aus den folgenden Gründen:
1) Jede weitere Verlängerung des Lockdowns versetzt insbesondere mittelständischen Unternehmen den absoluten Todesstoß
2) Durch weltweit ansteigende Arbeitslosigkeit (als Folge der sinnlosen Lockdowns), sinkt die Kaufkraft der Bevölkerung, somit kommt es zu sinkender Produktnachfrage
3) Große Teile der ungarischen Wirtschaft sind nach wie vor von der dt. und internationalen Autoindustrie abhängig. Sinkende Nachfrage bedeutet auch hier, dass Menschen in die Arbeitslosigkeit entlassen werden (müssen)
4) aktuell gibt es in Ungarn keinen Plan, eine Massenarbeitslosigkeit finanziell zu bewältigen