Krisenmanagement
Augen zu und durch
Es soll nicht Gegenstand dieser Betrachtung sein, inwieweit das Eigenlob ausgangs der Corona-Pandemie berechtigt war. Unumstößlich ist jedoch der Fakt, dass Ungarns Volkswirtschaft zu den ersten in Europa gehörte, die zum Vorkrisenstand von 2019 zurückkehren konnten. Für den Neuanlauf 2021/22 begab man sich früher in die Startblöcke, als die Konkurrenz – das darf sich ein gut funktionierendes Krisenmanagement gerne anschreiben.
Im eiskalten Ostwind
Doch dann kam der 24. Februar 2022, und die Träume von einer zweiten nachhaltigen Wachstumsphase – wie zwischen 2013 und 2019 erlebt – zerstoben im eiskalten Ostwind. Plötzlich schien sogar die Wiederwahl des Fidesz in Gefahr. Auch wir spekulierten damals, ob Ministerpräsident Viktor Orbán „die Gunst der Stunde“ womöglich nutzt und die Opposition gewinnen lässt. Dann hätten die Linken den Karren aus dem Schlamassel ziehen müssen, was diese bunte Koalition aus sechs Parteien und noch mehr Bewegungen sehr wahrscheinlich – und selbst bei unverzüglich geöffneten Brüsseler Geldhähnen – überfordert hätte. Ein schneller Zusammenbruch des linksliberalen Experiments hätte dem Fidesz bei vorgezogenen Neuwahlen ein glänzendes Comeback verschafft; Orbán hätte sich zum zweiten Mal nach 2010 in der Rolle des „Retters der Nation“ gefallen können.
All diese Gedankenspiele erübrigten sich mit dem Ausgang der Wahlen vom April, als der Fidesz gegen die erstmals vereint antretende Opposition so hoch wie nie zuvor gewann. Die Orbán-Regierung durfte ihre fünfte Amtszeit planen und beglückwünschte ihre Wähler für deren Weisheit, gerade in der Krise auf eine erfahrene Mannschaft zu setzen. Seither ist ein Jahr vergangen, und irgendwie drängt sich der Verdacht auf, der ewige politische Erfolg hat den Fidesz träge gemacht. Durch die wirtschaftliche Brille betrachtet fallen nicht nur notorischen Orbán-Kritikern immer mehr Ungereimtheiten auf.
Die Dynamik ist verpufft
Im Schnelldurchlauf heißt das, Ungarns Wirtschaft befindet sich in einer (technischen) Rezession, mit dieser Inflationsrate darf man sich wenig schmeichelnd „Europameister“ nennen, Einzelhandel, Tourismus, Industrie und Bauwesen leiden, Investitionen und Reallöhne sinken, nur der Arbeitsmarkt zeigt sich noch erstaunlich robust. Die Regierungs-PR hat sich derweil darauf verlegt, jede Pressemitteilung zu makroökonomischen Indikatoren mit der vielsagend nichtssagenden Floskel zu beginnen: „Trotz Ukraine-Krieg und verfehlter Brüsseler Sanktionspolitik“ gehe es irgendwie doch voran. Der Fidesz klopft sich weiterhin für ein geniales Krisenmanagement auf die Schulter, wo es nicht mehr viel zu klopfen gäbe.
Die Wirtschaftsleistung legte im vergangenen Jahr unterm Strich noch um 4,6 Prozent zu. Das wäre in jedem Friedensjahr eine starke Zahl, ist es also erst recht, wenn nur wenige hundert Kilometer östlich ein brutaler und blutiger Krieg tobt. Wären da nicht zwei Schönheitsfehler an der besagten Zahl: Zum einen wuchs die Wirtschaft wegen der schwachen Corona-Basis ganz natürlich (zu Jahresbeginn um mehr als acht Prozent), zum zweiten verpuffte die Dynamik ab Herbst vollständig. Mittlerweile befindet sich Ungarn in einer technischen Rezession und wird hart kämpfen müssen, um die von der Regierung für 2023 anvisierten 1,5 Prozent überhaupt zu erreichen.
Notenbank in Nöten
Das liegt nicht zuletzt an den extrem hohen Zinskosten, die das Kreditgeschäft brutal abwürgen. Die Ungarische Nationalbank (MNB) hält den Leitzins bei 13 Prozent beinahe doppelt so hoch, wie andere Länder der Region, die noch nicht der Eurozone zugehörig sind (Polen, Tschechien oder Rumänien). Doch damit nicht genug, erweist sich der Einlagesatz für Tagesgeld durch die aktive Marktsteuerung der MNB als maßgeblicher Zinssatz, und der steht bei sage und schreibe 18 Prozent. Auf diesem exorbitant hohen Niveau verharrt der „effektive Leitzins“ nun schon seit dem vorigen Oktober. An Stelle der verteuerten und verknappten Energie wurde der ungarischen Wirtschaft und den privaten Haushalten in diesem Winter mit Kreditzinsen eingeheizt, die das Auge eines jeden Schuldners tränen lassen.
Aber die MNB konnte nicht anders, als dem Forint im Herbst mal wieder von Spekulanten arg zugesetzt wurde. Denen war natürlich nicht ergangen, dass ein extrem importabhängiges Ungarn in der Energiekrise besonders dramatisch ins Zwillingsdefizit abrutschen wird: Die Zahlungsbilanz brach ein, weil für Strom und Gas plötzlich kein Preis mehr absurd erschien. Der Staatshaushalt gelangte in die Schieflage, weil die Zinsanhebungen von EZB und FED den Schuldendienst verteuerten. Der neue globale Zinszyklus nahm an Fahrt auf, weil die großen Notenbanken die Inflationsgefahr lange Zeit unterschätzt hatten. Die ausbleibenden EU-Transfers rissen Löcher, wo sie eigentlich selbige stopfen sollten.
Energieabhängigkeit rächt sich
Über den schwachen Forint holte sich das für den Welthandel offene Ungarn die Inflation ins Land, für die der Nährboden mit einer ultralockeren Geld- und überhitzten Wirtschaftspolitik noch vor der Corona-Pandemie gelegt worden war. Dieses Gebräu entlud sich überaus furios. Als Ungarn die Corona-Krise für überwunden erklärte, waren fünf Prozent Preisauftrieb längst an der Tagesordnung. Im Vorfeld des Ukraine-Krieges waren es bereits acht Prozent und mehr. Im Westen wird heute gerne die Erzählung verbreitet, Putins Krieg sei an der Inflation schuld. Diese Annahme setzt jedoch ein lückenhaftes Kurzzeitgedächtnis voraus, denn die Energiepreise wurden längst durch das Jahrhundertexperiment der sogenannten „Energiewende“ aufgeheizt. Als die russische Armee plötzlich auf Kiew loswalzte, waren die Börsianer nicht mehr zu halten. Ungarns hohe Energieabhängigkeit rächte sich nun.
Plötzlich wurde man in Budapest gewahr, dass das Nuklearenergieprojekt AKW Paks 2 seit einem knappen Jahrzehnt im Grunde genommen auf der Stelle tritt. Aus der schmutzigen Kohle war man auf Geheiß von Brüssel und Berlin artig ausgestiegen, man glaubte ja an den unversiegbar sprudelnden Quell aus billigem russischen Erdgas. Ungeachtet dessen sollte der Energiemix bis 2030 in Anerkennung des Klimawandels auf Solar- und Nuklearenergie basieren. Der Ausbau der PV-Anlagen kommt so gut voran, dass nun veraltete Netze und fehlende Grundlast den Engpass bilden. Die Zukunft von Paks stellen derweil verbohrte deutsche Klimaretter in Berliner Schaltzentralen gerade erheblich in Frage. Ungarn bezahlt nicht nur teuer für seine Energie, es hängt auch politisch am seidenen Faden. Wobei politische Weichenstellungen Jahre brauchen, während die Teuerung längst im Hier und Heute angekommen ist.
Warten, dass der Impfstoff wirkt
Im vorigen Mai drang die Inflationsrate in zweistellige Gefilde vor, bis September verdoppelte sich das Tempo des Preisanstiegs, am Jahresende waren sage und schreibe fünfundzwanzig Prozent erreicht. Man muss bis zur ersten großen Wirtschaftskrise im Nachwende-Ungarn Mitte der 1990er Jahre zurückgehen, um vergleichbare Zahlen zu finden. Die übrigens auch durch einen Schock bei den Energiepreisen (nebst Kraftstoffpreisen) verursacht wurden. Im Jahresmittel 2022 stiegen die Verbraucherpreise zwar „nur“ um 14,5 Prozent, doch im neuen Jahr hält sich die Inflationsrate hartnäckig über 25 Prozent. Damit aber verabschiedet sich Ungarn von den europäischen Realitäten, denn selbst die Visegrád-Partner Polen, Tschechien und Slowakei – mit denen man 2022 noch im gleichen Boot zu sitzen glaubte – haben ein um zehn Punkte kleineres Inflationsopfer zu beklagen.
In der Eurozone ist man längst wieder im einstelligen Bereich zurück, den Ministerpräsident Viktor Orbán als Zielstellung für das Jahresende ausgegeben hat. Im Kossuth-Radio schwor er seine Anhänger mit pathetischen Worten auf das große Ziel ein: „Wir haben der Wirtschaft die Schutzimpfung verabreicht und warten nun, dass der Impfstoff gegen die Inflation wirkt.“ Seine Minister werden nicht müde, bis zu zwanzig (!) Maßnahmen aufzuzählen, mit denen man dem Preisteufel zu Leibe rückt. Die Preisdeckelungen für Grundnahrungsmittel gehören dazu, und werden wohl auch weiter Bestand haben, denn der erfolgreichste Politiker im neuen Ungarn ist noch nicht zufrieden mit dem Tempo, wie die Lebensmittelpreise sinken. Auch weiterhin ist es Orbán, der am besten die Stimmung der Massen trifft: Laut den jüngsten Umfragen würden die Regierungsparteien Fidesz-KDNP nicht nur erneut die absolute Mehrheit bei einer Wahl am nächsten Sonntag holen, sondern unter Umständen sogar drei Viertel aller Mandate im Parlament!
Woher der Optimismus?
Als ginge es den Leuten noch nicht schlecht genug. Dass sie zum Fidesz halten, liegt sicher nicht daran, dass sie die platte Propaganda von unaufhörlich wachsenden Realeinkommen glauben würden. In Wirklichkeit profitierten nur einzelne Berufsgruppen und bestimmte Steuerzahler von den Weihungen des Staates, die den Durchschnitt in einem strukturell lohnschwachen Land unverschämt anhoben. Dabei schauten selbst die Empfänger des zu Jahresbeginn um zwanzig Prozent aufgestockten Mindestlohns spätestens ab September in die Röhre, als die offiziell verkündete Inflationsrate diesen Zuwachs restlos aufgefressen hatte. Laut Statistikamt lagen die Reallöhne zur Jahreswende im Schnitt bereits um siebeneinhalb Prozent niedriger, als vor Ausbruch des Krieges. Und das trifft nur für den fiktiven „Durchschnittsbürger“ zu, mit dem sich breite verarmende Massen nicht messen können.

Woher also nimmt die Regierung ihren Optimismus? Zum Beispiel aus Zahlen, die beeindrucken sollen. Finanzminister Mihály Varga hebt etwa hervor, Ungarn habe seinen Entwicklungsrückstand innerhalb der Europäischen Union im letzten Jahrzehnt um zehn Punkte verringert. Seit dem EU-Beitritt 2004 näherte sich das Land dem Standard sogar von 62 auf 77 Punkte an. Dabei wurden Portugal und Griechenland überholt und auch jene Slowakei abgeschüttelt, die sich zwischenzeitlich vorgedrängelt hatte.
Manche Fakten einfach ausgeblendet
Diese auf der Kaufkraftparität basierenden Zahlen stimmen, der Vergleich ist aber nicht vollständig, der Minister blendet die weniger erfreulichen Fakten einfach aus. Im laut Fidesz stärksten Jahrzehnt der ungarischen Wirtschaftsgeschichte holte Ungarn also einen Punkt pro Jahr zu den größeren Volkswirtschaften auf. Gleiches gelang freilich den Bulgaren, die bis heute als Armenhaus der Gemeinschaft gelten, sowie den Tschechen, die vor der Corona-Krise bereits 93 Prozent des EU-Standards erreichten. Verglichen mit diesen beiden extrem unterschiedlich positionierten Ländern hat Ungarn demnach nichts Weltbewegendes vollbracht.
Und wenn der Finanzminister feiert, die Slowakei verdrängt zu haben, deren wirtschaftliche und innenpolitische Krise seit 2016 ungelöst ist, könnte er getrost anfügen, dass Polen in ähnlicher Manier an den Ungarn vorbeizog. Wirklich erniedrigend wäre allerdings ein Vergleich mit den geschmähten Rumänen, auf die man in Budapest als armen Nachbarn herabschaut – ganz so, wie es die Wiener mit den Ungarn zu tun belieben. Rumänien lag vor zehn Jahren noch zehn Punkte hinter Ungarn und hat 2022 offiziell Gleichstand erzielt. Damit hat dieses Land im Durchschnitt zwei Punkte pro Jahr aufgeholt, somit das Doppelte jener Dynamik vorgelegt, die hiesigen Wirtschaftspolitikern genügt, um sich ein Denkmal zu setzen.
Schuldenberg wird abgetragen
Der Finanzminister wirft aber noch weitere Argumente ins Feld. Das in der Corona-Krise neuerlich in die Nähe von 80 Prozent hochgeschnellte Schuldenniveau wurde 2021 und 2022 markant, um insgesamt rund sechs Punkte auf 73,5 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) gedrückt. Dabei musste der Fiskus in den Pandemiejahren sieben und mehr Prozente Neuschulden machen. Im vergangenen Jahr hätte sich das Budget ohne Schuldendienst praktisch wieder im Gleichgewicht befunden. Für 2023 soll bei den Staatsschulden die Marke von 70 Prozent geknackt werden, während die EU-Länder durchschnittlich mit weit über 80 Prozent verschuldet sind. Hier versäumt Varga zu erwähnen, dass kein Land in Osteuropa vergleichbar zu Ungarn verschuldet ist. Im weitaus leistungsstärkeren Tschechien liegt die Schuldenquote deutlich unter 50 Prozent, im wirtschaftlich armen Bulgarien nur bei 25 Prozent.
Dennoch erscheint dieses Eigenlob berechtigt, denn Ungarn gelang es, den eigenen Schuldenberg unbeeindruckt von Krieg, Sanktionen und Energiekrise ein Stückchen weit abzutragen. Zugutehalten kann sich die Orbán-Regierung zudem die eine Million neuer Arbeitsplätze, die seit 2010 geschaffen wurden und die sich überwiegend als krisenfest erweisen. Was wiederum nicht unabhängig von dem negativen Nebeneffekt betrachtet werden kann, wonach das Land bei der Arbeitsproduktivität lange Zeit auf der Stelle trat. Man denke nur an die gelungene Integration von bald zweihunderttausend unterbezahlten ABM-Kräften in den primären Arbeitsmarkt.
Wirtschaft nicht das Dienstmädchen
Dessen ungeachtet ist die aktuelle Lage alles andere als rosig. Selbst das regierungsnahe Makronom-Institut sieht als Chancen für die Konjunktur allein das Exportgeschäft und einen Aufschwung der Weltwirtschaft. Neben so manchen als neutral bewerteten Faktoren (wie Investitionen, Haushaltsdefizit oder Zinsumfeld) werden gleich zehn ernstzunehmende Risiken aufgeführt, angefangen von den Energiemärkten über die immer noch zunehmenden Sanktionen bis hin zu Inflation und Konsum.
Der Chefanalyst der ungarischen Raiffeisen Bank, Zoltán Török, sieht die makroökonomische Stabilität geradezu schwinden. Die Reallöhne werden 2023 ein Zehntel ihrer Kaufkraft verlieren, während es sich 2022 noch genau umgekehrt verhielt. Der Markt für Hypothekendarlehen befand sich vor anderthalb Jahren auf einem historischen Hoch und ist heute zusammengebrochen. Natürlich benennt auch er die hohe Inflation, die sich seit Monaten hartnäckig um 25 Prozent hält. Extreme Schwankungen in den wirtschaftlichen Aktivitäten gepaart mit einem hochinflationären Umfeld und einem volatilen Wechselkurs gefährden ein nachhaltiges Wachstum.
Um gegenzusteuern, bedürfe es einer scharfen Korrektur der Energiestrategie. Am wichtigsten wäre Török zufolge aber ein Umdenken in der Haushaltspolitik. Denn kein anderes EU-Land hat so, wie das der Politik in Ungarn gelang, in den seit 2020 aufeinander folgenden Krisen allen Risiken zum Trotz immer weiter Neuschulden gemacht und die Wirtschaft aus der Bahn geworfen. Sein trockenes Resümee lautet: „Politiker sind nicht unbedingt Wirtschaftsexperten. Genau deshalb braucht es institutionelle Schranken, um die makroökonomische Stabilität zu bewahren. Die Wirtschaft darf nicht zum Dienstmädchen der Politik werden.“


“Für den Neuanlauf 2021/22 begab man sich früher in die Startblöcke, als die Konkurrenz – das darf sich ein gut funktionierendes Krisenmanagement gerne anschreiben.”
Während der Neuanlauf schon in vollem Gange war und gerade heiß lief, schüttete die Orban-Regierung nochmal Öl ins Feuer und verteilte Wahlgeschenke.
Die jetzige Krise begann nicht erst am 24. Februar 2022, sondern wurde durch den Angriff nur noch verstärkt.
Mit den Preisdiktaten begann die Fidesz-Regierung schließlich schon vor dem 24. Februar 2022.
“Im Westen wird heute gerne die Erzählung verbreitet, Putins Krieg sei an der Inflation schuld.”
Diese Erzählung verbreitet ja wohl eher die Fidesz-Regierung, die immer darauf abhebt, dass der „Ukraine-Krieg und verfehlter Brüsseler Sanktionspolitik“ Schuld daran seien.
Im Westen gab es schon vor dem Krieg genügend Meldungen über Lieferengpässe und z.B. höhere Preise beim Autokauf.
Es gab auch Aussagen darüber, dass Inflationsbekämpfung durch die Notenbanken …
… zu geringem Wachstum und auch Rezession führen müssen –
Notenbanken können nur auf die Nachfrage einwirken.
“Aus der schmutzigen Kohle war man auf Geheiß von Brüssel und Berlin artig ausgestiegen, man glaubte ja an den unversiegbar sprudelnden Quell aus billigem russischen Erdgas.”
Fidesz-Freund Putin lieferte nun einmal billiges Erdgas – da brauchte es kein Geheiß von Brüssel und Berlin. Kohle war schlicht teurer. Also brauchte es nicht ein Herrchen aus Brüssel, das einem Hündchen in Budapest etwas befahl.
Das AKW2 ist laut Expertenkommission nicht mehr rentabel, aber notwendig für die ungarische Energieversorgung – dass nun eine Regierung in Deutschland, die nicht mal 2 Jahre im Amt ist, die Schuld an den Verzögerungen tragen soll, ist wieder dieser typische Reflex, Verwantwortung von sich schieben zu wollen.
Was die Reduzierung der Schuldenquote betrifft, hat die sehr hohe Inflation eben auch mal positive Auswirkungen. Steigende Preise und Löhne schwemmen mehr Geld in die Staatskassen.
Die hohe Beschäftigungsquote nimmt glücklicherweise in allen EU-Ländern der Krise zumindest etwas die Schärfe. Die Arbeitslosenzahlen schnellen nicht in die Höhe, wie in vorherigen Krisen.
Török hat vollkommen recht. Der ungarische Staat sollte sich auf die soziale Abfederung der Krise konzentrieren und die wirtschaftlichen Eingriffe minimieren.
Wer, wie Orban und Fidesz, nur auf Umfragewerte starrt, wird seinen Bürgern nichts zumuten und die Inflation mit schuldenfinanzierten Subventionen befeuern.
Am Ende trifft es die Bürger aber nur noch härter.
Da helfen dann auch solche hilflosen Maßnahmen wie vorgeschriebene Rabattaktionen nichts mehr.
Sie irren, Kohle war nicht teurer, die wurde es erst durch die Auflagen der EU und die Emissionsquoten. Was glauben Sie denn, warum RWE noch heute die deutschen Reviere ausbeutet?
Aber erfreulich, dass Sie den Artikel zu Ende gelesen haben, und die Schlusspointe mit der Török-Analyse teilen.
Nein – ich irre mich nicht.
Denn die Umweltschädlichkeit von Steinkohle wurde und wird zunehmend eingepreist.
2022 hat sich das zwar geändert, da die Brennstoffkosten beim Erdgas stark gestiegen sind, aber sowohl die Kapital-, System- und CO2-Kosten sind bei Erdgas geringer als bein Kohle.
Bei AKWs rechnet man die Folgekosten für Rückbau und Endlagerung nicht mit hinein, weshalb die Erzeugerkosten niedrig erscheinen.
Vor allem sind die Kapitalkosten bei Gaskraftwerken am niedrigsten. Und da man bei Fidesz immer kurzfristig denkt, hatte die Orban-Regierung so sehr auf Gas gesetzt.
https://www.tech-for-future.de/wordpress/wp-content/uploads/2021/09/Vollkosten-nach-Stromerzeuger-in-Deutschland-3-7-brennstoff.png
Tut mir leid, aber Sie werfen mal wieder alles durcheinander. Schauen Sie doch einmal in Ihren Quellen nach, wie es mit dem Kohleausstieg in H vor sich ging (übrigens hier keine Steinkohle, sondern nur minderwertige Braunkohle).
Der CO2-Preis pro Tonne ist ein Wert, der in der EU als Reaktion auf die Klimaerwärmung festgelegt wurde – und die Preise für CO2-Emissionsrechte werden weiter steigen.
Ein Gaskraftwerk erfordert zudem einen geringeren Kapitaleinsatz, weshalb Fidesz auch gerne darauf gesetzt hatte.
Auch die Merkel-Regierung setzte gern auf das billige russische Gas, was sich als Fehler herausstellte.
Kohlestrom wird sich jedenfalls zunehmend verteuern, weshalb Deutschland möglichst schnell davon abkommen und die Erneuerbaren ausbauen muss.
Westeuropa, vor allem Deutschland, tut auf Befehl der USA alles, um seine Energieversorgung zu verknappen und zu verteuern. Die USA aber selber nicht, und Ungarn auch nicht. Bei mäßigem Verbrauch ist es in Ungarn für die Verbraucher weder knapp noch teuer, ganz im Gegensatz zu Deutschland, wo die Industrie zum Auswandern gezwungen ist.
Die Inflation wird im Westen viel niedriger angegeben als sie wirklich ist, denn die Preissteigerungen für alltägliche Bedarfsgüter wie Lebensmittel sind erheblich und finden sich in den amtlichen Zahlen nicht wieder.
Sollten die Ungarn sich lieber Mi Hazánk zuwenden? Oder etwa den Westmarionetten (Linker Block), damit alles mindestens so schlimm und verrückt wie im Westen wird, mit Kulturbarbarei und Einbildung von freiem Geschlecht und drittem Geschlecht usw., und damit man unter einer Milliarden-Invasion von Orientalen begraben wird, die zum Schmarotzen und zum heiligen Krieg kommen, ihren islamischen Gottesstaat errichten? Die Liste geht fortzusetzen
Deshalb hatte Merkle auch gegen den Widerspruch und die Warnungen aus den USA den Ausbau der russischen Gaslieferungen vorangetrieben.
Nord Stream 2 wurde schließlich gebaut – gegen den Willen der USA.
Der Unterschied zwischen der Orban-Regierung und den deutschen Regierungen: Die Deutschen stehen zu dem Fehler und bemühen sich nun ihn zu beheben.
Ihre Liste lässt sich natürlich noch lange fortsetzen – eben bis Ihnen Ihre Verschwörungs- und Untergangsgeschichten ausgehen. 😉
Wenn ich den Artikel richtig resümiere dann stürzen die Probleme Ungarns von aussen auf das Land herein.
Jeder positiv denkende Mensch hat bestimmt nichts gegen Lösungsvorschläge einzuwenden.
Insbesondere das Inflationsthema sehe ich als Verbraucher wie folgt: in Stuttgart hatte ich einen Betrag für meinen Strom – und Gasverbrauch in meiner 60-qm-Wohnung von insgesamt 400 Euro im Monat zu bezahlen. Wenn da eine Preiserhöhung von 20 Euro zuschlägt sind das 5 %.
In Ungarn bezahle ich allerdings nur ein Zehntel für meine Energie (sogar noch weniger) im Monat. Wenn auf diesen günstigen Preis 10 Euro drauf kommen dann sind das 25 Prozent, was trotzdem noch ein verbraucherfreundlicher Betrag ist, der sich sehen lassen kann.
Insofern sehe ich der Inflation gelassen entgegen.
Eben nicht.
Die Probleme Ungarns sind hausgemacht. Und der erste wichtige Schritt für eine Lösung wäre, dies auch zuzugeben, um für diese Probleme auch Lösungen zu finden.
Fidesz und Orban warten nur, dass die EU sich soweit erholt, dass auch Ungarn im Fahrwasser dieser Erholung wieder in besseres Gewässer kommt.
Und natürlich wartet Orban auf EU-Milliarden.
Für jemandem mit einem Nettoeinkommen von 1800€ sind 20€ Preiserhöhung leichter zu verkraften, als eine 10€-Erhöhung für jemanden mit 600€ netto. Und nicht nur aufgrund der prozentualen Mehrbelastung.
Die Lösung in Ungarn liegt in unpopulären Maßnahmen:
Firmen und Bürger müssen mit den hohen Preisen konfrontiert werden, was dazu führt, dass der Markt wieder in ein Gleichgewicht zurückfindet.
Der Staat muss dabei Haushaltsdisziplin wahren und vermeiden, die Nachfrage zu stimmulieren.
Denn sollen die Preise nicht mehr steigen, muss die Nachfrage sinken.
Darauf zielen auch die Zinserhöhungen der Notenbanken ab.
Hauptaufgabe des Staates muss sein, soziale Härten abzufedern.
Das Spritpreisdiktat hatte sogar dazu geführt, dass der Verbrauch und damit die Nachfrage stiegen.
Mehr noch: Der SUV-Fahrer konnte das gesparte Geld in andere Bereiche umleiten und dort für höhere Nachfrage sorgen.
All die staatlichen Subventionen und Wahlgeschenke, die kreditfinanziert waren und sind, erhöhen letztlich die Nachfrage.
Steigende Nachfrage wiederum führt zu steigenden Preisen – vor allem, wenn das Angebot aufgrund von Lieferkettenschwierigkeiten und dann auch noch der Ukraine-Krise zurückgeht.
Ein Beispiel, was zu tun wäre:
Ein Energiekostenzuschuss von 20€ ist für einen Niedrigverdiener viel, für einen Villenbesitzer nichts. Er hilft also vor allem den Geringverdienern und Menschen mit kleinen Renten. Die Kosten für den Staat sind sehr viel niedriger, als die Subventionierung des Verbrauchs. Die Menschen werden versuchen, ihren Energieverbrauch einzuschränken, was zu sinkender Nachfrage und dadurch sinkende Preise führen würde.
Wenn man Hoffnung auf die Marktmechanismen setzt dann dürfte der kommende Sommer seinen Beitrag zu sinkender Nachfrage bezüglich Energie leisten können. Das ist ein Zeitgewinn um weitere Energiequellen zu erschließen. Zum Beispiel Aserbaidschan und andere seien da genannt, an denen gearbeitet wird und für die schon Verträge vorliegen.
Ausserdem möchte ich erwähnen, dass die Lebensqualität in Ungarn im Vergleich zu den umliegenden Staaten (ausgenommen Österreich) sehr solide und hoch ist. Ja, die Nachfrage ist im Umland niedrig und deshalb entschleunigt sich die Inflation. Dafür entfaltet sich in Rumänien, Bulgarien, Slowenien usw. der Wohlstand viel langsamer als in Ungarn.
Ja, ich weiß, es gibt Bürger, die für 110.000 Forint im Monat arbeiten. Der Wohlstand für alle ist noch in weiter Ferne. Man kann es auch als Potential betrachten. Denn da wo der Markt erstmal gesättigt ist passiert nichts mehr.
Die Inflation wird zurückgehen.
Die Energiepreise stabilisieren sich nach der Umstellung.
Die Notenbanken drücken zudem mit ihren Zinserhöhungen auf die Wachstumsbremse, was ebenfalls die Infaltion seken sollte, wenn die Regierungen dies nicht konterkarrieren.
Man muss leider sagen, dass die Orban-Regierungen den zeitlichen Vorsprung und damit auch den wirtschaftlichen gegenüber Rumänien oder Kroatien verspielt hat. Der Wohlstand entfaltet sich in den Nachbarstaaten eben gerade schneller als in Ungarn.
Die hohe Inflation zehrt den ungarischen Wohlstand auf.
Und gerade, wenn man die Entwicklungen und die aktuelle Situation in den Nachbarstaaten betrachtet, muss man zum logischen Schluss kommen, dass es eben nicht nur an äußeren Faktoren lag und liegt, dass Ungarn derart in der Krise steckt.
Das kann so kommen Herr Hatzig.
Es gibt m.W. zwei unterschiedliche Faktoren: Ungarn genießt das Vertrauen weltweit agierender Unternehmen und sichert damit gut dotierte Arbeitsplätze und Steuereinnahmen.
Während Kroatien aufgrund seiner Lage am Meer vom Tourismus profitiert. Dieser ist weitgehend unabhängig von Energie-Beschaffungsproblemen mit denen Ungarn zu kämpfen hat.
Aber ich sehe keine sonstigen Möglichkeiten den Wohlstand anzuschieben.
Wichtig ist eine gute Bildung und stabile Verhältnisse, was weitere Investoren anziehen dürfte. Da sind wir wieder bei den unterbezahlten Lehrkräften.
Das ist ja aber auch eines der Probleme:
Fidesz zerstört durch seine willkürliche Politik und die Schwächung der Rechtsstaatlichkeit das Vertrauen der weltweit agierenden Unternehmen.
Wenn ausländische Konzerne dazu gedrängt werden, ihre ungarischen Tochterunternehmen an Fidesz-Freunde zu verkaufen und die Orban-Regierung gezielt ausländische Unternehmen besteuert, ist das Vertrauen schnell dahin.
Bei ihren Investitionsentscheidungen schauen Unternehmen auch sehr genau auf solche Dinge wie gesperrte EU-Mittel.
Volvo und Bosch investieren nun z.B. in der Slowakei.
Und Kroatien bietet sich nun mit Euro und Schengenbeitritt zu mehr als nur Urlaubsort an.
Ungarn steht zudem vor einem großen Problem, dem Arbeitskräftemangel. Eine Migrationspolitik lässt die Orban-Regierung nicht erkennen.
Und wie Sie ja auch sagen: Bildung ist die Fidesz ja nicht einmal ein eigenes Ministerium wert.
In welche Währung würden Sie denn investieren wenn Sie 100.000 Euro unterbringen müssen ? Würden Sie es auf einer deutschen Bank liegen lassen oder würden Sie in Forint und Yuan wechseln ? Würde mich echt interessieren.
Eine bessere Besoldung der Lehrer finde ich grundsätzlich richtig. Ob dafür ein Ministerium erforderlich ist, das viel Geld kostet, möchte ich nicht ohne weiteres für notwendig erachten. Man müsste das im Detail anschauen.
Auf eine Bank würde ich das Geld weder in Euro, noch in Forint oder Yuan legen.
Anteile von Firmen, die in der aktuellen Krise belastet sind, würde ich kaufen – also Aktien in einem aktuellen Kurstief.
Wer in der Corona-Krise, als der Ölpreis im Keller war, Aktien von Ölkonzernen kaufte, hat sein Geld heute verdoppelt.
Ein Bildungsministerium macht deutlich, wie wichtig eine Regierung den Bildungsbereich nimmt.
Wenn man Bildung mal eben dem Innenministerium anhängt, spricht das Bände.
Staatsbedienstete, die sich mit dem Bildungsbereich befassen, kosten in einem Bildungsministerium nicht mehr als im Innenministerium.
Nur fokusieren sich ein Innenminister und seine Spitzenbeamten nicht derart auf die Bildung, als ein Bildungsminister.
Dabei geht es dann auch, um die Mittelverteilung.
In Ungarn wird dem Zäunebauen aktuell größere bedeutung zugemessen, als der Ausstattung von Schulen. 😉
Liebe Frau Koch, der Artikel sollte eigentlich ganz bewusst dieses Gemisch aus externen Faktoren und hausgemachten Problemen darstellen.
Ja Herr Ackermann und wenn oben herausgestellt wird, dass sich Kroatien im Vorteil gegenüber Ungarn befindet, weil dort der Euro eingeführt wurde, dann ist die Frage nach der Währung in Ungarn berechtigt. Es ist für die Wirtschaft bedeutend, dass für 1 Euro am Jahresanfang 400 Forint gegeben werden mussten und jetzt nur noch circa 375. Das wirkt sich auf die ungarischen Problemstellungen aus. Wohin soll sich Ungarn wenden ?
Und was die Bildung anbelangt, Herr Ackermann, sehe ich eher die Freude am Lernen als sehr wichtig an, sowie berufliche Möglichkeiten mit gutem Verdienst, die ein Ansporn sind. Ein Ministerium ist teure Symbolpolitik.
Das Thema “Bildung” und “Ministerium” bezieht sich auf den Beitrag von Herrn Hatzig.
Pardon.
Ein Ministerium koordiniert die Politik. Auch Bildung muss staatlich organisiert werden.
Freude am Lernen kommt in einem schönen Klassenzimmer mit ordentlicher Ausstattung und motivierten Lehrern eher auf, als in einem kleinen, völlig überfüllten Raum.
Wenn zudem in einem Schuljahr dreimal der Fachlehrer wechselt, ist dies auch nicht gerade förderlich.
Das mit dem EUR-Vorteil für CRO ist nicht so eindeutig. Sie haben ja den großen Vorteil des Adria-Küstentourismus genannt, der die Kroaten regelrecht in die Eurozone drängte. H ist von der Industriepolitik her viel näher an der Slowakei, und die hat sehr wohl unter dem Euro gelitten (natürlich nicht einfach wegen Aufgabe ihrer freien Währungspolitik).
Der größte Nachteil am Forint ist für die Wirtschaft nicht mal seine Schwäche (die ist natürlich für die Bürger eine Katastrophe), sondern die extremen Kursschwankungen binnen kürzester Zeit.
Bei Bildung sind wir uns wohl alle einig.