Lohnvereinbarung
Auf drei Jahre im Voraus
Wie berichtet steigt der Mindestlohn ab 1. Januar 2025 um 9% auf brutto 290.800 Forint monatlich, ein Jahr später um weitere 13% bzw. ab 1. Januar 2027 nochmals um 14%, auf dann 374.600 Forint. Das garantierte Lohnminimum für Fachkräfte wird 2025 um bescheidenere 7% auf brutto 348.800 Forint angehoben. Damit nähert sich der Mindestlohn, den laut Wirtschaftsministerium rund 210.000 Arbeitnehmer erhalten, wieder ein wenig dem speziellen Mindestlohn für qualifizierte Mitarbeiter an, der heute knapp 340.000 Ungarn gezahlt wird. Wie es mit dem garantierten Lohnminimum nach 2025 weitergeht, ist noch nicht entschieden. Die Übereinkunft vom Montag enthält nur unverfänglich, es solle 2026/27 abhängig von Inflation und Produktivität erhöht werden.
In dem Dokument wird ein Anstieg der Bruttodurchschnittslöhne um 8,7% in 2025, 7,6% in 2026 und 7,4% in 2027 unterstellt, bei einem Wirtschaftswachstum von 3,4-4,1-4,3% bzw. einer von 3,2% auf 3% sinkenden Inflation.
Vorbedingung Friedensjahr
Der Ministerpräsident gehörte auf der Sitzung des Konsultationsforums der Sozialpartner (VKF), die am Montag im Karmeliterkloster auf der Burg stattfand, zu den Unterzeichnern der mittelfristigen Übereinkunft. Viktor Orbán (M.) erklärte, die Unterschrift sei von der Konzeption geleitet, dass die Welt und insbesondere Europa 2025 zum Friedensjahr machen. Dann werde ein Wirtschaftswachstum von mehr als 3% realistisch. Sollten jedoch „Schwierigkeiten“ eintreten, die das optimistische Szenario der Lohnvereinbarung gefährden, wurde zur Sicherheit eine Überprüfungsklausel eingebaut, die eine nachträgliche Korrektur der Zahlen erlaubt. „Wir vertrauen selbstverständlich darauf, dass so etwas nicht notwendig sein wird und die makroökonomischen Erwartungen der Regierung zutreffend sind.“
Orbán sprach von einer „historischen“ Übereinkunft, die den Mindestlohn „im europäischen Maßstab auf einen würdigen Platz hievt“. Ungarn wolle das Mittelfeld anführen, um die Chance zu haben, irgendwann auch in die Spitzengruppe vorstoßen zu können. Der Mindestlohn nehme bis 2027 im Realwert um 29% zu, und der Plan sei, die Hälfte des Durchschnittslohns zu erreichen.
Das nächste große Ziel: 1 Mio. Forint
Für 2025 rechnet der Ministerpräsident mit 300 neuen Investitionen im Gesamtwert von 8.100 Mrd. Forint (knapp 20 Mrd. Euro). Die Bahnstrecke Budapest-Belgrad wird ebenso übergeben wie „riesige“ Werke in Győr, Szeged und Debrecen.
In „absehbarer“ Zeit müssten die Durchschnittseinkommen 1 Mio. Forint im Monat erreichen. „Ich weiß, dass diese Aussage heute stark angezweifelt wird. Aber genauso wollte uns 2010 niemand abnehmen, dass wir eine Million Arbeitsplätze zusätzlich schaffen werden“, gab Orbán das nächste große Ziel aus.
Nach zwei schwarzen Jahren
Für die Arbeitgeberseite sprach László Perlusz (l.) von einem „außerordentlich ehrgeizigen“ Abschluss. Der Generalsekretär des VOSZ erinnerte an die „schreckliche“ Inflation des Jahres 2023 und den „überaus bescheidenen“ Aufschwung im laufenden Jahr, was es für die Unternehmen nicht leicht macht, nach zwei „schwarzen Jahren“ wie diesen einer Anhebung des Mindestlohns um 7-9% zuzustimmen. Die Aufgabe für die Arbeitgeber laute, ihre Firmen wettbewerbsfähiger und produktiver zu machen, modernste Technologien, KI, Digitalisierung und Robotik anzuwenden.
Für die Gewerkschaftsseite erinnerte Liga-Chefin Melinda Mészáros daran, dass die Übereinkunft neu verhandelt werden kann, sofern sich das allgemeine makroökonomische Umfeld, das BIP oder die durchschnittlichen Löhne anders als erwartet entwickeln sollten. Sie sprach von einer Fortsetzung der umfassenden sechsjährigen Lohnvereinbarung von 2016. Sowohl die Position der Wirtschaft als auch der Arbeitnehmer und Familien bessere sich dank der Einigung. Als eines von nur sechs EU-Ländern habe Ungarn die Mindestlohn-Richtlinie der EU fristgerecht ins Landesrecht übertragen.
Neben dem Ministerpräsidenten, Perlusz und Mészáros unterzeichneten die dreijährige Lohnvereinbarung auch der Vizepräsident des Arbeitgeberverbandes MGYOSZ, Ferenc Rolek (2.v.l.), sowie der Präsident des Handelsverbandes ÁFEOSZ-COOP, Zoltán Zs. Szőke (M.l.), bzw. der Vorsitzende der Arbeiterräte, Imre Palkovics (M.r.), und der Vorsitzende des Gewerkschaftsbundes MASZSZ, Róbert Zlati.
