Agrarminister István Nagy will die Interessen der ungarischen Bauern gegen die EU-Bürokratie schützen. Fotos: Agrarministerium

UPDATE - Agrarressort

Importe aus der Ukraine gestoppt

Die Osteuropäer sind das Hinhalten von Seiten Brüssels leid und schreiten zur Tat: Am Wochenende gaben nacheinander die Slowakei, Polen und Ungarn ein Importverbot für Agrarprodukte aus der Ukraine bekannt.

Ungarns Agrarminister István Nagy sprach von einem vorübergehenden Verbot bis Ende Juni und verwies auf das Vorbild Polens. „Die Regierung tritt entschlossen für die Interessen der ungarischen Landwirte ein. Da die EU substanzielle Maßnahmen vermissen lässt, verbieten wir vorübergehend die Einfuhr von Getreide und Ölsamen sowie weiterer Agrarprodukte aus der Ukraine“, heißt es in einer Pressemitteilung des Ministeriums vom Samstagabend. Am Markt hätten sich negative Prozesse entfaltet, die der ungarischen Landwirtschaft schwere Verluste bescheren. Um diese abzuwenden, bedürfe es außerordentlicher Maßnahmen.

Agrarminister István Nagy: „Wir sind solidarisch mit der Ukraine, aber wir können nicht die Existenz der ungarischen Bauern aufs Spiel setzen.“

Der EU-Zentrale Zeit gegeben

Ukrainische Händler profitierten davon, dass die EU-Kommission mit Rücksichtnahme auf den Krieg einen umfassenden Freihandel mit einer vollständigen Befreiung von den Zöllen genehmigte. Abgesehen von den ohnehin niedrigeren Produktionskosten wird das Dumping aus der Ukraine noch durch Verfahren und Methoden intensiviert, die in der Gemeinschaft längst verboten sind. Zunächst handelte die Misere vom Getreide, das eigentlich aus der Ukraine auf Drittmärkte befördert werden sollte, am Ende aber auf den Märkten der sog. Transitländer Osteuropas strandete. Den Agraraußenhandel wickeln laut Presseberichten nur vier ukrainische Oligarchen ab; von einer humanitären Hilfe für die „kleinen“ ukrainischen Landwirte kann also keine Rede sein. Als die Händler bemerkten, wie lukrativ die Märkte ihrer Nachbarn von Polen über Ungarn bis Rumänien dank des EU-Rückenwinds sind, beschränkten sie sich nicht länger auf Getreide, sondern begannen massiv mit dem Export von Geflügel, Eiern, Honig und immer weiteren Agrarprodukten.

Die nun durch die betroffenen Anrainerstaaten verhängte Importbeschränkung soll der EU-Zentrale ausreichend Zeit für wirksame Lösungen geben. Letztlich geht es den sechs betroffenen Ländern, die sich zuvor vergeblich mit mehreren offiziellen Schreiben an Brüssel wandten, um ein Ende des Missbrauchs der für die Ukraine eingerichteten Solidaritätskorridore. Diese wurden ursprünglich darum geschaffen, damit das ukrainische Getreide leichter nach Afrika und in den Nahen Osten transportiert werden kann.

Mal wieder zweierlei Maß

Es ist kaum einen Monat her, dass Budapest protestierte, weil die EU-Kommission mal wieder zweierlei Maß anlegte und dabei die ungarischen Bauern diskriminierte. Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien baten Brüssel um Sonderbeihilfen, um die Belastungen der eigenen Landwirte infolge des ukrainischen Dumpings zu mindern. Obgleich allein die Polen von Schäden in Milliardenhöhe sprechen, kalkulierte die EU-Kommission nach Monaten eine Finanzhilfe von insgesamt 53 Mio. Euro, die aber auch nur Landwirten in Polen, Rumänien und Bulgarien zuteilwerden sollte. Für das Agrarministerium in Budapest basierte diese Entscheidung Brüssels auf fachlichen Irrtümern. So konnte Brüssel keinerlei Dumpingpreise in Ungarn erkennen, während das Agrarressort einen Preisverfall für die Tonne Getreide von 300 auf 215 Euro nachwies. Als diese Preisentwicklung schließlich akzeptiert wurde, hieß es aus der EU-Zentrale, nicht die ukrainischen Importe hätten diesen Prozess ausgelöst. Ungarn beklagte, dass die Kommission besser fachliche denn politische Entscheidungen treffen sollte.

Am Ende der Geduld

Anfang April folgte ein gemeinsamer Brief der Staats- und Regierungschefs an die EU-Kommissionspräsidentin, zu Ostern kündigten die Behörden schärfere Kontrollen der Importe aus der Ukraine an. So wollte Ungarn das strenge EKÁER-System auf diese Produkte ausweiten. Nicht angemeldete Lieferungen hätten mit Strafen belegt oder sogar konfisziert werden können. Zudem sollten die Kontrollen vertieft werden, um sicherzustellen, dass als Transit gekennzeichnete Frachten das Land auch tatsächlich wieder verlassen.

Erst am Freitag stimmten sich die Fachminister der Anrainerstaaten per Videokonferenz über neue Maßnahmen ab, nachdem Brüssel untätig blieb.

An diesem Freitag folgte eine weitere Konsultation der Agrarminister der Anrainerstaaten, die sich erneut für eine Lösung auf EU-Ebene aussprachen. So sollte die Zollbefreiung auf Weizen, Mais, Sonnenblumen, Raps und Soja aus der Ukraine nur für ausgehandelte Quoten gelten. Des Weiteren sollte die Kommission Produkte, auf denen die Landwirte wegen des Dumpings sitzenbleiben, zu humanitären Zwecken aufkaufen. Noch am Freitagabend erklärte die Slowakei dann als erstes Land der Gruppe ein Importverbot. Agrarminister Samuel Vlcan berief sich dabei auf ukrainisches Getreide, das mit Pflanzenschutzmitteln verseucht sei: Bei einer Kontrolle in einer Mühle hätten sich 1.500 Tonnen Weizen als verunreinigt erwiesen. Auch in Ungarn ist in Expertenkreisen seit Monaten die Rede davon, dass die ukrainische Landwirtschaft Pflanzenschutzmittel einsetzt, die in der EU als gesundheitsschädigend verboten sind. Bei amtlichen Kontrollen wurden bislang aber „nur“ einige hundert Tonnen Importgetreide konfisziert und vernichtet.

22 Antworten auf “Importe aus der Ukraine gestoppt

  1. Es gibt keinen Grund, sogar unmoralis Lebensmittel aus Ukraine zu kaufen. Die Große Ansträngungen und Erpressungen (Waffen für Kiew) sollte nach Ukraine und EU die Agrarprodukte nach Afrika zu liefern, fur Hungernde.

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    1. Oh unmoralisch, richtig geschrieben unmoralisch sind Länder, die mit Erpressen regieren. Eine freie Marktwirtschaft ist das sicher nicht, hier versuchen die unfähigen Agrarminister nur die eigene Unfähigkeit zu verschleiern, aber das wird schon korrigiert. Auch die UNO wird hier handeln. Die Ukraine wird einmal mehr durch Ungarn gegängelt, eine eigene intelligente Agrarpolitik existiert ja nicht von der Fidesz Regierung, da lässt man ja lieber das Land brach liegen und schöpft durch Steuern den Bauern den Ertrag ab. So funktioniert Fidesz!

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      1. Freie Marktwirtschaft? Wissen Sie eigentlich, wie der EU-Agrarmarkt funktioniert? Mit endlosen Auflagen, Vorschriften und Beihilfen?! Da hat die Kommission grob eingegriffen, indem sie die UKR von allen Zöllen und Auflagen entbindet, ist ja Krieg. Worauf ein paar clevere UKR-Händler (glauben Sie bitte nicht an arme kleine Landwirte) ihre Produkte gewinnbringend “um die Ecke” absetzen. Bei Ihnen sind immer gleich alle unfähig und inkompetent. Merkwürdig aus dem Munde eines Schweizers, nach dem Credit Suisse-Skandal…

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        1. Oh Ackermann, wir brauchen keine deutschen Steuerhinterzieher und CS hätte ich in den totalen Bankrott laufen lassen, denn nicht die Deutschen garantieren für die UBS! Aber das hat ja viel mit Agrarpolitik zu tun. Ich würde mal empfehlen einen Grundkurs in Logik zu besuchen!

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          1. Ich denke da ähnlich wie Sie, Frau Koch. Drei Länder haben die Importe ausgesetzt, aber den ersten Informationen folgend hat Brüssel mit der Slowakei anscheinend kein Problem. (Kann aber auch an den Nachrichtenüberbringern liegen, die sich halt auf die “Schurkenstaaten” konzentrieren.)

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        2. Schweiz ist nicht mehr, was sie war.
          Die Spirale in die ” Gewohnlichkeit” nimmt rasant zu. Nachdem sie die Bankgeheimnisse abgeschafft haben, Hunderttausende Einbürgern, USA und EU Hörig werden, sollten sie auch aus dem hohen Ross von ” Besondere” aussteigen. Eigenständigkeit, worauf sie stolz waren sueht nicht so aus. Meine zahlreiche dortige deutsche Verwandten sehen es auch so. Zwar etwas besser als Deutschland

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          1. Ich bin überhaupt kein Freund von Pauschalurteilen. Es ging mit dem Sticheln wegen der CS nur darum, einen ungehobelten Herrn Moser mal daran zu erinnern, wie sich solche Hasstiraden anfühlen, wenn man sich an die eigene – in seinem Fall: Schweizer – Nase fasst. Vielleicht erleben wir es ja doch noch einmal, mit einem lieben Herrn Moser auf kultivierte Art Argumente auszutauschen.

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                1. Die Schweiz ist ebenso rings umzingelt wie Ungarn und hat in letzter Zeit auch mittlerweile Druck abbekommen, aber keiner traut sich offen zu sagen, sie dürfe nicht mehr neutral sein – obwohl oder gerade weil die Reichen von überall dort ihr Geld verstecken können. In Ungarn hat sich die Gyurcsany-Regierung dem Westen unterworfen, da will er nicht dulden, wenn Ungarn das nicht mehr will. Sanktionen können kommen, aber gab es die nie gegen die Schweiz? Die Schweiz kann wohl vom Geldverstecken und vom Bergtourismus leben, Ungarn nicht. Vielleicht von Industrie mit eigenen Bodenschätzen und Landwirtschaft? Aber wird Ungarn noch ernstere Schikanen bekommen?

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        3. Die hochsubventionierten EU-Landwirte können also gegen die zollfreien Produkte aus der Ukraine nicht konkurrieren?

          Da ist dann offensichtlich sehr viel versäumt worden, bei der Agrarpolitik einiger EU-Länder.

          Offensichtlich ist die ungarische Landwirtschaft nur konkurrenzfähig, wenn die durch Importzölle geschützt und mit hohen Subventionen gestützt wird.

          Zudem sind die Getreidepreise im März 2023 gegenüber März 2022 um 18% gesunken, aber die Preise von März 2022 lagen auch um 37% höher als im März 2021.
          Die Getreidepreise normalisieren sich nun wieder, nachdem sie 2022 extrem angestiegen waren.
          Oder mal in Zahlen:
          Feb. 2022 kostete eine Tonne Weizen 265 €.
          März 2022 waren es 385 €.
          Feb. 2023 waren es 285 €.

          Es kommt immer auf die Vergleichswerte an, die man heranzieht.

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  2. In Ungarn gab es trotzt Dürre so viel Ernte, dass es erubgricgt sich verpestete Getreide, Einer, Hühne von Selenskij zu kaufen. Er wollte je an die Hungernde in Nahe Osten und Afrika. Die Pestizidvorschriften in Ungarn waren schon vor 40 Jahren streng. Strenger, als in Westeuropa.

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    1. Daher sind dann wohl auch die Lebensmittelpreise durch die Decke gegangen, weil das Angebot in Ungarn so groß war. 😉

      Die enormen Preissteigerungen bei Lebensmitteln sind nie und nimmer mit steigenden Spritpreisen zu begründen.

      Demnächst kommt MOL noch jammernd daher und fordert EU-Gelder, weil ja der Spritpreis gegenüber den Höchstständen gefallen sei.

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      1. Aber natürlich schlagen Spritpreise auf Lebensmittelpreise! Schließlich muß die Ware über etliche Stationen transportiert werden, bis sie im öffentlichen Kaufladen ankommt. Und wie geht das ohne Dieseltransporter, oder soll es gehen? Etwa wieder mit Pferde- und Ochsenkarren?

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