Jahresauftaktveranstaltung der DUIHK
2021 soll besser werden
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Genau einen Tag vor dem letzten Jahresauftakt der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer (DUIHK) am 28. Januar 2020 im Café New York war die erste Corona-Infektion in Deutschland bekannt geworden. In Ungarn war das Virus damals überhaupt noch kein Thema. Ein Jahr später ist die Pandemie noch immer nicht unter Kontrolle, und so musste zwar das Unterhaltungsprogramm des traditionellen Jahresauftaktes der DUIHK entfallen, aber ausgefallen ist er deshalb nicht. Und immerhin gab es zum Schluss noch ein herrliches Video der Deutschen Zentrale für Tourismus, in dem nach dem – unfreiwillig – fast „reisefreien“ Vorjahr wieder Lust auf Entdeckungsreisen in Deutschland gemacht wurde.
Hauptsächlich ging es bei der Online-Veranstaltung aber um den Stand und die Aussichten der deutsch-ungarischen Beziehungen, wirtschaftlich wie auch politisch, und darum, welche Schwerpunkte die DUIHK in diesem Jahr setzen will.
Mehr Mitglieder trotz Krise
DUIHK-Präsident András Sávos berichtete mit spürbarem Stolz, dass die Kammer auch im wirtschaftlich schwierigen Jahr 2020 ihre hohe Mitgliederzahl stabil halten und sie sogar ganz leicht auf nunmehr 926 erhöhen konnte. „2020 war für uns alle ein herausforderndes Jahr“, so Sávos, und meinte damit sowohl die Mitgliedsunternehmen als auch die Kammerorganisation und die europäischen Volkswirtschaften insgesamt.
Die deutsche und die ungarische Wirtschaft seien um mehr als fünf Prozent geschrumpft, die ungarischen Importe aus Deutschland sogar um rund zehn Prozent. Aber trotz Corona belief sich das Außenhandelsvolumen zwischen beiden Ländern im vergangenen Jahr auf rund 53 Milliarden Euro, und deutsche Unternehmen in Ungarn beschäftigen weit über 200.000 Mitarbeiter.
Die DUIHK musste in diesem Umfeld eine doppelte Aufgabe bewältigen, erläuterte Sávos. Zum einen habe die Kammer intensiv daran gearbeitet, den Mitgliedern bei der Reduzierung der kurzfristigen negativen Auswirkungen der Pandemie auf die Geschäftsentwicklung zu helfen. Zum anderen hätte die DUIHK aber auch ihre „traditionellen Aufgaben“ nicht vernachlässigt, also Angebote, mit denen Unternehmen ihre langfristigen Geschäftschancen und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken können.
Konstruktiver Dialog mit der Regierung
Im Zusammenhang mit der akuten Krisenbewältigung lobte Sávos explizit die ungarische Regierung für die konstruktive Zusammenarbeit mit den Vertretern der Wirtschaft. Schon seit Anfang März 2020 sei die DUIHK ständiger Teilnehmer des Konsultationsforums, in dem Vertreter mehrerer Ministerien und der Zentralbank sowie der wichtigsten Wirtschaftskammern und -verbände wöchentlich die wirtschaftliche Lage bewerten und gemeinsame Maßnahmen erarbeiten. Viele DUIHK-Vorschläge, vom Kurzarbeitergeld über Reiseregelungen bis hin zu Online-Hauptversammlungen seien konstruktiv und äußerst schnell in konkrete Maßnahmen umgesetzt worden.
Als äußerst hilfreich hätten die Unternehmen zudem – gerade auch in Deutschland – die umfangreichen Informationen der DUIHK zur Corona-Lage wahrgenommen. „Unsere Website hatte im letzten Jahr fast doppelt so viele Besucher wie im Jahr 2019, im Frühjahr 2020 hatten wir dort an manchen Tagen fast dreitausend Besucher!“
Fokus darauf, was die Firmen brauchen
Die langfristigen Herausforderungen für die Firmen würden auch 2021 im Fokus der Kammer stehen – darauf ging Geschäftsführer Gabriel A. Brennauer in seinem Ausblick ein. Dazu gehörten traditionell Fragen der Fachkräftesicherung, aber auch die Digitalisierung und nachhaltiges und umweltschonendes Wirtschaften. All dies diene dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und damit auch der beiden Volkswirtschaften zu stärken. Die duale Berufsbildung in Ungarn fördere die DUIHK nicht nur durch konkrete Ausbildungsmaßnahmen in Unternehmen, sondern auch durch die Mitarbeit im Nationalen Innovationsrat für Berufsbildung, oder ideell durch den Berufsbildungspreis der Kammer, der 2021 schon zum achten Mal vergeben werde. Auch die Veranstaltungsreihe TechCsajok (TechGirls), die Schülerinnen für technische Berufe und Studien begeistern will, werde 2021 – in virtuellem Format – fortgesetzt, kündigte Brennauer an.
Beim Thema Digitalisierung bleibt die DUIHK weiterhin ein aktiver Partner im „Netzwerk Digital“, in dem sich fünf in Ungarn tätige Wirtschaftsorganisationen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz vor allem den geschäftsrelevanten Aspekten der digitalen Transformation widmen.
„Verstärken werden wir in diesem Jahr unser Engagement im Bereich Klima und Umwelt“, erklärte Brennauer. Zu dem von der Europäischen Kommission angekündigten „Green Deal“ habe man eine neue Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. Sie soll in Zusammenarbeit mit ungarischen und europäischen Behörden und Experten konkrete Chancen nachhaltiger Unternehmenspolitik sichtbar machen, aber gegebenenfalls auch Vorschläge für regulatorische Schritte der Regierung unterbreiten.
„Jedes Zahnrad griff ineinander“
Über das „Große Ganze“ der deutsch-ungarischen Beziehungen sprachen auf dem diesjährigen DUIHK-Jahresauftakt der deutsche Botschafter und der stellvertretende ungarische Außenminister.
Die enge und freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Kammer und der Botschaft habe sich vor allem während der Corona-Krise sehr bewährt, sagte Deutschlands Botschafter in Ungarn, Johannes Haindl: „Schon während der ersten Pandemie-Welle im Frühjahr setzte ein Mechanismus ein, bei dem jedes Zahnrad unserer beiden Institutionen ineinandergriff“.
Haindl würdigte den Umfang und die Intensität der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen, was sich unter anderem in der aktiven Investitionstätigkeit deutscher Firmen im Land zeige. Allerdings brauche dieses Engagement auch Vertrauen der Investoren in die Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen und die Rechtssicherheit. „Hier ist es in letzter Zeit in einzelnen Bereichen zu teilweise nicht ganz einfachen Diskussionen gekommen“, sagte Haindl.
Vielen der über 150 Gäste fielen bei diesen Worten sicher spontan einige Firmen oder gar Branchen ein, die in der jüngeren Vergangenheit Gegenstand solcher Diskussionen waren. Folgerichtig mahnte der Botschaft ein „Fair play“ an, aber als erfahrener Diplomat betonte er natürlich auch die Überzeugung, dass gelegentliche Probleme auch gelöst werden können. Entscheidend seien gemeinsame, konstruktive und partnerschaftliche Lösungen. „So wie wir es schon immer geschafft haben in unserer traditionell sehr vertrauensvollen bilateralen Zusammenarbeit, nicht nur im Bereich Wirtschaft.“
Europäische Werte
Neben den bilateralen Beziehungen ging der Botschafter auch auf die europäischen Rahmenbedingungen ein, und ließ dabei nicht einmal das heikle Thema der gemeinsamen Wertebasis in der Gemeinschaft aus. Das Grundprinzip einer offenen, freien und pluralistischen Gesellschaft sei von fundamentaler Bedeutung und ziehe sich „wie ein roter Faden durch die deutsche und europäische Politik und damit auch die Wirtschaftspolitik“.
Zu aktuellen Kontroversen in der EU sagte der Botschafter, dass es darin im Grunde um das Spannungsverhältnis zwischen dem Souveränitätsanspruch nationaler Politik und gemeinsamen europapolitischen Erfordernissen gehe.
Die Rechtsstaatsdebatte erwähnte er nicht explizit, aber nach seiner Einschätzung sei es während der deutschen Ratspräsidentschaft 2020 gelungen, einen Mechanismus zu finden, der den Einsatz von EU-Mitteln mit der Einhaltung rechtsstaatlicher Standards verknüpfe, was die Verabschiedung des nächsten EU-Haushalts und den Aufbaufonds „Next Generation EU“ ermöglicht habe.
Anker für Ungarn
Levente Magyar, stellvertretender Außenminister Ungarns, sprach zwar vor dem deutschen Botschafter, doch auch er ging auf ganz ähnliche Themen ein. Er würdigte das große Engagement deutscher Unternehmen in Ungarn und fügte grundsätzlich hinzu: „Natürlich streben wir auch auf politischer Ebene nach bestmöglich ausgeglichenen Beziehungen mit Deutschland. Egal, wie das Wahljahr 2021 dort ausgeht, und wie die ungarischen innenpolitischen Entwicklungen verlaufen: Für uns sind enge Beziehungen zu Deutschland in allen Bereichen, wo wir gemeinsame Interessen finden, ein Anker, sowohl im außenpolitischem Sinne, als auch im außenwirtschaftlichen.“
Zur ungarischen Wirtschaft äußerte sich Magyar optimistisch: „Wir neigen manchmal dazu, die Pandemie und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen pessimistischer zu betrachten, als sie es in der Realität sind.“ Die Fundamente der ungarischen Wirtschaft seien heute wesentlich robuster als während der Finanzkrise 2009-2010. Dies sei, neben den „weisen Entscheidungen der Regierung“, auch der Tatsache zu verdanken, dass deutsche Firmen in den darauffolgenden Jahren in Ungarn sehr aktiv gewesen seien. Seit 2014, dem Jahr, als das Außenministerium auch außenwirtschaftliche Aufgaben wahrzunehmen begann, hätten deutsche Unternehmen 134 Großinvestitionen im Gesamtvolumen von rund 7 Mrd. Euro getätigt. Selbst während der Pandemie haben etwa 100 deutsche Unternehmen mit der Unterstützung der ungarischen Regierung fast 400 Mio. Euro in Ungarn investiert.
Dies zeige, so Magyar, „unsere feste Absicht, weiter die Akteure der ungarischen Wirtschaft zu unterstützen, um aus der schwierigen Zeit 2020/2021 gestärkt hervorzugehen. Wir zählen auf Sie, und Sie können weiter auf uns zählen.“