BYD-Automobilwerk
Status als europäische Großmacht
Es ging bei den Verhandlungen um den Stand der Vorbereitungen für die Großinvestition von BYD in Szeged, das erste Automobilwerk für Elektroautos der Chinesen in Europa. Es handelt sich dem Vernehmen nach um eine der größten Investitionen in Ungarns Wirtschaftsgeschichte. Der Ministerpräsident sprach von der wirtschaftspolitischen Bedeutung des Projekts, das den Bewohnern von Szeged eine neue Lebensqualität bringen soll. Dazu sorgt der Staat für einen intensiven Ausbau bzw. eine Modernisierung der Infrastruktur. Ungarn sei bereits seit Jahren die erste Adresse für chinesische Investitionen in der Region Mittelosteuropa, betonte Orbán. Seine Politik sei berechenbar und basiere auf gegenseitigem Respekt.

Garantie für langfristige Dynamisierung
Außenwirtschaftsminister Péter Szijjártó hob noch am Freitag bei einer Veranstaltung in der Puskás-Arena hervor, BYD helfe Ungarn dabei, „zum ersten Mal seit langem das Tempo einer großen globalen technologischen Revolution mitzubestimmen“ und nicht wie gewöhnlich den Ereignissen hinterherzuhecheln. Der Minister sprach noch immer unbestimmt von „mehreren Milliarden Euro und mehreren tausend Arbeitsplätzen“, die in Szeged investiert und geschaffen werden.

Er wiederholte die politische These, wonach die Elektromobilität die europäische Wirtschaft in den nächsten Jahrzehnten maßgeblich bestimmen wird. Das BYD-Projekt biete eine langfristige Garantie für die Dynamisierung des ungarischen Wirtschaftswachstums. Ungarn habe mit seiner Politik der Ostöffnung frühzeitig, aber vor allem rechtzeitig erkannt, dass der Osten den Westen nicht nur einholen, sondern in gewissen Belangen sogar überholen wird. Für ihn sei die Großinvestition deshalb ein Erfolg, „denn was die Leute auch reden, tobt doch ein unglaublicher Wettbewerb in Europa um die Chinesen, deren ultramoderne Projekte die höchsten technologischen Standards implementieren und zigtausende Arbeitsplätze schaffen“.
Status als europäische Großmacht
BYD errichtet das fünfte Automobilwerk in Ungarn, was „den Status des Landes als europäische Großmacht im Automobilbau untermauert“, betonte Szijjártó. Die 1995 gegründete BYD konnte 2023 erstmals mehr als 3 Mio. Fahrzeuge mit Elektroantrieb ausliefern. Das Topmanagement unter Leitung des Firmengründers und CEO Wang Chuanfu besuchte Ungarn am Wochenende zum ersten Mal persönlich. Der Präsident von BYD Europe, Michael Shu, sprach von 19 europäischen Landesmärkten, auf denen die Marke mittlerweile präsent ist. In Ungarn wurden die ersten Händlerverträge im Oktober mit Duna Autó und Wallis Motor geschlossen, im Januar kam Schiller Autó als dritter Partner hinzu.
Wie ich hier schon mehrfach ausführlich dargestellt habe, scheinen die Tage der Hype bei Elektrofahrzeugen vorbei zu sein. Mercedes hat gerade ein neues Projekt in China gestoppt. Hier sollte ein neuer Elektrofahrzeugtyp erstmalig nur in China gebaut werden.
Das einzige Land, das unverdrossen daran festhält, ist China, das dafür überwiegend auf neue Kohlekraftwerke setzt (eigentlich ein Widerspruch in sich). Obwohl die schlechten Verkaufszahlen im Ausland bei reinen Elektrofahrzeugen ein Warnzeichen sein sollten und das alles trotz massiver Werbung und Marketing.
Doch jetzt deuten sich auch erhebliche Probleme in der Solarindustrie an.
Während die europäische Industrie schon lange aufgrund der subventionierten chinesischen Billigimporte leidet und ein Werk nach dem anderen schließen muss, aber gleichzeitig verzweifelt nach staatlichen Subventionen gerufen wird, hatte man aus China bisher nichts Entsprechendes gehört. Doch das scheint jetzt vorbei zu sein.
Jetzt spitzt sich auch in China die Lage immer weiter zu. Produktionskürzungen und Insolvenzen belasten die Hersteller und der ruinöse Preiskampf der vergangenen Monate macht sich auch bei den Marktführern bemerkbar.
Die wichtigsten Photovoltaikproduzenten sitzen allesamt in China. Auf Platz eins ist aktuell Jinko Solar, dicht gefolgt von Longi, Trina Solar, JA Solar und Canadian Solar. Bis auf JA Solar sind alle an der Börse gelistet, und die Aktienkurse der Branchengrößen kannten in den vergangenen Monaten nur eine Richtung: nach unten. Im dritten Quartal 2023 brach der Nettogewinn dieses Solarkonzerns um fast 50 Prozent ein.
Während in Europa Hersteller aufgeben oder in die USA abwandern, weil dort hohe staatliche Subventionen fließen, ist über die Krise in der chinesischen Solarindustrie bisher nur wenig bekannt gewesen.
Obwohl die sinkenden Preise nicht nur europäische Solarhersteller in Bedrängnis bringen, sondern mittlerweile auch den eigenen chinesischen Markt hart treffen, subventioniert die chinesische Regierung die heimische Industrie mit Milliarden. Die Solarenergie ist neben Windkraft, E-Autos und Batterien eine von Peking selbst auserkorene Schlüsselbranche.
Laut einer Analyse von Wood Mackenzie hat die Regierung unter Xi Jinping „allein“ im vergangenen Jahr 130 Milliarden US-Dollar in den Ausbau der PV-Industrie (!!) investiert. Die Subventionen haben die chinesischen Produktionskapazitäten weit über das hinaus gesteigert, was der Markt an Nachfrage eigentlich hergibt. In der Folge überschwemmen chinesische Hersteller Europa mit Billigmodulen. Und schaden damit mittlerweile auch sich selbst.
Ein Déjà-vu? Jedenfalls hat man ähnliches bereits vor längerer Zeit auf dem chinesischen Immobilienmarkt beobachtet. Damals wurden auch das Angebot und die Nachfrage außer Kraft gesetzt oder durch Subventionen bis zur Unkenntlichkeit verzerrt, weshalb das Land sich heute in einer tiefen Krise befindet.
Doch zentral gesteuerte Wirtschaften brauchen eben länger, bevor sie Marktereignisse erkennen und darauf reagieren können, auch weil hier staatliche Subventionen mindestens genauso wichtig sind wie Gewinn und Umsatz.