Limonaden aus Ungarn für Ungarn
Erfrischende Alternativen
„Ne igyál annyit, mert béka nő a hasadban!”, zu Deutsch: Trink nicht so viel, sonst wächst ein Frosch in deinem Bauch!”. Diesen Spruch kennt in Ungarn jedes Kind. Wer vor einer Mahlzeit zu viel Süßes trinkt, dem bleibt nachher nicht mehr viel Platz im Magen, so die Botschaft des Sprichworts. In Anspielung darauf haben Martin Neumann und Edit Neumann-Bódi ihre neue Limonadenmarke „Békanő” genannt, was wörtlich übersetzt „Froschfrau“ heißt.
Bevor Békanő in den Startlöchern stand, hatte das Unternehmerpaar bereits 2015 die Cola Tikkadt Szöcske entwickelt, die bisher einzige ungarische Cola, die sich erfolgreich auf dem Markt durchsetzen konnte. „Im nächsten Schritt wollten meine Frau und ich weitere Produkte entwickeln, um so eine vielfältige, ungarische Produktfamilie als Alternative zu herkömmlichen Limonaden zu schaffen“, so Neumann.
Etwas Außergewöhnliches musste her
Seit Mai kommt die Békanő in der Geschmacksrichtung Lavendel daher, und seit Juli auch mit Gurkenaroma. Weil die Limonaden ausgesprochen ungarisch schmecken sollen, entschied sich das Unternehmerpaar gegen klassische Geschmacksrichtungen wie Orange und Zitrone. Aber wer denkt bei Lavendel oder Gurke direkt an die ungarische Gastronomie? „Klar, die typischen Geschmäcker für süße Getränke in Ungarn sind beispielsweise Holunder oder Sauerkirsche. Wir wollten aber eben noch mal etwas Außergewöhnlicheres entwickeln – und eine Gurkenlimonade gab es bis dahin überhaupt noch nicht“, entgegnet Martin Neumann.

Angesprochen auf die Vielzahl der in den vergangenen Jahren in Deutschland auf den Markt gekommenen kreative, hippe Limonaden – darunter beispielsweise Lemonaid, fritz-limo, Proviant und etliche mehr – zeigt sich Neumann skeptisch. Er glaubt: „Auch in Deutschland können sich letztendlich nur wenige Marken wirklich durchsetzen und langfristig ankommen. In Ungarn ist außerdem die Kaufkraft vergleichsweise niedrig. Bei Craft Beer beispielsweise sieht es schon anders aus, da versuchen die Hersteller, auch außerhalb Ungarns zu verkaufen, weil die Nachfrage hier schlichtweg gering ist.“
Fokus auf den ungarischen Markt
Békanő soll zunächst nicht im Ausland erhältlich sein. Überhaupt versuchen Martin Neumann und Edit Neumann-Bódi vorerst, die Limonaden lieber ungarnweit zu vertreiben. Bisher gibt es sie nämlich nur in und um Budapest zu kaufen, sie werden per eigenem Auslieferer an die Standorte gebracht.
„Die Lavendel-Limo gab es nun erstmals landesweit bei Lidl als Spezialangebot. Im nächsten Jahr sind weitere Aktionen mit dem Discounter geplant und darüber hinaus verhandeln wir auch mit anderen Ketten, die die Limos fest in ihr Sortiment aufnehmen wollen“, so Neumann. Die kleinen Flaschen von Békanő sind erst bei einigen CBAs sowie bei Manna- und den Roni ABCs in Budapest erhältlich. „Die Größten davon beliefern wir schon mit unserer Cola und fangen an, dort auch die Limonaden zu vertreiben“, erzählt der Getränkeunternehmer.

Eine Verbreitung im Ausland hält Neumann wegen des Namens zwar für unwahrscheinlich, möchte sie aber nicht ausschließen: „Wenn Anfragen kommen, dann liefern wir natürlich gerne. Wir haben die Produkte aber in erster Linie für Ungarn entwickelt. Wir hatten auch überlegt, den Namen ins Englische zu übersetzen, damit wir die Produkte im Ausland einfacher vertreiben können – aber das wollten wir dann eben auch wieder nicht, die Namen sind schließlich Teil des Wiedererkennungswertes.“
Qualität vor Quantität
Ein weiterer Unterschied – im Vergleich zu Produkten in Deutschland – sind die Behältnisse, in die abgefüllt wird. In Limonaden-Hochburgen wie Hamburg und Co. werden hochwertige Limonaden in Glasflaschen abgefüllt. Damit soll dem Kunden unterbewusst das Gefühl vermittelt werden, das Produkt sei hochwertiger und nachhaltig. Statt Glasflaschen verwendet das ungarische Unternehmerpaar jedoch vorrangig PET-Flaschen, einzig die Cola und die Lavendel-Limo sind bisher auch in Glasflaschen erhältlich. „Die Preise für Glasflaschen sind gestiegen – wenn wir sie abfüllen, macht allein die Flasche schon über die Hälfte des Produktpreises aus, bei Mehrwegflaschen sogar noch etwas mehr. Deshalb könnten wir die Produkte nur sehr teuer anbieten und im Gegensatz zu den großen Getränkeherstellern, wie Coca Cola und Pepsi, erlauben es unsere Kapazitäten nicht, die Flaschen wiederzuverwenden.“
Ein halber Liter Lavendel-Békanő kostet derzeit rund 250 Forint und bewegt sich damit im preislichen Durchschnitt für ähnliche Getränke in gleicher Menge.
Den Unterschied zu anderen Limonaden in Ungarns Regalen – obgleich es noch nicht sehr viele Alternativen gibt – sieht Neumann eindeutig in der Qualität: „Die Marken, die es gibt, setzen auf große Mengen und billige Grundstoffe. Wir hingegen verfolgen eine Strategie in Richtung Premium-Produkt, insbesondere hinsichtlich der Inhaltsstoffe. Und im Gegensatz zu den namhaften Cola- und Limonadenherstellern sind wir eben eine unverkennbar ungarische Marke.“
Ausgefallene und doch vertraute Geschmäcker
Sprechen Limonaden mit neuen und extravaganten Geschmacksrichtungen Konsumenten überhaupt an – oder lassen die Ungarn lieber die Finger davon? Laut Neumann kämen sowohl die Cola als auch die Limonaden von alleine gut an, eine spezielle Marketingstrategie sei nicht nötig: „Wir könnten natürlich mit Werbung mehr Leute erreichen. Wenn wir das aber landesweit machen, besteht das Problem, dass wir ja noch nicht landesweit erhältlich sind. Das müsste also regional geschehen. Stattdessen machen wir das so nach dem Guerilla-Prinzip: Wir haben Partner, die die Produkte toll finden und verkaufen möchten, die machen dann Werbung dafür, zum Beispiel durch Plakate und Produktausstellungen.“
Um die landestypischen Aromen und damit das Alleinstellungsmerkmal von Békanő weiter zu verfolgen, planen Martin Neumann und seine Frau schon eine ganz besondere ungarische Limonade: eine mit Paprikageschmack! „Wir haben die Rezepte sogar schon fertig entwickelt, überlegen aber gerade noch, ob wir für diese Geschmacksrichtung auch eine eigene Marke brauchen“, verrät Martin Neumann. Und noch ein weiteres Detail enthüllt das Paar: Wie auch beim klassischen Paprikapulver, das aus der ungarischen Küche nicht wegzudenken ist, soll es die Limonade in den Sorten scharf und mild geben.