Jeder gilt in Ungarn automatisch als Organspender, sofern er nicht zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen hat. Foto: BZ / Jan Mainka

Wissenswertes für Ungarn-Residenten

Patientenverfügung und Organspende

In Ungarn gelten bei der Patientenverfügung und der Organspende spezifische rechtliche Vorgaben, die sich unter anderem von den deutschen Regelungen deutlich unterscheiden.
22. September 2024 16:00

Eine Patientenverfügung ist ein Dokument, in dem festgelegt wird, welche medizinischen Maßnahmen im Falle der Entscheidungsunfähigkeit gewünscht oder abgelehnt werden. In Ungarn ist diese Form der Vorsorge nur unter bestimmten Voraussetzungen rechtlich bindend und erst seit 2021 gesetzlich geregelt. Es ist dabei von zentraler Bedeutung, dass die Verfügung den gesetzlichen und formellen Anforderungen entspricht.

Notarielle Beurkundung unerlässlich

Während in Deutschland die Patientenverfügung häufig formlos verfasst werden kann, ist in Ungarn eine notarielle Beurkundung unerlässlich. Diese notarielle Beurkundung gibt der Verfügung ihre Rechtsverbindlichkeit, weshalb eine ungarische Patientenverfügung nicht einfach mit einem deutschen Dokument gleichgesetzt werden kann. Um sicherzustellen, dass die Verfügung anerkannt wird, sollte man also unbedingt den Gang zu einem ungarischen Notar einplanen.

Darüber hinaus ist es in Ungarn erforderlich, regelmäßig zu überprüfen, ob die getroffenen Entscheidungen noch aktuell sind. Eine Patientenverfügung kann jederzeit geändert oder widerrufen werden, jedoch sollte dies ebenfalls notariell festgehalten werden, um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden.

Organspende: Unterschiedliche Regelungen in Ungarn

Die Regelungen zur Organspende weichen in Ungarn sogar sehr stark von den in Deutschland bekannten Vorgaben ab. Ungarn arbeitet nach dem Prinzip der „Widerspruchslösung“. Das bedeutet, dass jede Person automatisch als Organspender gilt, es sei denn, sie hat zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen. Wer also in Ungarn kein Organspender sein möchte, muss dies schriftlich dokumentieren und in einem nationalen Register vermerken lassen. Nach dem Tod des Betreffenden besteht auch für Angehörige keine Möglichkeit mehr, einer Organentnahme zu widersprechen.

Dieses System unterscheidet sich elementar von den in Deutschland geltenden Zustimmungsregelungen, bei denen eine Organspende nur mit vorheriger ausdrücklicher Zustimmung des Verstorbenen oder der Angehörigen erfolgen darf. Es ist daher von enormer Bedeutung, sich bewusst mit der Entscheidung zur Organspende auseinanderzusetzen und diese klar zu dokumentieren, um Missverständnisse und Fehlentscheidungen zu vermeiden.

Das ungarische Transplantationsgesetz sieht vor, dass das Fehlen eines schriftlichen Widerspruchs automatisch als Einwilligung zur Organspende gewertet wird. Dies kann im Zweifel von den Angehörigen nur schwer revidiert werden. Gerade in Fällen, in denen die familiären Beziehungen über Grenzen hinweg bestehen, ist es ratsam, klare Anweisungen für diese wichtigen Themen zu hinterlassen und diese in regelmäßigen Abständen zu aktualisieren und zu kommunizieren.

Fazit: Vorsorge schafft Klarheit und schützt Angehörige

Patientenverfügung und Organspende sind sensible Themen, die jedoch im Notfall von großer Bedeutung werden können. Man sollte sich daher frühzeitig über die rechtlichen Unterschiede informieren und die notwendigen Dokumente aufsetzen lassen. Die notarielle Beurkundung und regelmäßige Aktualisierung sind hierbei entscheidende Schritte, um sicherzustellen, dass der eigene Wille im Ernstfall respektiert wird. Eine professionelle Beratung bei einem ungarischen Notar ist unerlässlich, um rechtliche Fallstricke zu vermeiden und die eigene Entscheidungsfreiheit zu sichern.

Der Autor ist Geschäftsführer der Firma VerMaKom (vermakom.de), die sich in Ungarn mit der Notfallplanung und Nachlassverwaltung speziell für deutschsprachige Auswanderer beschäftigt.

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