So reagierte die Gruppe Wolf Schweiz vorige Woche auf die traurigen Nachrichten aus Ungarn. Foto: Sozialmedien/ Gruppe Wolf Schweiz

Drama um Wolf M237

Nun sind die Jäger im Visier

Nachdem die Wanderung des mit einem Peilsender ausgestatteten Jungwolfs M237 tragisch endete, wollen mindestens 50.000 Ungarn den Täter im Knast sehen.

Der Anteil der Jäger an der Bevölkerung liegt in Ungarn nicht viel höher als in der Schweiz oder Deutschland. Sie sind in einer Kammer organisiert, die wegen des Skandals um den Abschuss des Wolfs M237 massivem öffentlichen Druck ausgesetzt ist. Der Täter, ein gewisser György N., wird von Naturfreunden in den Sozialmedien mit vollem Namen, Fotos und Adresse bloßgestellt.

Die Haftstrafe anzutreten wäre wohl besser

Mittlerweile an die 50.000 Ungarn fordern mit ihrer Unterschrift unter eine in den Foren kursierende Petition, den Mann ohne Bewährung einzusperren. Dabei wird gemunkelt, der Besitzer großer Ländereien in Nordungarn, im Grenzgebiet zur Slowakei, wo der tödliche Schuss auf den Rekordwanderer unter den Wölfen abgegeben wurde, könnte seine Beziehungen spielen lassen, um ohne Gefängnis davonzukommen. Angeblich soll er auch mit Generalstaatsanwalt Péter Polt jagen gehen, einen guten Anwalt besitzen und natürlich auch bei den Richtern bestens vernetzt sein. Manche schreiben verbittert, für den Mann wäre es wahrscheinlich das Beste, eine Haftstrafe anzutreten, denn die radikalen Naturschützer könnten nicht für sein leibliches Wohlbefinden garantieren.

Staatssekretär auf der Seite „des Volkes“

Die Landeskammer der Jäger (OMVK) zeigte sich erschüttert über die Informationen, wonach ein Jäger den mit einem Peilsender ausgestatteten, geschützten Wolf abgeschossen habe. Im Namen von 70.000 Mitgliedern verurteilte die OMVK diese Straftat und betonte, man trete konsequent gegen alle Formen rechtswidriger Handlungen auf, mit denen die Natur geschädigt wird. Auch der das Büro des Ministerpräsidenten leitende Staatssekretär János Nagy fordert eine zu vollstreckende Haftstrafe für den Täter. Dieses strenge Strafmaß (also keine auf Bewährung ausgesetzte Strafe) brauche es, um ähnliche Fälle für die Zukunft auszuschließen. „Ich vertraue darauf, dass Ermittler und Justiz alles tun werden, um diese unglückliche Geschichte zu untersuchen und diese eklatante Zerstörung von Werten der Natur streng zu bestrafen“, schrieb der Staatssekretär in den Sozialmedien. Aus dem Oppositionslager erinnerte zuerst die grün-alternative LMP an die lächerlich veralteten Bestimmungen zum Artenschutz. Der ideelle Wert eines Grauen Wolfs wurde 2001 mit 250.000 Forint bestimmt, was heute nur noch 665 Euro entspricht. Einen Weißstorch setzt das Tierschutzgesetz seither im Wert auf 100.000 Forint an.

Unbedingt ein Selfie mit dem Wolf

Angeblich soll der vermeintliche Täter vor Jagdkollegen angegeben haben, er hätte einen „großen Hund“ geschossen. Im Internet kursiert nun eine unglaublich anmutende Erklärung, die der Mann angeblich bei seiner polizeilichen Vernehmung zu Protokoll gegeben habe. (Mit Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen nimmt die Polizei zu all diesen Gerüchten naturgemäß nicht Stellung.) Der Hobby-Jäger behauptet darin, er sei einem „Hund“ begegnet, der sich aus der Hand füttern ließ und verletzt schien. Er habe ihm sein Halsband abgenommen, um es Tierschützern als Beleg zu zeigen, mit welchen Methoden Besitzer ihre Hunde quälen. Plötzlich aber sei der Hund (nun also ohne Halsband mit Peilsender) weggelaufen. Aber wie gelangte das Halsband in den Grenzfluss Hernád? Dazu erklärte der Jäger, er habe es im Fluss säubern wollen, jedoch das Gleichgewicht verloren, woraufhin es ihm aus der Hand rutschte und verlorenging. Die bizarre Erklärung wird durch den Satz gekrönt: „Hätte ich gewusst, dass es sich um einen streng geschützten Wolf handelt, so hätte ich unbedingt ein Selfie mit ihm geschossen!“

Zurück zu den Fakten: Der Schweizer Wolf M237 legte wohl mehr als 2.000 km zurück, ehe er in Ungarns Nordosten einen tragischen Tod fand. Den Peilsender fanden Spezialtaucher im Grenzfluss Hernád, nachdem sich das Tier laut der „Gruppe Wolf Schweiz“ zuletzt mit Geschwindigkeiten um 90-100 km/h „fortbewegte“, wahrscheinlich bereits tot auf der Pritsche eines Geländewagens.

2 Antworten auf “Nun sind die Jäger im Visier

  1. Nun ja. Welche Strafe erhielt nochmal der Gastjäger, der einen Mann in seinem Garten erschossen hatte?
    Aufgrund welcher gesetzlichen Grundlage möchte Staatssekretär János Nagy den Jäger, der einen Wolf erschossen hat, dann zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilen?
    Da Gesetze von Orbans Regierung erarbeitet und von der Fidesz-Mehrheit im Parlament erlassen werden, müsste Nagy hier doch Auskunft geben können.

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