Glosse: Eindrücke eines Neu-Ungarn, Teil 41
Mehr als nur ein klassisches Feuerwerk
Natürlich finden die meisten und größten Festveranstaltungen in Budapest statt. In diesem Jahr an zwölf ausgewählten Orten in der fahnengeschmückten Metropole. Nach dem offiziellen Teil mit Fahnenhissung vor dem Parlament, Heiliger Messe in der Szent-István-Bazilika und einer Prozession mit der Hlg. Rechten des Staatsgründers, gibt es für alle Altersgruppen etwas anzuschauen oder auch mitzumachen. Man kann auf der Budaer Burg einen großen Handwerkermarkt besuchen, oder ein schönes Kinderfest in der Burg Vajdahunyad im Stadtwäldchen.
Da gerade meine Tochter mit Mann und ihren beiden Kindern aus Paris zu Besuch war, entschlossen wir uns spontan, nach Budapest zu fahren, vor allem um dort das grandiose Feuerwerk zu erleben. Wie man sagt, sei es das größte in Europa. Zwischen Elisabeth- und Magareten-Brücke wird u.a. von Pontons und Booten ein gigantisches 30-minütiges Feuerwerk abgebrannt.
Wir platzierten uns reichlich vorher am Batthyány tér, wo schon Tausende von Besuchern warteten. Als das Spektakel endlich pünktlich um 21 Uhr losging, wurden unsere Erwartungen nicht enttäuscht: Wir erlebten eine wahrhaft imposante Darbietung, die weit über ein klassisches Feuerwerk hinausging.
So wurden über eine farbenprächtige Laser-Illuminierung wichtige Gebäude am Donau-Ufer integriert. Es gab passende Musik und einen Erzähler, der zwischen den pyrotechnischen Vorführungen in patriotischen Erinnerungen schwelgte. Als neuartiges Element gab es Formationsflüge von rund 600 Drohnen.
Sie bildeten u.a. die Krone des ersten ungarischen Königs, aus dem sich schließlich wie aus Zauberhand ein gewaltiges dreidimensionales Kreuz formte, das zu den Klängen der Nationalhymne über der Donau schwebte. Dabei hörte man förmlich die rund 700.000 Zuschauer in patriotischer Andacht schweigen.
Meine Tochter, die solch große Festivitäten aus Frankreich natürlich auch kennt, war ziemlich überrascht, bei dieser Großveranstaltung nirgendwo Betonpoller oder Lkw-Barrieren gegen befürchtete Anschläge zu sehen. Ebenso wunderte sie sich über die vergleichsweise geringe Anzahl von Polizisten.
Ich erklärte ihr, dass man in Ungarn eben keine Angst vor Messerattacken oder islamistischem Terror haben muss. Und richtig: Erwartungsgemäß verlief der Abend trotz gewaltiger Menschenmassen völlig friedlich, ohne jegliche Pöbeleien oder gar Schlägereien.
Nach Feuerwerk und Hymne strebten die Zuschauer ruhig und friedlich nach Hause. Am Rande eines Beetes stehend, fiel uns zudem auf, wie jeder tunlichst vermied, diese zu betreten oder gar zu beschädigen. In Anbetracht der Massen überraschte auch, wie wenig Müll zurückblieb.
Da wir wegen der vielen interessierten Fahrgäste sicher noch lange bis runter zur Metro an der Station Batthyány tér gebraucht hätten und der Abend schön lau war, entschlossen wir uns, zu Fuß zum Westbahnhof zu laufen, wo unser Auto stand. Inmitten zigtausender zufriedener und vom Feuerwerk noch sichtlich enthusiasmierter Menschen schlenderten wir am Donauufer entlang und dann über die Margaretenbrücke mit ihrem einzigartigen Blick auf das Parlament.
Und während wir inmitten all der friedlichen Menschen spazierten, reifte in uns ein Entschluss: „Im nächsten Jahr am 20. August kommen wir wieder!“
Der Autor ist Diplom-Physiker, machte dann aber die Musik und die Liebe zur Sprache zu seinem Beruf und wurde Kabarettist. In den vergangenen 40 Jahren stand er mehr als 6.000 Mal auf der Bühne und war in zahlreichen Fernsehsendungen zu Gast. Nebenbei schrieb er sechs Bücher. Seit 2020 lebt er mit seiner Frau in der Nähe des Balaton. Mehr zu Detlev Schönauer finden Sie in diesem BZ-Interview.
Was ich nicht verstehe, Herr Schönauer, warum Ihre Tochte mit ihrem Mann noch nicht in Ungarn lebt….