Glosse: Gedanken eines Neu-Ungarn
Es geht auch ohne Steuerhinterziehung!
Doch wie sieht die Realität aus? Ich schreibe regelmäßig Glossen für die Budapester Zeitung, spiele in einem Orchester, produziere Kabarett-Videos und stehe neuerdings sogar wieder als Kabarettist auf der Bühne, hier in Ungarn, aber nur ab und zu.
Es ist fast wie früher. Nur mit einem viel offeneren Publikum, als ich es heute in Deutschland hätte. Dort muss man ja als kritischer Kabarettist neuerdings immer damit rechnen, gesellschaftlich geächtet zu werden, wenn man mal an den Leitplanken des immer enger werdenden Meinungskorridors kratzt.
Sinn und Zweck des Kabaretts
Dabei war die Kritik an der Politik oder das Hinterfragen der Mainstream-Meinung einmal Sinn und Zweck des Kabaretts! Aber das ist vorbei… Viele ernsthafte Kabarettisten in Deutschland merken heute, dass das Publikum bei immer mehr Pointen ängstlich überlegt, ob es noch lachen darf oder besser nicht mehr.
Hier in Ungarn vor deutschen Auswanderern auf der Bühne zu stehen, ist für mich fast wie früher: Unter all den „Rassisten“, „Rechtspopulisten“ und „Verschwörungstheoretikern“ kommen die Sketche eines anerkannten Schwurblers besonders gut an.
So durfte ich schon einige Kabarettabende erfolgreich moderieren, aber nur in Maßen… Schließlich will ich als Rentner meine Chilling-Pflichten ja auch nicht vernachlässigen. Aber das Schöne an den Auftritten ist: Man verdient sogar ein bisschen Geld. Da stellt sich natürlich sofort die Frage der Besteuerung. Schließlich will man im hohen Alter nicht zum Steuerhinterzieher werden.
Etwas zur ungarischen Steuer
Da dieses Thema durchaus auch für andere Dienstleister wichtig sein kann, egal ob Musiker, Künstler, Handwerker, Altenpfleger oder Haushaltshilfe, hier ein paar Infos von meinem deutschsprachigen Steuerberater. Einen solchen zu finden, ist übrigens der erste Schritt. Er hilft zunächst bei der Beantragung der Steuernummer. Aber Achtung: Das ist nicht die Steuernummer, die man bei der Ummeldung des Autos bekommt.
Gerade für Rentner ist das Verfahren etwas komplizierter, denn sie dürfen weder einen „Kata-Status“ beantragen noch eine „Kft.“ (GmbH) gründen. Sie werden anders behandelt. Ich zum Beispiel bin hier ein sogenannter „Einzelunternehmer“. Ich musste mir aus einem riesigen Katalog meine genaue Tätigkeit aussuchen und betreibe nun eine „darstellende künstlerische Tätigkeit (Prosa)“. Damit bin ich sogar von der Umsatzsteuer befreit, was vieles vereinfacht.
Dann musste ich lernen, wie man Rechnungen richtig stellt – das geht hier in der Regel online über eines der gängigen Portale – oder wie man als Eigenveranstalter die Eintrittsgelder steuerlich behandelt. Dazu musste ich mir die entsprechenden Formulare und einen „Dienststempel“ besorgen. Jeden Monat macht man dann seine Abrechnung beim Steuerberater, der dann am Jahresende die Steuererklärung zusammenstellt.
Übrigens, falls jetzt einige Besserwisser fragen, warum ich erst jetzt eine Steuernummer beantragt habe und steuerpflichtig bin, obwohl ich doch schon seit Jahren Glossen für die Budapester Zeitung schreibe: Nun, ich mache das ohne Honorar! Einfach so, aus Freude am Schreiben! Ja, auch das gibt es noch …
Der Autor ist Diplom-Physiker, machte dann aber die Musik und die Liebe zur Sprache zu seinem Beruf und wurde Kabarettist. In den vergangenen 40 Jahren stand er mehr als 6.000 Mal auf der Bühne und war in zahlreichen Fernsehsendungen zu Gast. Nebenbei schrieb er sechs Bücher. Seit 2020 lebt er mit seiner Frau in der Nähe des Balaton. Mehr zu Detlev Schönauer finden Sie in diesem BZ-Interview.