Handwerker sollten auch in Ungarn nicht nur gute Arbeit leisten, sondern zudem rechnungsfähig sein. Foto: BZ / Jan Mainka

Glosse: Beobachtungen eines Neu-Ungarn

Die Suche nach guten Handwerkern

Immer mehr Deutsche zieht es nach Ungarn, was – in Anbetracht der Zustände in der alten Heimat – kaum ein Wunder ist. Allerdings sehen viele Auswanderer die neue Heimat anfangs gerne durch eine rosarote Brille.
11. Januar 2025 16:12

Man freut sich auf das schöne Land. Darauf, dass die Ungarn so nett und hilfsbereit sind, dass man sich überall frei und sicher fühlt und gut aufgehoben ist. Bald sucht man auch den menschlichen Kontakt zu Gleichgesinnten, so schreibt man sich in den Auswanderer-Gruppen in den sozialen Netzwerken ein oder besucht einen der vielen Deutschen-Stammtische, um sich mit anderen Auswanderern zu vernetzen. Das funktioniert auch recht gut: Auch wir haben richtig gute Freunde gefunden, die uns über viele Anfangsschwierigkeiten hinweggeholfen haben.

Immer gründlich informieren!

Nach einer gewissen Eingewöhnungszeit merkt man aber auch, wo Gefahren lauern. Denn in der ersten Euphorie fällt man leicht auf Verführer herein: Das kann schon der Immobilienmakler oder der Hausverkäufer sein, der einem eine abbruchreife aufgehübschte Hütte zum erhöhten Preis anbietet. In Unkenntnis der üblichen Kosten lässt man sich leicht über den Tisch ziehen. Daher ist es überaus wichtig, sich vorher gründlich zu informieren.

Auch auf Märkten oder in Restaurants, gerade in touristischen Gebieten, kann man auf die Nase fallen, wenn man als Deutscher höhere Preise bezahlt als die Einheimischen. Das zeigt wieder, wie wichtig es ist, die ungarische Sprache zu lernen. Selbst wenn man nie als wasch­echter Ungar durchgeht, allein schon die Befähigung, eine rein ungarische Speisekarte lesen zu können, macht schon Sinn und spart manchmal sogar Geld.

Dabei will ich den Gastronomen nicht unterstellen, dass sie ausländische Gäste ausnehmen, aber vereinzelte schwarze Schafe gibt es durchaus. Das ist wie überall.

Schwarzarbeiter und Glücksritter

Recht bald sieht sich der Auswanderer auch mit dem Problem „Handwerker“ konfrontiert, denn die wirklich kompetenten und zuverlässigen davon haben nie Zeit. Sie sind monatelang ausgebucht, eben weil sie gute Arbeit leisten. Wer nicht warten will, gerät leicht an Pfuscher, die einen für miese Leistung auch noch teuer abzocken. Den in Deutschland üblichen Weg, dann vor Gericht zu ziehen, scheut man in einem Land, dessen Sprache man kaum beherrscht.

Überhaupt sollte man bei aller Art Dienstleistungen auf der Hut sein. Wenn nicht nur Handwerker, sondern auch andere ihre Leistung „ohne Rechnung“ anbieten. Einerseits macht man sich schnell der Komplizenschaft bei Schwarzarbeit schuldig, die in Ungarn strikt geahndet wird. Andererseits hat man im Zweifelsfall keinerlei Möglichkeit, gegen den erlittenen Schaden zu klagen. Besonders gravierend wird es, wenn so ein Schwarzarbeiter auf der Baustelle einen Unfall erleidet.

Selbstverständlich gibt es mehr gute und seriöse Dienstleister, aber man sollte stets darauf achten, dass es sich um eingetragene Firmen handelt, die eine korrekte Rechnung stellen. Generell ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste. Gerade zu Zeiten, wo es immer mehr Deutsche nach Ungarn zieht, wird das von findigen Glücksrittern gerne schamlos ausgenutzt, unter deren Hufe man nicht nur in der weiten Puszta leicht gerät.

Der Autor ist Dip­lom-­Physiker, machte dann aber die Musik und die Liebe zur Sprache zu seinem Beruf und wurde Kabarettist. In den vergangenen 40 Jahren stand er mehr als 6.000 Mal auf der Bühne und war in zahlreichen Fernsehsendungen zu Gast. Nebenbei schrieb er sechs Bücher. Seit 2020 lebt er mit seiner Frau in der Nähe des Balaton. Mehr zu Detlev Schön­auer finden Sie in diesem BZ-Interview.

Ein Gedanke zu “Die Suche nach guten Handwerkern

  1. Unsere Erfahrung aus 3 Jahren an Ungarns Südgrenze: Am meisten muss man sich vor anderen Deutschen in Acht nehmen! Die versuchen auch hier, Einnahmen wie in der Ex-Heimat zu erzielen, und damit haben sie natürlich bei den Einheimischen keine, aber bei den Neulingen große Chancen.

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