Glosse: Beobachtungen eines Neu-Ungarn, Teil 28
Boldog Karácsonyt – Frohe Weihnachten!
Der Kommerz ist natürlich auch in Ungarn schon ab dem Frühherbst zu erkennen, wenn die ersten zu Weihnachtsmännern umverpackten Osterhasen in den Regalen auftauchen.
Süßes vom Baum
Je näher die Feiertage kommen, desto häufiger sieht man kistenweise bunte Bonbons, den sogenannten Szaloncukor. In buntes Glanzpapier verpackte gefüllte Schokoladenbonbons gehören an jeden ungarischen Weihnachtsbaum, der früher im Salon stand – daher der Name. Sie werden dort kunstvoll an die Zweige gehängt. Die ungarischen Kinder entwickeln im Laufe der jungen Jahre eine besondere Fertigkeit, die Süßigkeiten vom Baum zu mausen, ohne das Glanzpapier zu beschädigen. Das bleibt dann leer zurück – als Tarnung.
Man sieht diese Szaloncukor kiloweise auf jedem Weihnachtsmarkt im Land. Wir besuchten gerade den an der Szent István Bazilika in Budapest, der seit Jahren bei europäischen Weihnachtsmarkt-Rankings ganz vorne mit dabei ist. Allerdings waren wir etwas enttäuscht, vor allem nach den pompös und großzügig erleuchteten Weihnachtsmärkten der letzten Jahre. So wird auch hier Energie gespart, der Ukrainekrieg macht sich auch in Ungarn bemerkbar.

Mikulás és Jézuska
Positiv ist mir die Musik aufgefallen. Vielleicht, weil wir nicht viele ungarische Weihnachtslieder kennen. Auf jeden Fall werden wir hier nicht so wie in Deutschland an jedem zweiten Glühweinstand mit „Last Christmas“ genervt – ein Titel, der gerade betagte Senioren schon etwas melancholisch stimmen könnte.
Auch in der personellen Besetzung der Weihnachts-Events gibt es Unterschiede zu Deutschland. Hier ist zwar auch das Christkind (Jézuska) der „Geschenke-Lieferando“, aber es gibt auch einen Weihnachtsmann. Der ungarische Nikolaus heißt Mikulás, der die braven Kinder belohnt, während sich sein Begleiter, der Krampusz, in der Erzieherrolle wohlfühlt.
Was wir in Deutschland gar nicht kennen, ist der Luca Napja, der St.Luzia-Tag, der 13. Dezember. Gerade für Frauen ein wichtiger Tag, da sie dann nicht arbeiten sollen, um die Hühner nicht durch permanentes Stallreinigen beim Legen zu stören. Selbst wenn die meisten Ungarn heute gar keine Hühner mehr haben: Dieser Tag wird gefeiert.
Besonders wichtig ist dieser Tag übrigens für junge Frauen. Die bereiten am 13. genau dreizehn Zettel vor und schreiben auf jeden den Namen eines ihrer Angebeteten. Mann, was für eine Auswahl! Dann ziehen sie bis Weihnachten täglich einen dieser Zettel heraus und werfen ihn weg. Der, der übrig bleibt, ist dann der Auserwählte.
Für jene, die mitrechnen: 13 plus 13 ergibt eigentlich 26, und am 26.12. ist Heiligabend längst vorbei. Aber das ist wohl bewusst so getimt. Wenn sich am zweiten Weihnachtstag der Gewinner als Niete herausstellen sollte, dann kann man ihn am nächsten Tag, dem berühmten „Umtauschtag“, wohl sicher nochmal umtauschen.
Der Autor ist gelernter Diplom-Physiker, machte dann aber die Musik und die Liebe zur Sprache zu seinem Beruf und wurde Kabarettist. In den vergangenen 40 Jahren stand er mehr als 6.000 Mal auf der Bühne und war in zahlreichen Fernsehsendungen zu Gast. Nebenbei schrieb er sechs Bücher. Seit 2020 lebt er mit seiner Frau in der Nähe des Balaton. Mehr zu Detlev Schönauer finden Sie in diesem BZ-Interview.

Hier findet man eine umfassende Darstellung der Vielfalt der schönsten ungarischen Weihnachtsbräuche:
ungarnheute.hu/news/weihnachtsbräuche -in-ungarn-96476
Zu der Bemerkung ” die vornehmlich katholischen Ungarn” muss man die Vielfalt der vorhandenen Religionen und auch der nicht religiös Gebundene ergänzend sehen.:
römisch – katolische :37,1 % , reformiert und andere Protestanten: 13,8%, Atheisten: 18,2%,
griechischkathatolisch: 1,8%, andere Religionen:1,9%, nicht religiös gebunden: 27.2 %
Zu den Luca Napja, diesen äußerst interessanten und vielfältigen Fest kann man unter diesem Begriff ausführlich im Netz nachlesnen!