WM-Qualifikation im Fußball
Drei Treffer, und doch keine drei Punkte
Die ungarische Fußball-Nationalmannschaft hatte die Gäste zum Auftakt der WM-Qualifikation mit einer großartigen Botschaft in zwei Sprachen empfangen: „100 Jahre Fußball – 1000 Jahre Freundschaft“. Neben der beinahe schon legendären Freundschaft der beiden Völker wurde damit auf das erste offizielle Länderspiel aus dem Jahre 1921 verwiesen.
Erstes Tor der WM-Qualifikation nach sechs Minuten
Den 1:0-Sieg von damals hätten die Ungarn zu gerne wiederholt, also legten sie so richtig los: Fiola eroberte den Ball vor dem eigenen Strafraum und schlug einen Steilpass tief hinter die weit aufgerückte polnische Abwehr, Sallai gewann das Sprintduell und schoss ins kurze Eck ein. Da waren gerade mal sechs Minuten gespielt.
Die Polen um Superstar Lewandowski behaupteten zwar den Ball, wie er das von Bayern München gewohnt sein mag, gefährlich wurden sie aber kein einziges Mal. So hieß es zur Pause durchaus verdient 1:0.
Die 2. Halbzeit begann wie der erste Durchgang, mit einem schnellen Tor für Ungarn. Kapitän Szalai konnte einen abgestaubten Ball über Torhüter Szczesny heben – es war sein erstes Länderspieltor seit November 2019! Damals hatte der Stürmer gegen Uruguay getroffen und damit den ersten ungarischen Treffer in der neuen Puskás-Arena markiert.

Zwei Tore in 54 Sekunden
Die Polen reagierten mit einem Dreifach-Wechsel. Nach einer Stunde Planlosigkeit benötigten sie sage und schreibe 54 Sekunden, um den Rückstand vergessen zu machen. Piatek und Józwiak bedankten sich im Handumdrehen für das Vertrauen des Trainers; erst legte Józwiak mit Flanke vor, dann traf er selbst. Das ging so schnell, dass die Kamera-Regie gar nicht mitbekam, wie die Gastgeber nach dem Anstoß den Ball verspielten.
Ungarn schien verloren; die Polen zogen nun ihr Spiel auf und demonstrierten, warum ihr Spielerstamm bald das Fünffache der Rossi-Truppe wert ist. (Wobei die Hyperinflation im Sport auch die ungarischen „Talente“ beschenkt: Die Nationalelf soll mittlerweile einen Marktwert von 60 Mio. Euro verkörpern.)
Halb polnisch und echt polnisch
Kampfgeist kann durchaus auch Berge versetzen. Szalai erstritt sich einen Ball an der Torauslinie, schlug von dort eine Flanke quer durch den Strafraum, wo am anderen Ende Verteidiger Orbán auftauchte und zur erneuten Führung für Ungarn einschob. Wussten Sie übrigens, dass der Spieler des RB Leipzig (der kurz nach der Wende in Kaiserslautern geborene Sohn eines Ungarn und einer Polin) zunächst für die deutsche U21 auflief, bevor er sich für Ungarns Nationalmannschaft entschied?
Auf dieses „halb-polnische“ Tor folgte leider noch ein echt polnisches: Der den deutschen Fußballfans mindestens genauso gut bekannte Lewandowski stand plötzlich mutterseelenallein mit dem Ball in nächster Nähe zum Elfmeterpunkt, legte sich noch in aller Ruhe vor und hämmerte das Leder dann unhaltbar für Gulácsi (Sie wissen schon, den Keeper vom RB Leipzig) ins Dreiangel. Am Ende gabs ein gerechtes Unentschieden „unter Freunden“. Die hatten sich in ihrem Drang zum Siegen so heftig beharkt, dass es über die 90 Minuten ein halbes Dutzend Gelbe und sogar eine Gelb-Rote Karte hagelte.
Ein Unentschieden gegen Polen hätte Nationaltrainer Rossi vor dem Anpfiff sicher unterschrieben, nach dem Spielverlauf aber durfte er hadern, dass nicht alle drei Punkte in Budapest blieben. Von der Punkteteilung der Hauptrivalen profitiert natürlich Gruppenfavorit England (5:0 gegen San Marino). Für die Ungarn folgen nun zwei Gastspiele, am Sonntag in San Marino, am Mittwoch in Andorra.