Ungarn
Roland Sallai gelang ein echtes Traumtor. Foto: MTI/ Tamás Kovács

EM-Qualifikation

Doppelpack gegen Serbien

Ungarns Nationalelf hat auch das Rückspiel gegen Serbien mit 2:1 gewonnen. Die EM-Endrunde ist nun zum Greifen nah.
15. Oktober 2023 9:31

Nach dem sensationellen 2:1-Auswärtssieg in Belgrad war sonnenklar, dass der Gruppenfavorit diese Schmach nicht auf sich beruhen lassen will und auf Revanche aus ist. Doch der italienische Nationaltrainer Marco Rossi hat dieser Tage nicht nur die ungarische Staatsbürgerschaft angenommen, er hatte auch eine knappe Woche Zeit, „seine“ ungarische Nationalmannschaft auf das Entscheidungsspiel gegen Serbien vorzubereiten.

Die Stimmung in der mit knapp 60.000 Zuschauern praktisch vollbesetzten Puskás-Arena war großartig, als am Samstagabend das vorgezogene Gruppenfinale Ungarn-Serbien angepfiffen wurde. Der Elan der Fans übertrug sich auf die Teams auf dem Platz, wo ein offener Schlagabtausch seinen Lauf nahm. Die Serben drückten sogleich auf ein frühes Tor, Ungarns Keeper Dibusz verhinderte aber genau dieses. Die Abwehr versuchte den verletzten Willi Orbán mit Kampfgeist zu ersetzen, aber sie zeigte sich doch anfällig, wenn die aggressiven Serben über beide Flügel anrückten oder nach Standards das Kopfballduell suchten.

Ein Konter bringt Ungarn in Führung

Die Serben spielten tatsächlich ohne Absicherung, volles Risiko, was die Gastgeber nach 20 Minuten auszunutzen vermochten: Sallai schickte Nego mit einem langen Pass rechtsaußen in die Spur, der bis vors Tor preschte, dann aber doch nicht aus Nahdistanz abzog, sondern nach hinten in die Mitte des Strafraums ablegte. Dort kam Mittelstürmer Varga herangestürmt, der abgeklärt ins lange Eck einschob. Mehr brauchte es nicht für die Sechzigtausend, die nun völlig aus dem Häuschen gerieten.

Doch Serbien zeigte sich unbeeindruckt und provozierte immer neue Fehler der Ungarn, die nach dem Führungstor erstaunlich unkonzentriert wirkten. So entstand auch ein Eckball, der zum 1:1 führte: Die Flanke von rechts köpfte Innenverteidiger Pavlovic ein, der ausgerechnet Varga „stehenließ“. Doch nur eine Minute später lag Ungarn erneut vorne!

Traumtor statt Schockstarre

Es manifestiert die neue mentale Stärke des Rossi-Teams, dass die elf Spieler auf dem Platz nach der schwächsten Phase, „belohnt“ mit einem Gegentor, nicht zusammenbrachen. Ganz im Gegenteil wurde der nächste Angriff nach dem Motto gefahren: Wie Du mir, so ich Dir! Nego teilte quasi die zweite Vorlage aus, doch was Sallai mit dem an der Strafraumgrenze zugespielten Ball machte, das wird der Stürmer ganz sicher noch seinen Enkeln erzählen: Eine unglaubliche Ballannahme mit der rechten Hacke, noch mit dem Rücken zum Tor, halbe Drehung, der Ball springt halbwegs gezähmt noch einmal und wird dann von Sallai volley im langen Eck versenkt. Ein phänomenaler Treffer, bei dem sich selbst Serbiens Trainer, die Spielerlegende Stojkovic an den Kopf fasste. Sechzigtausend Zuschauer waren in Ekstase, nur eine Minute nach der kalten Serben-Dusche.

Ungarn
Loic Nego gab die Vorlagen für beide ungarischen Tore. Foto: MTI/ Zsolt Czeglédi

Tüchtige Ungarn im Glück

Die 2:1-Führung verteidigten die Ungarn schon bis zur Pause erbittert, die zweite Halbzeit wurde aber noch härter. Denn Stojkovic gab mit dem unbedingten Willen zum Sieg eine weitere Sicherung auf: Für den Rechtsverteidiger Erakovic brachte er den offensiven Tadic, und Ungarns Abwehr geriet so richtig ins Schlingern. Zwei serbische Treffer binnen zehn Minuten zeigten an, dass Gefahr im Verzug ist – zum Glück für die Ungarn entstanden beide aus Abseitssituationen. Dann wechselte das Glück fortwährend die Seiten: Bei einem weiteren Konter köpfte Varga den Ball an die Latte (67. Minute), die „Dauerbelagerung“ des Strafraums brachte den Serben – nach einer weiteren von insgesamt zehn Ecken – gleich zwei Pfostentreffer (70. Minute). Quasi im Gegenzug schob Bolla den Ball nicht nur am Torhüter der Serben, sondern leider ebenso am Kasten vorbei.

Die Serben drückten bis zum Abpfiff auf den Ausgleich, aber Dibusz wehrte in der 94. Minute einen Kopfball aus Nahdistanz ab und hatte eine Minute später bei einem weiteren Kopfball das Glück des Tüchtigen auf seiner Seite. Nach insgesamt 100 Spielminuten stand fest: Ungarn hatte Serbien zum zweiten Mal binnen weniger Wochen mit 2:1 niedergerungen.

„Es war ein Triumph der Herzen“

Marco Rossi wird neuerdings häufiger gefragt, worin Ungarns Geheimnis für die anhaltende Erfolgsserie liegt. Nach dem Doppelpack gegen Serbien „verriet“ er einmal mehr das immer gleiche Rezept: „Es war ein Triumph der Herzen, meine Spieler sind über sich hinausgewachsen!“ Er gab aber auch unumwunden zu, bei diesem Spiel zwei Jahre gealtert zu sein. Mit einem Sieg am Dienstag in Kaunas gegen Litauen könnten ihm seine Jungs die zwei Jahre aber zurückgeben – damit wäre die Teilnahme an der EM-Endrunde in Deutschland endgültig sichergestellt. Es wäre das dritte EM-Turnier in Folge, aber das erste, für das sich Ungarn direkt zu qualifizieren vermag.

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Der frischgebackene Doppel-Staatsbürger Marco Rossi alterte an diesem Abend um gefühlte zwei Jahre. Foto: MTI/ Zsolt Czeglédi

TABELLENSTAND:

  1. Ungarn 13 Punkte (9:2 Tore)
  2. Serbien 10 (10:6)
  3. Montenegro 8 (5:5)
  4. Litauen 5 (6:10)
  5. Bulgarien 2 (3:10)

WEITERES PROGRAMM FÜR UNGARN:

17. Oktober in Litauen
16. November in Bulgarien
19. November daheim gegen Montenegro

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