Frauenhandball
Mit der größten Trophäe entschädigt
Außenseiter in die Schranken gewiesen
Der deutsche Meister Bietigheim war überhaupt zum ersten Mal bei der FinalFour in Budapest mit von der Partie, nach dem neuerlichen Sensationssieg gegen Metz (im Ausscheid wurden Ikast und Odense niedergerungen) musste der Rekordsieger Audi ETO aber gewarnt sein. Die Deutschen sind seit der Saison 2020/21 stabiler Teilnehmer an der Champions League, in der Győr 2019 bereits die fünfte Trophäe einsammelte. Trotz der enormen Entwicklung galt Bietigheim im Finale als Außenseiter.
Und weil Torhüterin Gabriela Dias Moreschi nicht wie am Vortag zaubern konnte, setzte der Favorit von Anfang an die Akzente. Das lag nicht zuletzt an den drei „echt ungarischen“ Außenspielerinnen Viktória Győri-Lukács, Csenge Fodor und Nadine Schatzl, die der gefürchteten Brasilianerin den Zauber nahmen und zu dritt zehn Treffer beisteuerten. Sowie an einer starken, geschlossenen Abwehrleistung, die von Torhüterin Silje Solberg mit 16 Paraden, darunter zwei entschärften Siebenmetern gekrönt wurde.

Wie in den besten Zeiten
So erlebten die 18.500 Zuschauer, unter denen die vier Fanlager der Finalteilnehmer mit großen Blöcken vertreten waren, eine Audi ETO-Walze wie in den besten Zeiten. Stine Oftedal traf im letzten Spiel ihrer Laufbahn in Győr zwar nicht, konnte aber mehrere Strafwürfe herausholen und kluge Vorlagen geben. Am Ende wurde sie gewiss für ihr Lebenswerk zur „besten Spielerin“ der FinalFour gewählt. Auch Ana Gros verabschiedete sich dankbar, indem sie alle Audi ETO zugesprochenen Siebenmeter verwandelte. Bei einem Treffer aus dem Rückraum ließ sie noch einmal ihre gewaltige Wurfkraft aufblitzen – das leidenschaftliche Publikum im nahezu ausverkauften MVM Dome würdigte diese Aktion mit einem Raunen und tosendem Applaus.
Am Kreis wurde nun endlich Kari Brattset in Szene gesetzt, die 6 Treffer erzielen konnte – am Vortag hatte Esbjerg diese Anspiele vollkommen entschärft. Fantastisch mit anzusehen war die „Wiedergeburt“ von Viktória Győri-Lukács auf Rechtsaußen, die am Samstag keinen Stich machen konnte. Ein wenig merkte man ihr diese Verunsicherung beim ersten Torwurf am Sonntag noch an, doch nachdem der Ball mit ein wenig Glück die Torlinie überquerte, hämmerte die Ungarin weitere Bälle mit absoluter Selbstverständlichkeit in den Kasten.
Titel werden in der Abwehr gewonnen
Der Spielverlauf widerspiegelte die Dominanz der „Gastgeberinnen“: Über 5:2 und 10:5 ging es beim 17:12 mit einem souveränen Vorsprung in die Halbzeitpause. Entwarnung konnte dennoch nicht gegeben werden; gerade erst gegen Esbjerg war ein ähnlicher Vorsprung am Ende fast komplett weggeschmolzen. Doch eng wurde es in der 2. Halbzeit nie wirklich, denn sobald sich vorne die Patzer häuften, machte die Abwehr hinten die Schotten dicht. Nicht umsonst hob Trainer Per Johansson nach dem Abpfiff hervor, Titel werden in der Abwehr gewonnen. Er habe den Spielerinnen Vertrauen einzuflößen vermocht, während er für sich konstatierte, dass er noch nie in den dreißig Jahren seiner Laufbahn mit einem dermaßen starken Spielerstamm arbeiten durfte. Den Erfolg wollte der Schwede am Sonntagabend auf die ungarische Art feiern: mit zwei Pflaumen-Pálinka zum Warmwerden.

