Die ungarischen Torhüter konnten kaum ein Viertel aller Bälle parieren, Márton Székely hielt aber immerhin sieben Strafwürfe. Fotos: MTI/ Tamás Kovács

Handball-WM

Ein riesiger Kessel Gulasch

Dänemark ist zum dritten Mal in Folge Weltmeister der Handball-Männer. Für Ungarn blieb in der Ausscheidungsrunde nach drei Niederlagen nur der 8. Platz.
31. Januar 2023 16:10

Was die Heim-EM vor einem Jahr in Budapest längst vermuten ließ, hat die WM in Polen und Schweden nun schonungslos ans Tageslicht gebracht: Der Handballsport entwickelt sich rasant und Ungarn hat den Anschluss verloren. Platz 8 bei der Weltmeisterschaft kann nicht über diese Tatsache hinwegtäuschen, denn ohne den tapfer erkämpften, aber doch glücklichen Sieg gegen Island und den überraschenden Punktverlust der Portugiesen gegen Brasilien wäre das ungarische Team ganz sicher noch hinter Kroatien, Slowenien und Serbien irgendwo um Rang 12 gelandet. Wurde die schwere Niederlage gegen Portugal in der Vorrunde (20:27) noch als Ausrutscher abgetan, nahm man die Klatsche von Europameister Schweden in der Hauptrunde (28:37) bereits als selbstverständlich hin. Erst recht, weil dank der Pflichtsiege gegen Brasilien (28:25) und gegen Cap Verde (40:32) das Mindestziel erreicht wurde, an der Finalrunde der besten acht Teams teilzunehmen.

Auch im Spiel um Platz 7 gegen Ägypten dominierten Kampf und Krampf, nur selten konnte die Nationalmannschaft auch spielerisch überzeugen.

Ungarn war das Kuckucksei

Dort wirkte Ungarn aber alsdann als Kuckucksei, vor allem die Skandinavier bereiteten einen gewaltigen Kessel Gulasch zu, mit dessen Kochen sich Island in der Vorrunde noch übernommen hatte. Der Titelverteidiger Dänemark verpasste den Ungarn mit 40:23 eine historische Niederlage, Norwegen hatte beim 33:25 auch nicht sonderlich zu schwitzen, einzig gegen Ägypten hoffte man wieder, in der gleichen Liga spielen zu dürfen. Doch dann legte der Afrikameister mit 4:0 vor, traf in den ersten zehn Minuten neun Mal (!) und führte zur Pause mit 17:11. Mit dem ersten Drei-Tore-Lauf im Spiel konnte Ungarn den Rückstand Mitte der 2. Halbzeit kurzzeitig halbieren, keine zwei Minuten später stand es aber bereits 19:25. Doch irgendwie fingen die Ungarn in dieser Phase Feuer, die das Spiel mit einem 4:0-Lauf in der Schlussphase noch in die Verlängerung hinüberretten konnten. Das finale Spiel der WM wurde besonders dramatisch, nach zweifacher Verlängerung gab sich Ungarn nur hauchdünn mit 35:36 geschlagen, stolz konnte man aber bestenfalls auf den Kampfgeist sein.

Immerhin einer unter den wurfstärksten Schützen

Die meisten Treffer in den neun WM-Spielen für die Nationalmannschaft erzielten Bodó (44) aus dem Rückraum, Spielmacher Lékai (37) und Linksaußen Bóka (34). Bodó gelangte damit in die TOP 10 der wurfstärksten Schützen, allerdings mit einer Trefferquote von weniger als 60%. Effizienter waren die Kreisläufer Bánhidi und Rosta (mit 80% bzw. 66%) sowie Bóka mit 77%. Die Ungarn erzielten aus 451 Versuchen nur 266 Tore (59%) und ließen jeden dritten Strafwurf aus (13 von 39). Der beste „ungarische“ Torhüter stand bei der WM mit Merkovszki für die USA im Kasten, Székely und Mikler wehrten nur ungefähr jeden vierten Ball ab. Allerdings gehörte Székely mit sieben Paraden wenigstens zu den Spezialisten beim Entschärfen von Siebenmeterwürfen.

Spielmacher Máté Lékai gehörte noch zu den torgefährlicheren Ungarn, aber in entscheidenden Momenten scheiterte auch er immer wieder.

Beim Sprint wie die alten Herren

Die Mannschaft erlaubte sich zwar nicht viel mehr technische Fehler als ihre Gegner, kam aber bei Ballverlusten nicht schnell genug zurück und kassierte so zu leichte Gegentore. Im Laufduell mussten sich die Ungarn wie alte Herren vorkommen, die gegen Junioren antraten. Der Rückraum erwies sich in mehreren Spielen als Totalausfall, die Spielgestalter zeigten sich nur selten kreativ und leisteten sich einfach zu viele Fehlpässe, gerade bei den über Maßen forcierten Anspielen an den Kreis. Obwohl Pedro auf Rechtsaußen nur jeden zweiten Wurf im Kasten unterbrachte, wurde er immer wieder gesucht, während der zuverlässigere Bóka auf Linksaußen „kaltgestellt“ blieb und eher bei schnellen Kontern zum Torwurf kam. Zwei Rote Karten für Sipos und Rosta jeweils in der 1. Spielminute (!) deuten zudem darauf hin, dass die ungarischen Handballer nicht von Anfang an voll bei der Sache waren.

Richárd Bodó zeigte seine stärkste Leistung gegen Norwegen und beendete das Turnier mit 44 Treffern auf Platz 6 der WM-Torschützenkönige.

Trainer zeigte sich stolz

Nationaltrainer Chema Rodríguez war dennoch zufrieden mit der Leistung seiner Mannschaft, die am Ende gegen Ägypten „nur wegen eines Ballverlustes“ verlor. „Was den Turnierverlauf anbelangt, kann ich stolz auf die Jungs sein“, resümierte er, allein gegen Dänemark habe der Kampfgeist gefehlt. „Natürlich möchten wir jedes Spiel gewinnen, was aber nicht immer geklappt hat. Aber wir sind sehr froh, dass wir die Ausscheidung für die Olympischen Spiele erreicht haben.“

 

Schreibe einen Kommentar

Weitere Artikel

30. Oktober 2025 17:00 Uhr
27. Oktober 2025 8:14 Uhr
19. Oktober 2025 16:10 Uhr