Essay
Ungarn ist anders
Viele Ungarn sind mit Deutschland in Berührung gekommen und haben ein sehr positives Bild von dem Land. In Ungarn gibt es eine starke deutsche Minderheit und fast genauso viele Menschen sprechen Deutsch wie Englisch. Nach Deutschland und Österreich sind wir das Land in der Europäischen Union, in dem die meisten Menschen Deutsch sprechen. Diese Verbundenheit zeigt sich bis heute und erklärt unter anderem, warum Ungarn 1989 so gehandelt hat, wie es gehandelt hat, und warum es die deutsche Einheit stets unterstützt hat.
Die Ungarn lieben Deutschland
Ungarn und Deutschland hatten immer wieder Berührungspunkte und Ungarn ist mittelbar Teil des deutschen Sprach-, Kultur- und Zivilisationsraums. Wir in Ungarn haben eine sehr große Nähe zu Deutschland und sicherlich ist dem beizupflichten, dass die Ungarn Deutschland mögen. Mehr noch, sie lieben Deutschland und es gibt viele enttäuschte Gesichter in Ungarn, wenn die Menschen mitbekommen, was in der deutschen Presse so alles über Ungarn berichtet wird.
In Europa sollten wir darauf achten, miteinander im Gespräch zu bleiben, um einer Entfremdungsspirale vorzubeugen. Ich habe keine Illusionen darüber, dass das Bild von Ungarn in den großen Mainstream-Medien nicht unbedingt positiv ist. Dies ist mein erster Befund. Diese Diskussionen über Ungarn verraten aber manchmal viel mehr über Deutschland, als den Deutschen selbst bewusst ist. Wie man zu Ungarn steht und wie man die Vorgänge dort bewertet, hat unmittelbare Relevanz dafür, wie man in Deutschland gesellschaftliche und politische Entwicklungen bewertet.
In diesem Essay möchte ich einige Ideen präsentieren, warum Ungarn anders ist und warum es manchmal schwer zu verstehen ist, was in Ungarn geschieht und wie die Ungarn denken. Dies hat nicht nur mit unserer Sprache zu tun, sondern auch mit unserer komplexen Geschichte. Die ungarische Geschichte ist geprägt von einem ständigen Überlebenskampf, vom Bestreben, sich zu behaupten und das Land voranzutreiben, da stets die Gefahr bestand, ausgelöscht zu werden. Diese Muster sind auch heute noch in der ungarischen Politik präsent und erklären, warum in Ungarn noch immer von Freiheitskampf die Rede ist.
Warum ist Ungarn anders? Wie ist Ungarn anders? Ungarn ist anders, als es in vielen deutschen Medien dargestellt wird. Es ist anders, als viele wahrhaben wollen, und die ungarische Politik ist sicherlich auch anders als die deutsche. Ungarn ist ein Land mit einer einzigartigen Identität und Geschichte, die es zu verstehen gilt. Dies möchte ich mit drei Erklärungsansätzen darlegen, um den Phänomenen, die Ungarn auszeichnen, auf die Spur zu kommen.
Konsensdemokratie versus Konkurrenzdemokratie
Ungarn unterscheidet sich grundlegend in seinem politischen System von Deutschland. Während in Deutschland eine Konsensdemokratie existiert, haben wir in Ungarn eine Konkurrenzdemokratie. In Deutschland, mit seinen 16 Bundesländern, gibt es etwa 13 oder 14 verschiedene Regierungen. Jeder regiert irgendwie mit jedem, was zu einem ständigen Kampf um Kompromisse und endlosen Verhandlungen führt. Oft ist unklar, wer nach einer Wahl tatsächlich regiert. So ist es etwa in Thüringen völlig offen, wer die Regierung bilden wird. Auch bei der Bundestagswahl 2021, als Olaf Scholz nur knapp vor Armin Laschet lag, war es unklar, ob nicht doch die CDU an der Macht bleiben würde.
In Ungarn jedoch funktioniert das anders. Wir haben keine Konsensdemokratie, sondern eine Konkurrenzdemokratie. Hier stehen immer zwei Modelle im Wettbewerb und es ist klar, welches Modell welche Position einnimmt und was diese Positionen bedeuten. Das ungarische Wahlsystem weist starke Mehrheitswahlelemente auf. Wenn eine Partei gewinnt, dann gewinnt sie auch tatsächlich. Die Regierung setzt ihre Entscheidungen durch, während die Opposition diese ablehnt. Umgekehrt unterstützt die Regierung keine Vorschläge der Opposition. Dieses System bietet immer eine klare Alternative.
Oft wird in deutschen Diskussionen kritisiert, dass die ungarische Entscheidungsfindung zu polarisiert sei, was als negativ empfunden wird. In Ungarn sieht man das jedoch anders. Natürlich ist die politische Konkurrenz manchmal ruppig und rau, aber sie ist ehrlich und klar. Beide politischen Lager haben ihre eigenen Öffentlichkeiten, Medien, Institutionen und Diskursräume. In Deutschland hingegen herrscht ein breiter Konsens in der Mitte der Gesellschaft, der gelegentlich nach links tendiert. Abweichungen von diesem Konsens gelten oft als Tabu. Der erste wesentliche Unterschied besteht also darin, dass in Ungarn eine Konkurrenzdemokratie existiert. Wer gewählt wird, kann auch regieren und Entscheidungen umsetzen.
Ungarn ist ein Zentralstaat
Ein weiterer entscheidender Unterschied zwischen Ungarn und Deutschland ist, dass Ungarn nicht föderalistisch gegliedert ist. Ungarn ist ein Zentralstaat, in dem die Regierung über eine politische Mehrheit verfügt, die ihre Ziele effektiv umsetzen kann. Dies führte in der Vergangenheit oft dazu, dass Regierungen bereits nach nur einer Legislaturperiode abgewählt wurden, da die Ungarn schnell unzufrieden werden.
Auch dieses klare und polarisierte politische System, das an die Systeme in den USA oder Großbritannien erinnert, unterscheidet Ungarn klar von Deutschland. Entscheidungen werden klar und deutlich getroffen und die Rollen von Regierung und Opposition sind eindeutig. Im Gegensatz dazu ist in Deutschland oft unklar, wer tatsächlich die Regierung und wer die Opposition ist. Die Entscheidungsprozesse sind komplex und von vielen Akteuren beeinflusst, was zu einem verworrenen Bild führt. In Ungarn ist die politische Landschaft klarer strukturiert, was zu einem anderen Verständnis von Politik und Demokratie führt.
Ausgewogene Medienlandschaft
Der dritte wichtige Erklärungsansatz, um Ungarn besser zu verstehen, ist die Beschaffenheit der ungarischen Medienlandschaft. Diese ist heute relativ ausgewogen. Es gibt Medien, die eher bürgerlich orientiert sind, und solche, die dem linken Spektrum zuzuordnen sind. Insgesamt halten sich die beiden Lager die Waage. Das war nicht immer so. Vor 15 bis 20 Jahren dominierten linksliberale Medien in Ungarn, darunter Sozialisten, Postsozialisten, Postkommunisten, Grüne und Liberale, die über etwa 80 Prozent der Medienlandschaft verfügten. In den letzten Jahren hat sich das geändert, nun herrscht ein eher ausgewogenes Verhältnis.
Diese Veränderung wird oft aus Deutschland kritisiert. Doch die aktuelle Medienlandschaft ist tatsächlich vielfältiger geworden. Im Gegensatz dazu scheint es in Deutschland eine stärkere Tendenz zur Meinungslenkung durch die Medien zu geben. Dort wird oft der Takt vorgegeben, wie über bestimmte Themen nachgedacht und diskutiert werden sollte. Diese Art von Einflussnahme erleben wir in Ungarn nicht. Die doppelte Diktaturerfahrung hat die Ungarn gelehrt, Medienberichten skeptisch zu begegnen. Viele Ungarn informieren sich aus verschiedenen Quellen und bilden sich erst dann ein Urteil.
Umfragen zeigen, dass sich nur 15 Prozent der ungarischen Medienkonsumenten auf eine einzige Quelle verlassen. Davon gaben 6,5 Prozent der Befragten an, sich ausschließlich aus Medien des konservativen politischen Lagers zu informieren, 6,9 Prozent ausschließlich aus Medien des linksliberalen Spektrums und 1,6 Prozent ausschließlich über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Weiterhin ergaben Umfragen, dass nur 23 Prozent der Ungarn Quellen eines einzigen Medientyps zur Rate ziehen. Die meisten informieren sich aus verschiedenen Medien und vergleichen die Berichterstattung. Diese Skepsis ist wichtig, um zu verstehen, wie Meinungen in Ungarn gebildet werden. Wenn ein Ungar in der Zeitung liest, dass etwas so und so ist, vermutet er oft, dass es genau andersherum ist. Dieses Misstrauen gegenüber den Medien ist ein Schlüssel zum Verständnis der ungarischen Perspektive.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Mediensituation in Ungarn eine andere ist. Es gibt eine Vielzahl von Medien, die unterschiedliche Meinungen vertreten. Die Medienlandschaft ist ebenso polarisiert wie die politische Landschaft. Die Ungarn haben gelernt, Meinungen kritisch zu hinterfragen und sich selbst ein Bild zu machen. Es ist eine Werteentscheidung, welcher Seite man sich anschließt, aber man sollte nie unkritisch glauben, was in der Zeitung steht.
Entscheidungsreiches Regieren möglich
Der vierte Erklärungsansatz ist besonders wichtig und relevant, um zu verstehen, warum Ungarn anders ist. Es geht um die Art und Weise, wie die Menschen in Ungarn politische Entscheidungen treffen. In den vergangenen Jahren haben die Ungarn mit Ergebnissen von rund 50 Prozent Stimmenanteil eine Partei oder ein Parteienbündnis gewählt. Dazu gehört vor allem der Fidesz von Viktor Orbán, gemeinsam mit den Christdemokraten. Diese Ergebnisse schwankten zwar, blieben aber stets um die 50 Prozent – manchmal 54 Prozent, manchmal 53 Prozent, manchmal 45 Prozent. Wichtig ist, dass die Ungarn dies aus voller Überzeugung und in fairen, freien, allgemeinen und gleichen Wahlen taten – und das viermal hintereinander.
Durch das Mehrheitswahlrecht führte dies auch zu Zweidrittelmehrheiten. Von außen betrachtet mag es unverständlich erscheinen, wie eine Partei mit rund 50 Prozent der Stimmen eine solche Mehrheit erhalten kann, doch dies ist das Ergebnis des spezifischen ungarischen Wahlsystems. Es mag in Deutschland undenkbar erscheinen, dass eine konservative Partei nicht nur die Mehrheit der Stimmen erhält, sondern auch ihr konservatives, freiheitliches Programm umsetzt. Doch genau das ist in Ungarn der Fall, seit Viktor Orbán und seine Regierung im Jahr 2010 an die Macht kamen. Sie setzen eine Reihe von Maßnahmen um, die vielleicht auch in anderen westeuropäischen Ländern erwünscht wären, die jedoch aufgrund der dortigen politischen Landschaft schwer zu verwirklichen sind.
In westeuropäischen Demokratien gibt es oft ein ständiges Ringen um Koalitionen, Mehrheiten und Kompromisse. Selbst wenn ein gutes Programm existiert, kann es selten vollständig umgesetzt werden. In Ungarn jedoch erlaubt die politische Struktur mutige Entscheidungen und klare Regierungsführung. Das, was umgesetzt wird, soll hier nur skizziert werden, ohne die gesamte Regierungspolitik darzustellen.
Hohe Beschäftigungsquote
Ein besonders auffälliger Punkt für deutsche Beobachter ist die ungarische Wirtschaftspolitik. In Ungarn verfolgt man das Konzept einer „Workfare-Gesellschaft“. Alle wirtschaftspolitischen Maßnahmen zielen darauf ab, dass Menschen Arbeit haben. In den letzten zehn bis zwölf Jahren sind etwa eine Million Arbeitsplätze entstanden, und es herrscht im Wesentlichen Vollbeschäftigung. Früher war die Beschäftigungsquote in Ungarn sehr niedrig, vergleichbar mit der in Griechenland, doch heute gehört sie zu den höchsten in Europa. Besonders bemerkenswert ist, dass die Beschäftigungsquote bei Frauen stark gestiegen ist, selbst bei gleichzeitig steigender Kinderzahl. Es ist also möglich, dass mehr Frauen arbeiten und gleichzeitig mehr Kinder bekommen – das ist in Ungarn Realität.
Durch gezielte Arbeitsbeschaffungsprogramme wurden Menschen aus der Sozialhilfe und schwierigen Verhältnissen in Beschäftigung gebracht. Diese Programme führten dazu, dass viele Menschen vom regulären Arbeitsmarkt aufgenommen wurden, auf dem überdies insgesamt eine Million neuer Arbeitsplätze geschaffen wurden. Die Arbeitnehmer werden durch eine Niedrigsteuerpolitik unterstützt: Die Einkommenssteuer liegt bei 15 Prozent auf alle Einkünfte, sei es aus Gehalt, Kapital oder Immobilien. Diese einheitliche und niedrige Steuer schafft Anreize, ehrlich zu arbeiten, anstatt auf dem Schwarzmarkt tätig zu sein. Das Steuersystem ist einfach und transparent gestaltet – ein Konzept, das Friedrich Merz in Deutschland einmal vorgeschlagen hat, das aber dort schwer umsetzbar erscheint. In Ungarn jedoch ist es Realität: Die Steuererklärung ist einfach, übersichtlich und erfolgt online.
Vor einigen Jahren zahlten nur 1,8 Millionen der rund 10 Millionen Ungarn Steuern, heute zahlen 4,6 Millionen Steuern, weil die Möglichkeiten zur Steuervermeidung eingeschränkt wurden. Trotz niedrigerer Steuersätze sind die Steuereinnahmen gestiegen. Dies zeigt, wie effektiv ein einfaches Steuersystem sein kann.
Durchdachte Familienpolitik
Ein weiterer bedeutender Bereich der ungarischen Politik ist die Familienpolitik. Die Geburtenrate ist hier in den letzten Jahren europaweit am stärksten gestiegen, von 1,2 auf 1,6 Kinder pro Frau. Obwohl dies immer noch nicht genug ist, stellt es eine erhebliche Verbesserung dar. Diese Entwicklung wurde unterstützt durch den Ausbau von Kinderkrippenplätzen und gezielte finanzielle Anreize für Familien.
So zahlen Frauen mit vier Kindern keine Einkommenssteuer mehr. Familien mit drei Kindern genießen ebenfalls erhebliche Steuererleichterungen. Es gibt Zuschüsse von bis zu 65.000 Euro für den Hausbau und zahlreiche weitere Vergünstigungen stehen Familien zur Verfügung. Diese Vorteile sind jedoch an die Bedingung geknüpft, dass die Eltern arbeiten. Das Kindergeld ist in Ungarn relativ niedrig – die Familienpolitik zielt darauf ab, arbeitende Eltern zu unterstützen.
Dieses Modell gilt für alle Menschen, die in Ungarn leben, unabhängig von ihrer Herkunft. Alle EU-Bürger können diese Leistungen nutzen, sofern sie in Ungarn arbeiten und Steuern zahlen. Diese Inklusivität ist ein wichtiger Bestandteil der ungarischen Familienpolitik.
Konservative Gesellschafts- und Migrationspolitik
Im dritten Punkt möchte ich auch die Gesellschaftspolitik ansprechen, die sich am traditionellen Familienbild orientiert. Vor drei Jahren wurde im ungarischen Grundgesetz die Formulierung eingefügt, dass eine Mutter eine Frau und ein Vater ein Mann ist. Diese klare Aussage soll Missverständnisse vermeiden und spiegelt die ungarische Gesellschaftspolitik wider, die sich mit den in vielen Ländern vorkommenden modernen Bewegungen schwertut. Die Ungarn goutieren diese klare Haltung.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Migrationspolitik, die bereits Schlagzeilen gemacht hat. Die ungarische Migrationspolitik setzt auf die Verteidigung der Landesgrenzen und der ungarischen Zivilisation, Kultur, Geschichte und Identität. Es geht auch um den Schutz der europäischen Identität. Diese Politik erinnert an Horst Seehofers Aussage von vor einigen Jahren, dass Migration die Mutter aller Probleme sei. In Ungarn treten solche Probleme nicht auf, da es keine unkontrollierte Migration gibt. Zwar gibt es saisonale Gastarbeiter und ausländische Fachkräfte, die für bis zu drei Jahre im Land bleiben und dann wieder gehen, aber keine unkontrollierte illegale Zuwanderung, wie sie insbesondere in westlichen Ländern vorkommt.
Die Ungarn möchten diesen Gesellschaftsentwurf nach ihren Vorstellungen umsetzen und haben wenig Verständnis dafür, wenn ihnen vorgeschrieben wird, wie sie zu leben haben oder mit wem sie zusammenleben sollen. Viele der Diskussionen auf europäischer Ebene drehten sich darum, dass einige Länder versuchten, ihr Gesellschaftsbild auch anderen aufzuzwingen. Ungarn hat aus seiner Geschichte gelernt, dass es nicht gut ist, wenn andere Länder Vorschriften machen. Die Ungarn möchten selbst entscheiden, wen sie ins Land lassen, mit wem sie zusammenleben und wie sie leben möchten. Das ungarische Wortspiel „Magyarország magyar ország“ bedeutet „Ungarn(land) ist ein ungarisches Land“, analog wie „Deutschland ist ein deutsches Land“, was keine hanebüchene Vorstellung, sondern eine legitime Sichtweise auf die Zukunft des Landes darstellt.
Durch die fehlende Migration gibt es in Ungarn auch kein Sicherheitsproblem. Die Kriminalitätsstatistik hat sich erheblich verbessert, da viele Menschen, die in prekären Verhältnissen lebten, durch Arbeitsmöglichkeiten aus der Sozialhilfe herausgekommen sind. Die Kriminalität ist in den letzten zehn bis zwölf Jahren um 60 Prozent gesunken. Ungarn hat heute eine der niedrigsten Kriminalitätsraten in Europa. Dies trägt dazu bei, dass sich die Menschen hier sicher fühlen, was unter anderem auch dazu führt, dass mehr Kinder geboren werden. Man kann nachts um elf in der Großstadt auf die Straße gehen, ohne sich Sorgen machen zu müssen.
Breite Unterstützung bei der Bevölkerung
Zusammenfassend kann man sagen, dass die konservative Reformagenda Ungarns, die niedrige Steuern, Familienpolitik und eine restriktive Migrationspolitik umfasst, breite Unterstützung in der Bevölkerung findet. Diese Politik wird nicht nur von konservativen Wählern unterstützt, sondern auch von großen Teilen der linken Wählerschaft. Viele Menschen aus verschiedenen politischen Lagern stimmen in der Migrationspolitik und der Familienpolitik überein. Dies zeigt, dass diese Agenda den Willen der Menschen widerspiegelt und nicht von einer kleinen Gruppe am grünen Tisch beschlossen wurde.
Man macht in Ungarn prioritär keine Politik für das Ausland, sondern für die ungarischen Menschen. Es ist ähnlich wie bei den amerikanischen „America First“-Aussagen, die in deutschen Medien oft kritisch betrachtet werden. Es wäre auch für Deutschland richtig zu sagen „Germany First“, so wie es für Ungarn „Hungary First“ ist. Solche Begriffe können in der deutschen Übersetzung einen schalen Beiklang haben, aber ich als Ungar darf sagen, dass Ungarn für mich an erster Stelle steht. Ich würde mir wünschen, dass auch möglichst viele Deutsche dies mit Blick auf ihr Vaterland so sehen.
Ein gesunder Patriotismus und ein gesundes Verhältnis zum eigenen Land haben nichts mit Nationalismus oder niederen Intentionen zu tun. Sie sind vielmehr Teil einer europäischen Identität. Eine europäische Identität kann aber ohne die Identität der Bürger der einzelnen Länder nicht existieren. Dies wird manchmal von Politikern in Brüssel und anderswo vergessen. Ich denke, man kann nur dann ein guter Europäer sein, wenn man auch ein guter Patriot ist.
Ich denke, wenn wir von ungarischer Identität sprechen, dann reden wir auch von europäischer Identität. Wenn wir von deutscher Identität sprechen, dann gehört die europäische Identität dazu. Eine europäische Identität ohne deutsche, ungarische oder andere nationale Identitäten kann es jedoch nicht geben. Leider vergessen Politiker das manchmal.
Es gibt ein Sprichwort, welches besagt: „Die größten Kritiker der Elche sind selber welche“. Wenn ich die Diskussionen und Debatten betrachte, in denen gegenüber Ungarn wirklich schlimme Vorwürfe erhoben werden – zum Beispiel bezüglich des angeblich so undemokratischen Wahlrechts, der vermeintlich nicht vorhandenen Pressefreiheit, der Situation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Meinungsfreiheit –, dann stellt sich immer wieder heraus, dass diese Probleme in Ungarn nicht so ausgeprägt sind, wie es oft dargestellt wird.
Ohne hier speziell Deutschland kritisieren zu wollen, kann ich sagen, dass all diese Fragen nicht unbedingt die größten Probleme in Ungarn darstellen, insbesondere im Vergleich mit anderen Ländern. Zum Beispiel zeigt sich beim neuen Wahlrecht, das die Ampelregierung beschlossen hat und das vom Verfassungsgericht bestätigt wurde, dass Deutschland, das traditionell als Demokratie viel Achtung genoss, sich in vielen Punkten anders entschieden hat, als die an andere Länder angelegten Standards es vermuten lassen und wir es uns wünschen würden. In Ungarn sehen wir voller Verwunderung, wie es möglich ist, dass ein direkt gewählter Abgeordneter nicht mehr in den Bundestag einzieht. Für uns ist das unvorstellbar.
Fazit
Ohne nun die Diskussion über das Wahlrecht weiter vertiefen zu wollen, denke ich, dass vieles, was über uns gesagt wird, wahrscheinlich nicht ganz zutrifft. Es ist wichtig, dass eine kritische Masse von Menschen sich hinsetzt und überlegt, ob das, was geschrieben steht, wirklich wahr ist oder ob es nicht auch andere Betrachtungsweisen gibt. Ich hoffe, ich konnte hiermit einige Erklärungsmuster darlegen, welche dabei helfen können, die Situation in Ungarn besser zu verstehen.
Der Autor ist Direktor des Deutsch-Ungarischen Instituts für Europäische Zusammenarbeit am Mathias Corvinus Collegium in Budapest. Er ist Mitherausgeber von „Hungarian Conservative“ und publiziert zu zeitgeschichtlichen und europapolitischen Themen in verschiedensten Medien in deutscher, englischer und ungarischer Sprache. Der vorliegende Aufsatz basiert auf einer Rede, die er am 13. August 2024 bei INSA-Consulere in Erfurt gehalten hat.
Während in Deutschland (wie im ganzen Westen) die Multis herrschen, sich mit linken Ideologen verbündet haben, zusammen alles andere unterdrücken, Parlamente, Parteien, Medien und Justiz befehligen und gleichschalten, das Volk austauschen und terrorisieren, Wirtschaft und Energieversorgung lahmlegen; und das blöde Volk sagt für alle Schikanen auch noch danke.
Das mit der ausgewogenen Medienlandschaft scheint nicht ganz zu stimmen. Fast alle Medien sind doch in der Hand des Fidesz. Da ist kaum Platz für andere politische Auffassungen. Das zeigt sich doch insbes. vor Wahlen in Ungarn, wo der Opposition kaum Möglichkeiten für ihre Politikdarstellung eingeräumt werden. In Deutschland sind dagegen die öffentlich-rechtlichen Sender vor Wahlen verpflichtet, TV-Spots von allen Parteien zu senden. Dr. Bauer versucht erneut, sich in dem Beitrag einen neutralen Anstrich zu geben. Das ist ihm nicht gelungen. Vor dem Hintergrund, dass der MCC vom Fidesz finanziert wird, erklären sich natürlich seine Versuche, die ungarische Regierungspolitik bei jeder Gelegenheit im besten Licht darzustellen.
Wollen Sie behaupten, Népszava sei in der Hand des Fidesz? Oder RTL? Das ist doch absurd. Können die Linken etwa in Ungarn ihre Wahlwerbung nicht ausstrahlen? Oder werden sie gewaltsam an Kundgebungen gehindert? Werden sie überfallen, werden ihre Autos und Häuser von steuerbezahlten Tätern angezündet? In Deutschland geschieht es so mit den Rechten, und dort ist im Zeitungs- und Zeitschriftenhandel (vielleicht immer noch allein die Bahnhofsläden ausgenommen) sowie im Fernsehempfang alles verboten, das nicht auf der antideutschen Linie ist.
Vielleicht erinnernsich noch einige.
Nepszabadsag ist vor einigen Jahren pleite gegangen, weil niemand wollte lesen. Großes Geschrei, die Regierung! Pfujj. Verbietet! Der Investor wollte grade fue 1 HUF verkaufen. Nicht einmal Gyurcsany hat die Zeitung gekauft.
Welche Medien konkret?
Fast alle……?
Das mit dem Steuersystem und dem angeblichen fehlenden Anreiz für Steuerhinterziehung, finde ich schon sehr lustig. Da kennt sich einer aber in der Realitat nicht so gut aus. Theoretisch klingt das ja sehr gut. Das mit der “durchdachten” Familienpolitik ist schon “sehr erflogreich” ;-). Wenn dann eine Frau mit 4 ! Kindern keine Einkommensteuer (Wie erwähnt 15 %) zahlen muss !
Es ist Neid.