OB Karácsony
„Box-Ring“ Liget-Projekt: Neben der Kettenbrücke das bekannteste Opfer der Blockade-Politik zwischen Budapest und Regierung. Foto: Facebook/ Liget Budapest

BZ-Kommentar / Ein Jahr OB Gergely Karácsony 

Gelähmte Hauptstadt

Es ist gekommen, wie es mit hoher Wahrscheinlichkeit kommen musste: Hauptstadt und Regierung stehen sich unversöhnlich gegenüber und schaden sich, wo es nur geht. Zwar fehlt es nicht an gelegentlichen netten Floskeln bezüglich eines gewünschten konstruktiven Umgangs miteinander, allein die Praxis spricht eine andere Sprache.

Diese handelt seit knapp einem Jahr davon, der jeweils anderen Seite bestmöglich zu schaden. Künstliche Problemfelder werden geschaffen. Vorhandene echte oder vermeintliche Fehlentscheidungen werden im Kalten Kommunikationskrieg erbarmungslos gegeneinander thematisiert. Hauptsache, die andere Seite hat in Budapest nichts mehr zu lachen und kann sich hier keine Erfolge mehr ans Reverse heften.

Kaum noch Erfolge in Budapest

Da keine Seite der anderen einen Erfolg gönnt, gibt es in Budapest generell kaum noch Erfolge. Richtig erfolgreich sind beide Seiten hier eigentlich nur noch beim gegenseitigen Vereiteln von Projekten. Das Stadtwäldchen und die Kettenbrücke sind nur die bekanntesten Opfer dieser Blockade-Politik.

OB Karácsony versucht daher vor allem auf dem Feld der Symbolpolitik punkten. Mal ein paar neue Radwege auf Kosten bisheriger Fahrspuren hier, mal eine gehisste Regenbogenfahne da. Alles ganz nett, aber sicher nicht die Art von Erfolgen, die eine Metropole wie Budapest wirklich braucht.

OB Karácsony ohne politische Hausmacht

Erschwert wird die ungünstige Konstellation zwischen oppositionell geführter Stadt und Regierung durch die fehlende Verankerung von Karácsony im oppositionellen Lager. Als Vertreter einer kaum vorhandenen und immer weniger bekannten Splitterpartei (Párbeszéd) verfügt Karácsony über so gut wie keine politische Hausmacht und ist den Machtspielen und -interessen der größeren Oppositionsparteien hoffnungslos ausgeliefert.

Selbst wenn sich Karácsony und die Regierung einmal in irgendeiner konkreten Frage auf einen für beide Seiten attraktiven Deal einigen sollten, kann nie ganz ausgeschlossen werden, dass Karácsony im letzten Moment vom eigenen Lager zurückgepfiffen wird. In der im Interview mit ihm gefallenen bitteren Bemerkung bezüglich des selbst ernannten Führers des linken Lagers, also Ferenc Gyurcsány, der sich Karácsony in den Weg stellen würde, sollte dieser für 2022 nach der Spitzenkandidatur des linken Lagers greifen, steckt mehr als ein Körnchen Wahrheit. So viel zur Handlungsfreiheit des neuen OB.

Magere Ein-Jahres-Bilanz

Wegen all diesen Gegebenheiten fällt die Ein-Jahres-Bilanz von Karácsony eher mager aus. Bisher hat er sich vor allem als Zauderer, Verhinderer und Verzögerer einen Namen gemacht. Das heisst nicht unbedingt, dass er wirklich ein solcher wäre. Möglicherweise sind die Regierungsparteien auch nur sehr erfolgreich darin, dem derzeit populärsten Oppositionspolitiker genau dieses Image zu verpassen.

Es ist nicht abzusehen, ob und wie sich das Verhältnis von Budapest und Regierung grundlegend verbessern könnte. Die näher rückenden Parlamentswahlen 2022 und der zunehmende Wahlkampf werden sich auf die Normalisierung des Umgangs miteinander eher abträglich auswirken. Tragisch für Budapest und die Budapester. Tragisch natürlich auch für das ganze Land.

2 Antworten auf “Gelähmte Hauptstadt

  1. Herr Weihnachten is nur ein nützlicher Idiot der Linksliberalen, die unter Ferenc Gyurcsány und nun auch Klára Dobrev in Brüssel in den Feldzug ziehen. Einige gutmütige und kluge Politiker der Opposition sind dabei schon unter die Räder gekommen – und wenn man nicht aufpasst, könnte sogar das ganze Land nach 2022 sowas erleiden. Die deutsche SPD arbeitet massiv an einer politischen Wiederauferstehung Gyurcsánys. Reichen denn die schlimmen Jahre von 2002 bis 2010 nicht, soll der Staatsbankrott daher?

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  2. “OB Karácsony versucht daher vor allem auf dem Feld der Symbolpolitik punkten.”
    Er steht daher im Einklang mit der Politik, die in Brüssel gemacht wird. Wir befinden uns im Endspiel, und dabei in der 1. Verlängerung.

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