Mi Hazánk-Kundgebung auf dem Deák ter: Stellenweise mehr Fußballspiel- als Trauerfeier-Ambiente. (Foto: MTI / Tamás Kovács)

Die linke Seite / Kommentar zu rechten Protesten

(Kein) Raum für Hass

Die Partei Mi Hazánk (dt.: Unsere Heimat) schaffte es, ihre Demonstration vor der Landesselbstverwaltung der Roma als Gedenkveranstaltung für die Opfer des „Lynchmordes am Deák tér” darzustellen. Aus diesem Grund hielten sie es auch nicht für notwendig, diese bei der Polizei anzumelden. Aus rechtlicher Sicht gab es daher auch nichts zu verbieten.

Die Polizei sperrte das Gebiet vor der Selbstverwaltung komplett ab. Vertreter der Partei, die ultrarechte Traditionen der Jobbik (Anm.: aus der heraus sich Mi Hazánk gründete) wiederbeleben wollen, waren daher gezwungen, ihre Reden außerhalb der Sperrzone zu halten. Skeptiker konnten sich hier davon überzeugen, dass Mi Hazánk eine politische Demonstration organisiert hatte, bei der es nicht etwa um Beileidsbekundungen ging, sondern bei der es darum ging, den Begriff „Zigeunerverbrechen“ so oft wie möglich zu äußern. Die Polizei nahm Ausweiskontrollen vor, beschlagnahmte Fahnen sowie Transparente und erstattete Anzeige.

Ähnliche Ursache, unterschiedliche Wirkung

Wenig später sperrte die Polizei den Deák tér ab, wo die beiden Jugendlichen erstochen worden waren. Dort versammelten sich noch wesentlich mehr Teilnehmer, darunter auch Fußballfangruppen, sogenannte Ultras. Die Absperrung hatte jedoch nicht zum Ziel, möglichst alle vom Tatort fernzuhalten. Vielmehr sollte der Autoverkehr nicht gestört werden. Die Ultras skandierten ungehindert „Zigeunerverbrechen”, dutzende Bengalos wurden gezündet. Die Polizei ging jedoch nicht einmal in die Nähe der Unruhestifter.

Ende vorletzten Jahres wurde gegen eine oppositionelle Politikerin der Momentum-Partei, Katalin Cseh, ein Verfahren wegen des Entzündens eines einzigen Bengalos eingeleitet. Kürzlich haben Polizisten – sich auf den Ausnahmezustand berufend – noch reihenweise Demonstranten mit Bußgeldern belegt, die zum Protest gegen die Regierung in ihren Autos saßen und hupten.

Karácsony: „Keine Tragödie darf als Entschuldigung für Einschüchterungsversuche und Selbstjustiz herhalten“

„Budapest duldet keinerlei rassistische Hetze, weder hier noch andernorts ist Raum für diesen verdammten Hass. Keine Tragödie darf als Entschuldigung für Einschüchterungsversuche und Selbstjustiz herhalten”, schrieb Oberbürgermeister Gergely Karácsony auf seiner Social-Media-Seite.

Doch darüber, was im heutigen Ungarn als „rechtskonformes Verhalten” gilt, kann auch er vermutlich keine Aufklärung geben. Regierungskritische Demonstranten sind gut beraten, sich irgendein Fußballtrikot überzustreifen. Dann geschieht ihnen vielleicht auch nichts.

Aus dem Ungarischen von EKG.

Der hier wiedergegebene Kommentar erschien am 30. Mai in der Online-Ausgabe der linken Tageszeitung Népszava.

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