Meinungsvielfalt
Jan Mainka, Chefredakteur und Herausgeber der Budapester Zeitung: „Mit der Budapester Zeitung wollen wir das Verständnis für das real existierende Ungarn erhöhen. Dafür ist Meinungsvielfalt unabdingbar.“ Foto: Privat

Einige Anmerkungen zu den Redaktionsprinzipien der Budapester Zeitung

Meinungsvielfalt

Ob nun zweite, dritte oder wievielte Welle auch immer, derzeit befindet sich das neuartige Coronavirus wieder gewaltig auf dem Vormarsch. Dem BZ Magazin merkt man davon allerdings kaum etwas an. Ganz einfach, weil sich dieser Vormarsch für ein Wochenmagazin viel zu rasant vollzieht.

Ähnlich wie im Frühjahr findet die Corona-Krise bei uns daher wieder vor allem in unserer Tageszeitung BZ heute sowie natürlich auf BZ online statt. In diesen beiden Medien berichten wir permanent über die wichtigsten Neuigkeiten rund um die aktuelle Krise.

Reine Informationsweitergabe

Unverändert ist auch unsere Praxis, dass wir bei der Corona-Berichterstattung stets sauber die Informationen weitergeben, die Vertreter des ungarischen Staates über Pressekonferenzen oder die Nachrichtenagentur MTI mitteilen. Wir bringen diese und andere tägliche Corona-Informationen ohne jegliche eigene Wertung. Jeder kann daraus seine eigenen Schlüsse ableiten. Von daher ist es auch müßig, uns  – wie schon mehrfach geschehen – als Corona-Hysteriker oder Ähnliches zu diffamieren, bloß weil wir reine Zahlen und Fakten weitergeben.

Da wir keine Mediziner im Team haben, überlassen wir die Bewertung der sehr komplexen Corona-Lage lieber den Experten und halten uns mit Kommentaren zu diesem zunächst einmal medizinischen Thema sehr zurück. Sicher hat jeder BZ-Mitarbeiter seine eigene Meinung dazu, aber die tut beim Schreiben von BZ-Artikeln nichts zur Sache und hat dort auch nichts zu suchen.

Je nach seiner jeweiligen Einstellung zur Corona-Frage kann sich jeder Leser, inspiriert durch die angebotenen Fakten, seine eigene Meinung bilden. Das respektieren wir und wollen dabei auf keinen Fall stören, indem wir etwa unsere Meinung(en) aufdrängen oder gar ein Loblied auf von uns präferierte Corona-Theorien singen.

Weitergabe von externen Meinungen

Dieses Prinzip gilt übrigens auch für unseren Politikteil. Meinungen kommen hier lediglich in Form von Interviews oder im Rahmen von Gastbeiträgen unserer bewährten Magazinrubrik „Linke Seite / Rechte Seite“ vor. Stets wird am Ende der einzelnen Beiträge auf das ursprüngliche Erscheinungsmedium hingewiesen. Beide Beiträge dieser Rubrik stammen also nicht aus unserer Feder und geben nicht „unsere“ Meinung wieder.

Es wäre auch reichlich schizophren, wenn die Budapester Zeitung gleichzeitig eine linke und rechte Meinung vertreten würde. Obwohl das eigentlich evident sein sollte, gibt es leider immer wieder einige besonders eilfertige Leser, die eine der beiden Seiten lesen und sich dann uns gegenüber Luft machen, indem sie die Budapester Zeitung mal als Sprachrohr der Regierung, mal als Sprachrohr der Opposition beschimpfen – eine gleich doppelt unwahre Unterstellung.

Bemerkenswerterweise haben übrigens mehr „Linke“ Probleme mit unserer „rechten Seite“ als umgekehrt. Am Inhalt der Beiträge kann das nicht liegen. Bei der Auswahl beider Gastkommentare achten wir stets darauf, dass sie scharf formuliert sind und die Ansichten des jeweiligen politischen Lagers möglichst prägnant und nachvollziehbar wiedergeben.

Wirklichkeitsgetreue Darstellung

Ein weiterer Vorwurf lautet, dass wir die präsentierten Meinungen nicht ausreichend sieben würden. Dabei würde dieses Sieben eben darauf hinauslaufen, die ungarische Wirklichkeit zu frisieren. Genau das ist aber nicht unsere Aufgabe. Im Gegensatz zu manch deutschsprachiger Zeitung haben wir es uns nicht auf die Fahne geschrieben, die ungarische Wirklichkeit nach unserem Gusto zurechtzubiegen. Wir wollen sie stattdessen verständlich machen und so darstellen, wie sie wirklich ist, nämlich vielfältig.

Dazu gehört auch, die vorherrschenden Meinungen im Regierungs- und Oppositionslager wirklichkeitsgetreu abzubilden. Alles andere wäre zudem ein reichlich sinnloses Unterfangen. Selbst wenn wir einige Meinungen wegzensieren würden, weil wir sie nicht mögen oder weil wir sie nicht zumutbar für unsere Leser halten, dann gäbe es diese dennoch weiterhin. (Das Gleiche gilt übrigens für Leserkommentare auf BZ online oder unserer Facebook-Seite: Dort laufen wir genauso wenig mit der Schere herum.)

Für Außenstehende ist es nur dann möglich, sich ein ungefähres Bild von der ungarischen Innenpolitik und den hier herrschenden Spannungen zu machen, wenn sie beispielsweise wissen, von welchen Gedanken und Vorstellungen die hiesigen politischen Gruppierungen beseelt sind. Würden wir nur eine Seite darstellen und uns nicht genehme Meinungen einfach ausblenden, dann könnte schnell ein verzerrtes Ungarnbild entstehen.

Mit der Budapester Zeitung wollen wir das Verständnis für das real existierende Ungarn erhöhen. Dafür ist Meinungsvielfalt unabdingbar.

Dieser leicht überarbeitete Kommentar erschien ursprünglich am 30. Oktober im BZ Magazin Nr. 39.

5 Antworten auf “Meinungsvielfalt

  1. Lieber Herr Mainka,

    ich kenne keine vergleichbare Zeitung wie diese hier, die so ausgewogen und unaufgeregt über das reale Land berichtet! Auch in anderen Ländern nicht.
    Ich danke Ihnen und Ihrem Team sehr, dass Sie hier eine Arbeit leisten die sicher sehr angefochten wird in der heutigen Zeit, wo es immer mehr darum geht recht zu haben und wenn auch nur mit viel Geschrei und Beleidigungen. Ich freue mich jeden Tag auf die Infos von BZ online und BZ+ und am Wochenende das Magazin.
    Machen Sie weiter so, dieser Weg stimmt meiner Meinung nach!
    Herzliche Grüsse
    U.Paul

    0
    0
  2. Guter Journalismus ist in Deutschland und Österreich selten geworden . Da gibt es vor allem Influencerinnen und Influencer, Followerinnen und Follower, Gender-Spreech, Political-Correctness und Anglizismen.

    Fakten werden verschleiert oder ganz auf den Kopf gestellt. Man denke nur an die Falschaussagen der staatlichen Fernsehanstalten dieser Länder, Orbán habe sich im Frühjahr 2020 selbst ermächtigt und das Parlament ausgeschaltet bzw. stillgelegt. In allen Fällen ließe sich beweisen, dass nicht in Ungarn, sondern vielmehr in der BRD oder Österreich am Parlament vorbei regiert und Grundrecht gebrochen wird.
    Auch die Berichterstattung über die Soros-Uni (CEU) ist so ein Beispiel. Orbán habe die CEU verjagt, wird behauptet – und dabei wird verschwiegen, dass sie noch in Budapest existiert, jedoch ohne die amerikanisch akkreditierte Studienabschlüsse. Die bekommt man jetzt in Wien.

    Medienarbeit Linker und Linksliberaler ist in den westeuropäischen Staaten Mission. Infolge dessen haben sich schwachsinnige Slogans wie “Putin, Orbán, Edogan” in den Köpfen festgesetzt. Borniertheit gibt es auf allen politischen Seiten.

    0
    0
  3. Seit einiger Zeit recht treuer Leser der Budapester Zeitung kann auch ich mich nur über die verfälschende Berichterstattung der deutschen und französischen Medien sowohl in der Presse wie auch im Fernsehen beklagen. Ihnen zufolge lebt man in Ungarn in einer Fastdiktatur, die den oppositionellen Kräften die Luft zum Atmen nimmt.
    Die Lektüre Ihrer Zeitung mit ihrer rechten und auch linken Seite gestatten es dem an der Politik in Ungarn interessierten Leser sich sowohl faktuell wie auch meinungsbildend zu informieren. Als nunmehr langjähriger Ungarnurlauber bin ich erfreut, festzustellen, dass es in Europa noch Länder gibt, die wissen, was sie wollen und nicht wollen, die ihre Identität festlegen und diese bewahren wollen, die die Kirche nicht nur sprichwörtlich im Dorfe bleiben lassen wollen.
    Die Ereignisse der letzten Tage in Frankreich wie auch in Österreich zeigen uns ungeschminkt und schmerzvoll, dass man offenbar in Ungarn nicht die falschen Wege einschlägt. Als ehemaliger Ostdeutscher bin ich betrübt festzustellen, dass die westlichen Mainstreammedien immer mehr der Prawda oder der Aktuellen Kamera der DDR ähneln. Die BZ arbeitet glücklicherweise anders und bemüht sich nach bestem Gewissen, uns die Situation in Ungarn realistisch und faktuell zu präsentieren. Ändern Sie bitte nichts daran.

    0
    0
  4. Ja, das macht die BZ so wertvoll, dass unterschiedliche Meinungen zur Geltung kommen. Ebenfalls meine Frau war erstaunt über den Leitartikel von Herrn Mainka im BZ Magazin Nr. 39 wo über eine Ausgewogenheit der linken und rechten Seite der Meinungen berichtet wird. Diese Handlungsweise dürfte in den Gazetten der EU wohl e i n m a l i g sein. Dafür gebührt Herrn Mainka ein ganz besonderer Dank und Aufmerksamkeit für diese Ausgewogenheit.
    Zur sogen. Korona-Krise wäre sehr, sehr viel zu sagen, (s. BZ Magazin Nr. 40) doch noch sollte man sich zurückhalten, da viel zu viele Bürger mit der Wahrheit nicht zurechtkommen würden. Die Zukunft wird diesen weitgehend einseitig Informierten die Augen schmerzlich öffnen, leider.

    0
    0

Schreibe einen Kommentar

Weitere Artikel