Die rechte Seite: Kommentar zur Niederlage des Jobbik-Kandidaten
Aufrichtiges Schweigen
Der Jobbik-Vorsitzende Péter Jakab versuchte gar, den Misserfolg als Erfolg darzustellen, obwohl die Fidesz-Kandidatin Zsófia Koncz mit einer absoluten Mehrheit gegen den Oppositionskandidaten gewonnen hatte.
Absurde Einschätzungen
Ihr Vorsprung von fünf Prozentpunkten ist auch kein „knappes“ Ergebnis, von dem die Linke spricht. Jakabs Meinung nach haben die Wähler der Opposition Geschichte geschrieben. Die Niederlage in Borsod würde bereits von der Aufbruchstimmung für die ungarischen Wahlen 2022 künden. Was ihn zu dieser Annahme verleitete, ließ er jedoch im Dunkeln. Das Gleiche hätte er wohl gesagt, wenn sie gewonnen hätten. Dann wäre es zumindest weniger absurd gewesen.
Genauso absurd ist auch, dass der Jobbik-Kandidat László Bíró schon während des Wahlkampfes als Symbol für Freiheit und als Vertreter einer Volkspartei dargestellt wurde. Das klingt eher wie ein Fiebertraum, denn eine nüchterne Einschätzung der Lage.
Ferenc Gyurcsány äußerte sich am Tag nach der Wahl ein wenig bitterer als sein Oppositionskollege. Der ehemalige Minister sah in seinem Facebook-Post sogar ein, dass eine Niederlage in der Tat kein Sieg sei. Doch auch er gibt nicht der Opposition die Schuld, sondern der Regierung, die „im Besitz von Gesetzen, der Öffentlichkeit und des Geldes“ sei.
Diese Einschätzung ist nicht nur bei Gyurcsány zu lesen. Auch die Jobbik macht den „brutalen Gegenwind“ für ihr Scheitern verantwortlich.
Naiv und kurios
Die liberalen Medien springen auf den gleichen Zug auf und wundern sich allen Ernstes, warum die Regierungsparteien für ihre Kandidatin geworben hatten. Klar wäre es für die Opposition besser gewesen, wenn sie sich aus dem Wahlkampf herausgehalten hätten. Es ist aber geradezu naiv, von ihnen zu erwarten, im Wahlkampf nicht mit den Erfolgen der Regierung zu argumentieren.
Besonders kurios ist jedoch, wenn Gyurcsány in seinem Facebook-Post von dem „Anstand“ spricht, den „sie zumindest behielten“. Dass sowas ausgerechnet von Ferenc Gyurcsány kommt!
Der Erfahrungsschatz des gescheiterten Premierministers zeigt sich immerhin darin, dass er nicht den grundlegenden politischen Fehler begeht, den Wählern die Schuld an dem Ergebnis in die Schuhe zu schieben. Das taten nämlich gleich mehrere Jobbik-Politiker. Wie viele Wähler werden sie mit diesem Wähler-Bashing wohl für die Zukunft gewinnen?
Doch zurück zu Péter Jakabs positiver Grundstimmung. Ja, man kann die Frustration der Jobbik verstehen. Niemand würde derzeit gerne mit ihr tauschen. Gyurcsány hatte sich bei dieser Nachwahl sicher wesentlich mehr von der Jobbik versprochen. Bei den Wahlen 2022 werden sich die Abgeordneten von Gyurcsánys DK-Partei ganz bestimmt an dieses Fiasko erinnern, wenn sie die Karten verteilen.
Wider besseren Wissens zum Antisemitismus des Jobbik-Kandidaten geschwiegen
Andere Oppositionelle wie Péter Márki Zay und Ákos Hadházy werteten die Ergebnisse indes kritischer aus. Letzterer äußerte am Sonntagabend ziemlich verblüffend, dass László Bíró nicht nur antisemitisch, sondern auch korrupt sei. Hadházy gibt sogar zu, dass er dies besser wusste als jeder andere. Als Oppositionspolitiker habe er jedoch bis zur Wahl bewusst öffentlich dazu geschwiegen. So viel zu dem von Gyurcsány beschworenen „Anstand“.
Erinnern wir uns auch daran, dass der Budapester OB Gergely Karácsony und andere linksliberale Politiker ernsthaft vor laufender Kamera zur Unterstützung von László Bíró aufriefen, obwohl dieser unter anderem die Hauptstadt als „Judapest“ diffamiert hatte. Er habe sich dafür entschuldigt, und schon war für die Linksliberalen die Welt wieder in Ordnung.
Auch die westliche Presse, die sich immer wieder über den in Ungarn grassierenden Antisemitismus empört, schweigt bisher zu diesem Skandal. Wie kann man da noch von Aufrichtigkeit sprechen?
Aus dem Ungarischen von Anita Weber.
Der Artikel erschien am 13. Oktober auf dem Portal der regierungsnahen Zeitung Magyar Hírlap.