Die linke Seite: Kommentar zum Fall Müller-Hadházy
„Haben wir dafür keinen besseren Text?”
Die Sache wirft ein Schlaglicht darauf, was die Regierung von Transparenz hält und davon, ihren Wählern gegenüber Rechenschaft zu leisten.
„Nur fünf Minuten Arbeit“
Im Zusammenhang mit sechs EU-Projekten des Nationalen Zentrums für öffentliche Gesundheit (NNK) wollte Hadházy wissen, wofür die Institution die im Rahmen dieser Projekte gewährten Milliarden ausgegeben hatte. Unter Bezugnahme auf eine während des Gesundheitsnotstands geltende Regierungsverordnung wies das NNK jedoch darauf hin, dass eine Antwort nur binnen 45 Tagen zu erwarten sei. Und das, obwohl es Müller laut Hadházy gerade einmal „fünf Minuten Arbeit gekostet hätte“, der Bitte des Abgeordneten nachzukommen und ihm Einsicht in die Verträge des EU-Projektes zu gewähren. Schließlich „hätte sie nur das Projektmanagement anweisen müssen, die Informationen aus ihrer Datenbank zu ziehen und zu versenden.” (…)
Hadházy berief sich in seiner Anfrage jedoch nicht auf „Informationen von öffentlichem Interesse”, was in den Geltungsbereich der Verordnung fällt, sondern wollte in seiner Funktion als parlamentarischer Abgeordneter die Verträge einsehen, wozu er berechtigt ist. (…)
Darüber hinaus lieferte das NNK nicht einmal eine Rechtfertigung für die Verlängerung der Antwortfrist auf 45 Tage (außer, dass es die Institution an seiner Aufgabenerfüllung hindern könnte), obwohl dies nach der besagten Verordnung erforderlich wäre. All dies würde ausreichen, um das Vorgehen des NNK fragwürdig erscheinen zu lassen, aber hier kommt das i-Tüpfelchen: Cecília Müller hatte vergessen, Hadházys E-Mail-Adresse zu entfernen, als sie eine Nachricht an ihre Kollegen schickte, in der sie klarstellt, dass es einzig ums Zeitschinden geht.
„Haben wir keinen besseren Text dafür?“
In der E-Mail der obersten Amtsärztin heißt es: „Liebe Kolleginnen und Kollegen! Haben wir keinen besseren Text dafür? Warum muss das mit der Gefährdung der Aufgabenerfüllung da reingeschrieben werden? Warum können wir uns nicht einfach auf das Gesetz berufen und die Informationsausgabe auf 45 Tage verlängern und fertig. Vielen Dank, Cili”
So viel ist der Leiterin des Nationalen Zentrums für Volksgesundheit also das gesetzlich festgeschriebene Recht eines gewählten Abgeordneten in Ausnahmezeiten wert, in denen täglich mehrere Dutzend unserer Mitmenschen ihr Leben verlieren. Die oberste Amtsärztin verlangt irgendeinen „besseren Text” von ihren Mitarbeitern, um den unangenehmen Abgeordneten loszuwerden – auch sie spürt also, dass die gegebene Begründung nicht ausreicht. Es stört sie aber nicht, dass das Recht der Bürger auf Information in der Zwischenzeit untergraben wird.
Die NGO „Gesellschaft für Freiheitsrechte“ (TASZ) schrieb in einem Beitrag vom November über Verlängerung der Fristen für Informationsanfragen, dass man „von nichts anderem ausgehen kann, als dass die Regierung der Ansicht ist, dass die Information der Öffentlichkeit die Verteidigung behindert, dabei ist genau das Gegenteil der Fall”. Denn laut TASZ ist es von höchster Wichtigkeit, dass „alle sehen, was im Gesundheitswesen geschieht, weil dies notwendig ist, um das Ausmaß der Gefahr einschätzen und die notwendigen Entscheidungen treffen zu können.”
Zu viele offene Fragen
Es reicht aus, an den Impfplan zu denken, um allen die Wahrheit der obigen Aussage klar zu machen. Es wäre wichtig, dass jeder über alle Einzelheiten des Impfplans informiert ist, stattdessen veröffentlicht die Regierung diese nur scheibchenweise und nach Gutdünken. „Jeder kann wissen, in welche Gruppe er gehört“, sagte Gergely Gulyás am Montag in einem Interview mit der linken Tageszeitung Népszava, als er gefragt wurde, warum der Impfplan nicht öffentlich sei.
Ja wirklich? Wir wissen beispielsweise immer noch nicht, wer in die siebente Gruppe, der „in kritischen Infrastrukturen Arbeitenden”, fällt. Und das ist nur ein wichtiges Detail unter vielen.
Laut der Anti-Korruptionsplattform K-Monitor würden manche Institutionen „den Ausnahmezustand missbrauchen und damit die Informationsfreiheit untergraben.“ In dem Facebook-Beitrag zum Fall Müller-Hadházy schreiben sie weiterhin: „Die Tatsache, dass eine staatliche Stelle dies missbraucht, ist nicht überraschend: Wir haben bereits von sämtlichen Ministerien (auch von solchen, die nichts mit der Verteidigung gegen die Pandemie zu tun haben) so eine Antwort erhalten.”
Die Regierung behandelt uns Bürger schon seit Langem wie Untergebene. Nur ein Teil davon zeigt sich in der Art und Weise, wie sie über unseren Zugang zu Informationen denkt. Anstatt jedoch „bessere Texte“ zu erfinden, würden wir echte Informationen dringend benötigen, insbesondere jetzt, wo das Fehlen dieser Informationen Menschenleben kosten kann. Besonders für eine oberste Amtsärztin würde es sich geziemen, dies anzuerkennen.
Aus dem Ungarischen von EKG.
Der hier leicht gekürzt wiedergegebene Kommentar erschien am 8. Februar auf dem linken Nachrichtenportal merce.hu.