Anmerkungen zum ZEIT-Artikel „Die Orbanologie“ von Mariam Lau
Framing, Häme und Hetze
Wie immer, wenn man solchen journalistischen „Werken“ begegnet, bräuchte man mindestens das Drei- bis Vierfache an Zeit und Papier, um ein solches Gebräu auch nur halbwegs geradezurücken. Beides steht häufig nicht zur Verfügung, und der durchschnittliche Medienkonsument würde dem auch kaum bis zum Ende folgen.
Vom Meinungspluralismus zur Einheitsgesinnung
Wenn man bedenkt, dass Namen wie Marion Gräfin Dönhoff, Theo Sommer, Gerd Bucerius, aber auch Helmut Schmidt die Herausgeberschaft und Chefredaktion der ZEIT lange prägten, kann man sich nur wundern, was aus dieser einstmals vorbildlichen Zeitung geworden ist. Konnte man einst von der Politik über die Wirtschaft bis hin zum Feuilleton und Allerlei verschiedene Meinungen und politische Richtungen wie auch die Bereitschaft zur unvoreingenommenen kritischen Diskussion erkennen, so überwiegt seit geraumer Zeit eine „links-grüne“ und „woke“ Einheitsgesinnung.
Wer auch nur millimeterweise abweicht, wird zügig und hart zurückgepfiffen. Ein Beispiel dafür ist Mariam Lau; hatte sie es doch 2018 gewagt, einige Fragen an die Art und Weise der sogenannten Seenotrettung zu richten. Bernd Ulrich, stellvertretender Chefredakteur, machte ihr öffentlich und unmissverständlich klar, dass sie schleunigst auf den Pfad der Tugend zurückzukehren und Abbitte zu leisten habe. Diese Strafpredigt hat, wie der hier besprochene Artikel über das MCC belegt, nachhaltig gewirkt.
Ganzheitliches Framing
Das sogenannte Framing beginnt schon im Titel sowie im Titelbild. Mit der Wortwahl von der „Orbanologie“ soll offenbar angedeutet werden, dass der gewählte ungarische Ministerpräsident eine krude Idee vertritt und verbreiten will. Dass es sich dabei um brandgefährliche Ideen handelt, macht das Titelbild deutlich. Auf einer halbgeöffneten Streichholzschachtel prangt Orbáns Konterfei, während oben die Zündköpfe der Streichholzer herauslugen.
Diese Verpackung soll keinen Zweifel daran lassen, dass Viktor Orbán zündelt und zum gefährlichen Brandstifter mutiert, dem mit Recht EU-Mittel entzogen werden. Dass es sich dabei um völlig wirre, ja gerade wahnhafte Ideen handelt, wird in dem Artikel mit dem Rückgriff auf den „Hexenberg“, eine sehr alte Bezeichnung für den „Gellértberg“, aus dem der Sage nach schweflige Dämpfe quollen, einmal mehr unterstrichen. Orbán wird allen Ernstes unterschwellig als der „Leibhaftige“ dargestellt. Und gerade in diesen wabernden Schwefeldünsten soll der neue MCC-Komplex entstehen…
Besonders heimtückisch erscheint der Autorin die Tatsache, dass man im MCC ordentlich gekleideten, gebildeten, geschichtsbewussten und höflichen jungen Menschen begegnet, die durchaus auch die moderne Lebensart (Musik, italienischer Kaffeegenuss) zu schätzen wissen. Sollten sich Konservative, neudeutsch: Rechte, bzw. noch neudeutscher: Rechtsextreme, nicht schon an martialischem Erscheinungsbild und Auftreten zu erkennen geben?
„Klimawandelleugner“
Was den „Klimawandelleugner“ anbelangt, ein Etikett, das dem dänischen Umweltforscher Bjørn Lomborg angeheftet wird, von dem sie tatsächlich ein Buch im MCC erspäht hat, so ist festzustellen, dass sie dessen Publikationen wohl kaum gelesen hat, und wenn doch, dann hat sie ihn nicht verstanden. Auf einem seiner Bücher („Cool it!“) prangt in der deutschen Fassung schon auf der Titelseite folgender Satz: „Warum wir trotz Klimawandels einen kühlen Kopf bewahren sollten.“
Ist es Böswilligkeit oder schierer Mangel an journalistischer Sorgfalt, daraus einen „Klimawandelleugner“ abzuleiten? Lomborg stellt die ökonomische Frage, ob es nicht andere Möglichkeiten des Schutzes vor dem Klimawandel gibt, als intakte Industrienationen – und damit auch sich entwickelnde Länder – in den Abgrund zu reißen. Eine typische und legitime Frage der ökonomischen Opportunitätskostenrechnung.
„Jüdischer Philanthrop“
Sobald in einschlägigen Presseorganen der Name George Soros erwähnt wird, so auch in diesem Artikel, wird er mit den Attributen „jüdisch“ und „Philanthrop“ versehen. Dass Soros einer jüdischen Familie entstammt, und dass er und seine Familie während des Nationalsozialismus Unfassbares erlebt haben, macht tief betroffen und wird auch von niemandem bestritten.
Ob er heute noch dem jüdischen Glauben innerlich verbunden ist, ist kaum zu beurteilen. An derlei Dingen, wie Synagogenbesuchen oder Ähnlichem, sollte man das nicht festmachen. Allerdings hätte man erwarten können, dass seine Unterstützung beim Wiederaufbau von Synagogen in Ungarn sichtbarer wäre, ganz im Unterschied zu seinem Engagement für die Central European University (CEU) in Budapest, sowie seiner Unterstützung für auch in Ungarn tätige NGOs.
Dass es bei dem Streit zwischen der ungarischen Regierung und der CEU um die zweifelhafte Vergabe von Doppeldiplomen (Ungarn, USA) ging, verschweigt die Autorin. Es sollte auch erwähnt werden, dass Soros mit seinem Ansinnen ähnlich konstruierter Universitäten in Prag und in Warschau abgeblitzt ist. Mit Häme wird indessen auf den Fortzug nach Wien hingewiesen. Dass jeder Kämmerer einer Stadt über die fremdfinanzierte Gründung eines Unternehmens oder einer Universität erfreut ist, liegt auf der Hand; verspricht sie doch Arbeitsplätze, Einkommen und Steuereinnahmen. Zum Schwur kommt es, wenn die gegründete Universität eine ähnlich eigenartige Doppel-Diplom-Vergabe vorsieht, wie es in Budapest der Fall war. Dann müssen Wien und Brüssel Farbe bekennen.
„Philanthropie“, Menschenfreundlichkeit, ist löblich. Man kann allerdings mit Fug und Recht fragen, ob mit der Unterstützung womöglich handfeste eigene Interessen oder Weltbilder verfolgt werden. Dass es Soros seinerzeit schaffte, die versammelten Staats- und Regierungsspitzen im World Economic Forum davon zu überzeugen, Griechenland im Prokrustesbett des Euro zu halten, ist vielen Menschen in Griechenland und in anderen Staaten nicht gut bekommen. Ein Schelm, wer dabei daran denkt, dass Soros bei einem Austritt Griechenlands aus dem Euro massive Verluste in seinem Portefeuille an griechischen Staatspapieren hätte hinnehmen müssen. Und wenn man in Expertisen über die Finanzkrise in Asien 1997/1998 vom Fehlverhalten internationaler Finanzmärkte liest, denkt man unwillkürlich an die Einmischung des Finanzmagnaten George Soros. Auch diese Krise ist vielen Menschen nicht gut bekommen.
Grübelnde geschichtsbewusste Studenten
Bemerkenswert ist auch, dass Mariam Lau das Nachdenken über alternative Gesellschafts- und Politikentwürfe als „Grübelei“ verunglimpft. In diesem Zusammenhang sei auch ihr Seitenhieb gegen das Geschichtsbewusstsein, das – übrigens nicht nur – im MCC gepflegt wird, erwähnt. Einem Land, dessen führende Vertreter mit dem Begriff „Heimat“ nichts anzufangen vermögen, Kreuze abhängen, Erinnerungen an Otto von Bismarck und Ludwig Erhard tilgen und am liebsten auch Preußen aus der Geschichte ausklammern möchten, täte ein wenig mehr an Geschichtskenntnis und -bewusstsein wahrlich gut. Als Vorbild könnte die oben erwähnte Marion Gräfin Dönhoff dienen, die in Ostpreußen geboren wurde und ihrer Heimat gedachte, ohne jemals auch nur den Hauch von Gebietsrevisionen zu äußern.
Dass das MCC, wie auch der Fidesz, Abstand zur AfD hält (über die Gründe dafür gab Viktor Orbán im Oktober in einem Interview für die Budapester Zeitung Auskunft), wird zwar erwähnt, zugleich wird jedoch mit einem „aber“ der „Besuch“ (tatsächlich war es ein Vortrag) des FDP-Mannes Marcel Luthe aus Berlin in eine deutliche Nähe zur AfD gerückt. Offenbar scheint es schon ehrenrührig zu sein, gegen eine „verkorkste“ Wahl zu kämpfen. Mariam Lau scheint entgangen zu sein, dass das Berliner Landesverfassungsgericht wegen der zahlreichen Fehler und Unregelmäßigkeiten bei der Wahl eine Wiederholung verlangt. Oder will sie mit dem MCC und Luthe gleich das ganze Berliner Gericht in eine AfD-Nähe rücken?
Unterschwellige Kritik am DUI-Direktor
Nicht ersichtlich ist, was Einzelheiten aus dem Lebensweg des Direktors des Deutsch-Ungarischen Instituts (DUI) am MCC in dem Artikel zu suchen haben. Kernaussagen des Direktors, etwa, dass er überzeugter Antikommunist sei und den Werteverlust durch den Multikulturalismus beklagt, wirken bei Lau hingegen wie Anklagen. Auch ist nicht nachvollziehbar, was an einer Zusammenarbeit zwischen der Konrad-Adenauer-Stiftung und dem MCC bedenklich sein soll. Niemand hindert beispielsweise die Friedrich-Ebert-Stiftung, die auch in Budapest ein Büro unterhält, daran, mit oppositionellen Einrichtungen zusammenzuarbeiten.
Und was ist mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsány? Sein Vermögen kann sich sicher nicht mit dem eines George Soros messen, aber es dürfte bei Weitem reichen, um eine Zeitung oder einen Think Tank ins Leben zu rufen. Schließlich ist das MCC – um es im heutigen Politikjargon zu sagen – auch ein Think Tank bzw. eine Denkfabrik.
Davon gibt es nicht nur in Deutschland und Brüssel, sondern auch in anderen Ländern eine ganze Reihe. Was Deutschland anbelangt, so ist die Denkfabrik „Augora Energiewende“ zu nennen. Wie der Name schon sagt, kämpft sie für eine Energiewende und macht aus ihrer Verzahnung mit den Grünen kein Hehl. Robert Habeck übernahm nahezu die komplette Führungsriege der „Augora“, die zum Teil familiär miteinander verbunden ist, in das neu strukturierte Wirtschafts- und Umweltministerium. Wäre dies, Mariam Lau, nicht auch eine Betrachtung wert?
Prof. em. Dr. Siegfried F. Franke, Jahrgang 1942, lehrte Wirtschaftspolitik und Öffentliches Recht an der Universität Stuttgart und Wirtschaftspolitik an der Andrássy-Universität Budapest.
Da kritzeln wieder deutsche Haltungsjournalisten über etwas, dass sie nur mit ideologischer Brille aus der Ferne betrachten. Am meisten Mühe gegeben hat sich wohl der Graphikdesigner, der den zündenden Gedanken hatte, Orbán auf einer Streichholzschachtel zu präsentieren. Oder stammt die auch von Lau?
Soros hieß urspünglich Schwarz. Er hat mit 14 Jahren in Budapest jüdische Familoien an die Nazis verraten und dann deren Wohnungen geplündert.
Er war bekannt als “der Junge mit dem Rucksack”…
Nicht zufällig wurde er im Judenstaat Israel schon vor über 15 Jahren zu “persona non grata” erklärt.
Sein Vater war ein überzeugter Internazionalist und Kommunist. Deshalb war er Lehrer für die künstliche Weltsprache “Esperanto”. Die sollte helfen, daß die Kommunisten der Welt sich besser verständigen können. Unter der Sowjetherrschaft in Ungarn wurden überall auch Kurse für Esperanto angeboten…
“Soros” bedutet auf Esperanto: “der Beflügelte”…
“Internazionalist”
Diese Schreibweise ist bemerkenswert!