Die Ministerpräsidenten von Ungarn und Polen, Orbán und Morawiecki, am 30. November in Warschau: Mit ihrem vorläufigen Veto haben sie die einzige, für eine souveräne und den Wählerwillen respektierende Regierung mögliche Antwort gegeben.      Foto: MTI / Pressebüro des Ministerpräsidenten / Fischer Zoltán

BZ-Kommentar zum ungarisch-polnischen Veto

ErpressungsUnion

Die ungarische und die polnische Regierung haben mit ihrem Veto einige Kreise der EU mit einem groß angelegten Erpressungsversuch abblitzen lassen.

Geboten wurde ein gewaltiger Geldbetrag. Dafür hätten die beiden konservativen Regierungen einen Blanko-Forderungskatalog des linksliberalen Lagers unterschreiben müssen. Sie hätten zustimmen müssen, für von diesem Lager wahrgenommene Abweichungen von einer wie auch immer definierten Norm jeder Zeit zur Kasse gebeten zu werden. In welcher Höhe auch immer.

Instrumentalisierung des Sonderfonds

Der finanziellen Erpressung verlieh dieses Lager sogar noch moralischen Nachdruck, indem es bei der Neugestaltung der Vertragsbedingungen des EU-Haushalts ohne jeglichen sonstigen triftigen Grund den EU-Wiederaufbaufonds mit einband. Die Überlegung hinter dieser Instrumentalisierung des Sonderfonds liegt auf der Hand.

In dem Moment, in dem sich eine Regierung gegen eine Veränderungen der Vertragsbedingungen stellt, erteilt sie gezwungenermaßen auch dem Hilfsfonds eine Abfuhr. Sie macht sich dann aber schuldig, die Hilfe für die „armen Südeuropäer“ zu hintertreiben. Sogleich kann danach von der Vertretern der „höheren Moral“ und ihren Medien aus allen Rohren das moralische Vernichtungsfeuer eröffnet werden.

Genau das geschieht gerade jetzt. Wie sich die Schlagzeilen in den deutschsprachigen Zeitungen gleichen! Viele sind sogar gleichlautend. Auf jeden Fall kommen in ihnen stets die Worte Blockade und Hilfe vor. „Pfui aber auch, diese egoistischen Osteuropäer!“, wird jedes unkritische Framing-Opfer sogleich empört ausrufen.

Der eigentliche Skandal

Natürlich stellt keines dieser Medien die alles entscheidende Frage: Wie konnte es geschehen, dass Hilfsgelder für notleidende Länder überhaupt an ein völlig anderes Thema, nämlich an die Willfährigkeit anderer Länder in ideologischen Belangen gekoppelt wurden? Dabei ist genau hier der eigentliche Skandal verborgen. Hier steckt der wirklich moralisch verwerfliche Aspekt der jetzigen Eskalation – und nicht etwa beim Doppel-Veto.

Die Regierungen von Ungarn und Polen lassen sich von der finanziellen und moralischen Erpressung aber nicht beeindrucken. Mit ihrem vorläufigen Veto haben sie die einzige, für eine souveräne und den Wählerwillen respektierende Regierung mögliche Antwort gegeben.

Alles andere wäre nicht nur ein Verrat an den Grundprinzipien der beiden Regierungen, sondern auch an den Wählern der sie bildenden Parteien gewesen. Schließlich würden es diese wahrscheinlich wenig goutieren, von ihrer konservativen Regierung plötzlich durch die Hintertür linksliberale Kost aufgetischt zu bekommen.

Ein nachhaltiges Miteinander sieht anders aus!

Man kann gespannt sein, wie sich die EU aus dieser verfahrenen Lage befreit. Eins ist sicher: Ein nachhaltiges Miteinander sieht anders aus. Die tonangebenden Kreise der EU scheinen aus dem Brexit noch immer nicht die entsprechenden Lehren gezogen zu haben.

Hans Kaiser, der ehemalige Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung Budapest, nennt den jüngsten Erpressungsversuch von Kommission und Europäischem Parlament in einem Kommentar frei heraus eine „Schande für Europa“. Dieser widerspreche „eklatant dem europäischen Geist und den geistigen Grundlagen Europas“.

Übrigens, während sich die EU-Länder mit Erpressung und Veto erbittert gegenseitig beharken und wirklich wichtige Themen darunter leiden, ist unter Federführung Chinas im Asien-Pazifik-Raum die mit Blick auf Bevölkerung und Wirtschaftskraft größte Freihandelszone der Welt entstanden…

Der Autor ist Chefredakteur & Herausgeber der Budapester Zeitung.

Ein Gedanke zu “ErpressungsUnion

  1. Gut auf den Punkt gebracht: Das eigentlich perfide:
    “In dem Moment, in dem sich eine Regierung gegen eine Veränderungen der Vertragsbedingungen stellt, erteilt sie gezwungenermaßen auch dem Hilfsfonds eine Abfuhr. Sie macht sich dann aber schuldig, die Hilfe für die „armen Südeuropäer“ zu hintertreiben. Sogleich kann danach von der Vertretern der „höheren Moral“ und ihren Medien aus allen Rohren das moralische Vernichtungsfeuer eröffnet werden.”

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