Gesundheitsminister
Gesundheitsminister a.D. Mihály Kőkény: „Was wirklich seltsam erscheint, ist, dass der für Gesundheit zuständige Staatssekretär völlig unsichtbar geworden ist und seine Stellvertreter innerhalb weniger Tage ersetzt wurden.“ Foto: Privat/ Facebook

Die linke Seite: Kommentar zum Corona-Krisenmanagement

Der Gesundheitsminister kommt nicht zum Zug

In diesem Kommentar kritisiert der Autor, ein ehemaliger Gesundheitsminister, das Fehlen eines solchen Ministers inmitten der gegenwärtigen Gesundheitskrise. Ja, es gibt noch nicht einmal einen sichtbaren Staatssekretär für das Gesundheitswesen. So wird die Gesundheitspolitik notgedrungen an den verschiedensten Stellen gestaltet.

Denn in unserer Heimat ist der allmächtige Ministerpräsident weiterhin Herr und Gebieter über das Gesundheitswesen (und alle anderen Bereiche). Inmitten einer weltweiten Pandemie kommen die Leiter des Gesundheitsressorts weder beim Verteidigungsmanagement noch bei der Kommunikation der Maßnahmen zum Zug. In Deutschland wurde der Gesundheitsminister gerade wegen der wirksamen Maßnahmen gegen das Coronavirus zu einem der beliebtesten Politiker des Landes, in Tschechien hingegen trat der Ressortleiter zurück und übernahm so die Verantwortung für seine begangenen Fehler.

Fehler über Fehler

Ungarn ist ein Land ohne Konsequenzen. Die Seuchenbekämpfung ist stark politisiert und undurchsichtig, angefangen beim Testen bis hin zur Wirtschaftsrettung gibt es Fehler über Fehler, aber geäußerte Kritik wird nicht angenommen.

Aber wer macht hier eigentlich was? Der Ministerpräsident spielt Militärmann, jeden Morgen in der Früh streift er durch Krankenhäuser. Seine dabei mit völkischem Vokabular gewürzten Äußerungen sollen den Anschein der Unfehlbarkeit erwecken. Er geißelt die Linke, Brüssel und die Migranten, von denen er sagt, dass sie gerade die COVID-Strategie der Partei und der Regierung durchkreuzen.

Seiner Meinung nach gehört das ungarische Gesundheitssystem zu den am besten vorbereiteten Gesundheitssystemen der Welt. Die großangelegte Lohnerhöhung für Ärzte, die sofort verabschiedet wurde, deutet aber darauf hin, dass Orbán den Zusammenbruch der Gesundheitsversorgung und die unaufhaltsame Abwanderung des medizinischen Fachpersonals fürchtet.

Der Seuchenschutz der Regierung sieht so aus, dass mit unklaren Verantwortlichkeiten ausgestattete Krankenhausbefehlshaber an den Innenminister Bericht erstatten. Währenddessen stehen die Ärzteausbildung und die Ausbildung von Seuchenexperten größtenteils unter der Aufsicht des Innovationsministeriums. Reformpläne werden vom Finanzministerium und der Nationalbank erstellt, das Außenministerium beschafft wiederum medizinische Ausrüstung und entscheidet, wer an der Grenze einreisen kann und wer nicht.

Ungarn ist abgeschottet, nur aus Tschechien und der Slowakei, wo die Infektionszahlen zunehmend steigen, dürfen die Bürger noch rüberkommen, schließlich sind das unsere Freunde. Die Befugnisse der Kommunalverwaltungen sind beschränkt und ein Schuldirektor darf nicht einmal den Präsenzunterricht in seinem eigenen Wirkungskreis ohne die Genehmigung aus der Zentrale einstellen.

Fehlender Gesundheitsminister, schwacher HR-Minister, unsichtbarer Staatssekretär für das Gesundheitswesen

Trotz des Lobes des Regierungschefs ist die Position des HR-Ministers schwach, aber aus seinem warmen Arbeitszimmer sendet er Nachrichten an das geneigte Publikum. Manchmal lässt er auch unbeugsame Krankenhausdirektoren gehen, wenn er nicht gerade den Ursprung der Magyaren studiert.

Was wirklich seltsam erscheint, ist, dass der für Gesundheit zuständige Staatssekretär völlig unsichtbar geworden ist und seine Stellvertreter innerhalb weniger Tage ersetzt wurden. Die eintönigen Informationen der Obersten Amtsärztin dürften wohl nur die wenigsten Bürger zu ordnungsgemäßem Verhalten anhalten. Den unter dem Deckmantel der Nacht versandten Rundbriefen und Anweisungen fehlt es, wie denen ihres Chefs auch, an Professionalität. Mit den Gewerkschaftsvertretern der Gesundheitsbranche verhandelte der Innenminister. Vermutlich war er es auch, der die dramatische Lohnerhöhung der Ärzte erreicht hat.

In diesem chaotischen System ist nicht das Fachwissen, sondern die kritiklose Loyalität Aufnahmebedingung. Ein echtes Labyrinth, nur ohne Ariadnes Faden.

Was machte Ihre Majestät zwischen 3 und 5 Uhr? Sie erzog das Volk in Propagandavideos und feierte das Jubiläum des freien Schnapsbrennens. Noch dazu ohne Schutzmaske.

Der Virus grinst schadenfroh.

Der Autor ist Internist, Kardiologe und Gesundheitsminister a. D.

Der hier wiedergegebene Kommentar erschien am 3. Oktober in der Onlineausgabe des linksliberalen Wochenmagazins Magyar Narancs.

Aus dem Ungarischen von EKG.

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