Lehrer
Welle des zivilen Ungehorsams
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Am Mittwoch stand eine weitere Verhandlungsrunde an, bei der die Gewerkschaften eigentlich gemeinsam mit dem HR-Ministerium (EMMI) einen Kompromiss suchen wollten, welche Leistungen während des Streiks zu garantieren sind.
Nachdem das EMMI diese Verhandlungen wiederholt verschoben hatte (zuerst mit dem Hinweis auf das Gerichtsurteil zum Warnstreik, dann, weil man auf eine Regierungsverordnung wartete), teilte man nun den Gewerkschaften mit, es gebe nichts zu verhandeln: Die soeben erlassene Regierungsverordnung gebe den Rahmen der auch im Streikfall geforderten Mindestleistungen vor. Die PSZ-Vorsitzende Zsuzsa Szabó sprach von einem „unglaublichen Zynismus“ des Ministeriums. Bekanntlich wollen die Gewerkschaften die ominöse Regierungsverordnung vor dem Verfassungsgericht anfechten, nehme diese den Pädagogen doch das Grundrecht zu streiken. (Unter Berufung auf die Corona-Pandemie sollen 50-100% der Stunden auch im Streik abgehalten werden müssen.)
Streik nichts als eine politische Aktion?
Die PDSZ-Vorsitzende Erzsébet Nagy ergänzte, das EMMI zeige keinerlei Kompromissbereitschaft. Es würde nicht einmal über Fragen verhandelt, die den Alltag betreffen und den normalen Schulbetrieb gefährden. Von den eigentlichen Streikforderungen (weniger Schulstunden, mehr Lohn etc.) ganz zu schweigen. In Ungarn werden den Lehrern 22-26 Stunden pro Woche vorgeschrieben – woraus wegen des um sich greifenden Lehrermangels „mindestens“ 26 Stunden geworden sind, mit der „Pointe“, Überstunden nicht zu bezahlen –, während in den anderen EU-Ländern 14-18 Stunden Standard sind, gepaart mit deutlich höheren Löhnen. Deshalb und wegen der starren Haltung der Regierung stehe es außer Frage, dass der unbefristete Streik am 16. März in Angriff genommen wird.
Die Regierung sieht diesen Streik derweil als politische Aktion an. Kanzleramtsminister Gergely Gulyás erklärte auf der Regierungspressekonferenz am Mittwoch, man verstehe die Wünsche der Pädagogen und halte diese für rechtens. Dessen ungeachtet hätten die Lehrer die Rechtsvorschriften einzuhalten. Ein für die zweite März-Hälfte anberaumter Streik kann nicht anders gewertet werden, als wollte sich jemand in die Wahlen einmischen.
Tage der Arbeitsverweigerung
Diese Haltung hat die Entschlossenheit der Lehrer aber eher gestärkt. Seit Tagen entfaltet sich eine Welle des zivilen Ungehorsams. Jeden Tag verweigern Lehrer anderer Mittelschulen die Arbeit, um auf diese Weise gegen die Willkür der Regierung zu protestieren, ihr Streikrecht verfassungswidrig zu beschneiden. Bislang haben knapp 200 Lehrer in einem halben Dutzend Schulen der Hauptstadt und ihres Umlandes diese ungewohnte Form gewählt, ihre Unzufriedenheit mit den bestehenden Zuständen zu artikulieren. An manchen Schulen bleiben die Lehrer mit ihrem Protest in der Minderheit, an zwei Gymnasien beteiligte sich jedoch eine klare Mehrheit am zivilen Ungehorsam.
Einfach nicht zur Schule fahren, liebe Lehrer. Es ist ganz einfach. Wenn die Kinder keiner versorgt und mehr als 50% streiken, kann der Minister selber unterrichten!
Streikrecht für Beamte? Gibt es das in Ungarn? Und sind sie auch unkündbar?
Es gibt keinen vergleichbaren Beamtenstatus wie in D, Lehrer sind Angestellte und riskieren ihre Entlassung. Viele ältere Lehrer über 50-55 Jahren sind deshalb bei diesen Aktionen nicht dabei. Jüngere “Ungehorsame” erklären ketzerisch, es sei niemand mehr da, der an ihre Stelle in den Schulen rücken könnte. Die Regierung sollte den Bogen nicht überspannen.
Ich weiß durch meine Familie genauesten bescheid. In den kommenden Jahren droht ein dramatischer Lehrermangel. Die könnten sich alles erlauben, auch die über 55-järhigen. Abe die Damen vom Dienst sind so gutmenschig und kultiviert. Meist haben sie Männer, die vernünftig Geld “verdienen”. Dass der Staat gerade jetzt wieder auf die Ausgabenbremse tritt ist nachvollziehbar. Aber da gibt es schon Möglichkeiten. Weniger bauen! Weniger für arrogante Politiker!
Diese Lehrer sind meist brave liberale Geister, die mit brutalen Alpha-Tieren und deren Methoden nicht zurechtkommen. Es sei kein Geld da? Hm, gerade hat sich der Staat bei einer Versicherungsgruppe eingekauft, dafür hatte man 350 Mio. Euro übrig.
Der Zahl der Lehrern furfte nicht wenig sein. Laut Statista steht, wie viel Schuler kommen auf × Lehrer in der EU.
Am meinsten in Frankreich 19, wenigsten in Luxemburg 9.
In Ungarn 10.9 Weniger, als in Ungarn Schuler pro Lehrer gibt es nur in 3. Länder.
Man wundert sich schon, dass gerade die Partei, die sich immer selbst gern als familienfreundlich präsentiert, im Bildungswesen den Rotstift ansetzt, aber mit Blick auf die Wahl Geld verteilt.
Selbst die ganze Verstaatlichungsaktion dient nur dazu, Fidesz-Leute in Machtpositionen in der Wirtschaft zu bringen. Da wird ein Netzwerk aufgebaut, wie man es aus Sowjet-Zeiten kennt.