Neu gezeichnete Wahlkreise
Vorsätzlicher Wahlbetrug?
Der Vorsitzende des Justizausschusses im Parlament begründete die Vorlage mit den demographischen Verschiebungen. Das Nationale Wahlbüro (NVI) habe zuvor das Parlament aufgefordert, die Wahlkreise in einer Weise neu zu gestalten, dass deren Umfang erneut den gesetzlichen Bestimmungen gerecht wird. Demnach darf die Zahl der eingetragenen Wähler vom Landesdurchschnitt in beide Richtungen um max. 15% abweichen; erreicht die Abweichung in einem Wahlkreis 20%, ist das Parlament verpflichtet, korrigierend einzugreifen. Der Justizausschuss nahm sich der Angelegenheit an und beantragt nun eine Aktualisierung in diesem Sinne. Außerdem soll das Neuauszählen der abgegebenen Stimmen künftig auch ohne Vorliegen von Rechtsverstößen möglich werden, wenn sich der Unterschied zwischen den zwei erstplatzierten Kandidaten in einer engen Spanne von weniger als 0,5% oder von 100 Stimmen bewegt. Die Regierungsparteien halten sich mit der Vorlage an die Klausel, wonach derartige Eingriffe ins Wahlrecht bis zum 1. Januar des Jahres vor den betreffenden Wahlen (also hinsichtlich der nächsten Parlamentswahlen bis zum 1. Januar 2025) erfolgt sein müssen.
Der gevierteilte Wahlkreis
In der Parlamentsdebatte kritisierte die DK, in Ländern, wo man die Demokratie ernst nimmt, würden solche Vorlagen gewissenhaft vorbereitet. „Das einseitige Neuzeichnen von Wahlkreisen verletzt schon an sich schwerwiegend demokratische Grundprinzipien“, sagte Gergely Arató. Es gebe keine Diskussion über die Notwendigkeit, im Komitat Pest zwei neue Wahlkreise einzurichten. Landesweit entfallen im Schnitt 71.000 Wähler auf einen Wahlkreis, in Budapest 68.000, im Komitat Somogy aber nur 60.000 und im Komitat Tolna 57.000 Wähler. In Budapest werden die Durchschnittszahlen künftig weit über dem Durchschnitt liegen, „und das alles nur, weil der Fidesz die Hauptstadt verloren hat“.
Auch die MSZP sieht durch die Vorlage einseitig die Interessen des Fidesz bedient. Das Ziel sei nicht nur, Budapest zurückzugewinnen, obendrein soll der Anteil der Hauptstadt und damit die politische Einflussnahme der Budapester eingeschränkt werden. Ágnes Kunhalmi konnte am eigenen Beispiel als Abgeordnete ableiten, dass ihr Wahlkreis „ohne vernünftigen Grund gevierteilt wurde“. Es fehle jede Transparenz, und „weil das Prinzip der Verhältnismäßigkeit weiter verletzt wird, können wir hinsichtlich der eigentlichen Absicht gerechtfertigt von Wahlbetrug sprechen“.
Wahlrecht an Schulabschluss koppeln
Die Jobbik kann beim besten Willen nicht die Absicht der Regierungsparteien erkennen, dass die Stimmen der Bürger überall gleich schwer wiegen. So ziehe sich ein neuer Wahlkreis von Budakalász bis Zsámbék und wurden auch Szentendre Gemeinden zugeschlagen, die nicht benachbart sind. In Somogy geschehen derweil keine Korrekturen. Koloman Brenner sprach sich für die Rückkehr zu Wahlen mit zwei Runden aus, weil so „natürliche Bündnisse“ zustande kämen. Schließlich sollten die in den Westen ausgewanderten Ungarn ein Online-Wahlrecht erhalten.
Die Párbeszéd spottete, der Fidesz habe einen „Malwettbewerb“ veranstaltet, um die eigene Macht zu halten. Die „Rubel-Rechte“ (in Anspielung auf die Fidesz-PR von der „Dollar-Linken“) sorge sich dermaßen wegen des Wahlausgangs 2026, dass man eine mehr als 60 Seiten starke Vorlage mitten in der Nacht einreichte, damit die Opposition ganz sicher keine Chance habe, die Vorschläge durchzuarbeiten.
Die Mi Hazánk sieht „die institutionalisierte Form eines legalisierten Wahlbetrugs“, selbst wenn die Neuzuordnung eines Wahlkreises weg von Budapest zu Gunsten des Komitats Pest in Ordnung sei. István Apáti forderte erneut, das Wahlrecht an einen Schulabschluss zu koppeln. „Wenn für einen Führerschein acht Klassen vorausgesetzt werden, warum gilt das dann nicht für eine Entscheidung bezüglich der Zukunft des Landes?!“