BZ-Kommentar zu den Überlegungen von Polen und Ungarn, gegen Zensur und Deplatforming der Social-Media-Plattformen vorzugehen
Verhängnisvoller Segen
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Im aktuellen BZ Magazin beschäftigen sich gleich drei Beiträge mit den negativen Aspekten von Social-Media-Plattformen. In unserem Gastkommentar kritisiert der Theologe Dániel Deme die zunehmende und entlang völlig intransparenter Kriterien vorgenommene Internetzensur sowie das Deplatforming. Der Sprecher des Landesrettungsdienstes Pál Győrfi kritisiert wiederum, dass über Social-Media-Plattformen immer mehr Fehlinformationen verbreitet werden und Unsicherheit gesät wird. Der deutsch-ungarische Musiker und Produzent Leslie Mandoki wirft den Plattformen unter anderem vor, nicht gerade für einen toleranten Umgang und einen respektvollen Diskurs zu sorgen.
Immer mehr Unbehagen und Skepsis gegenüber Social-Media-Plattformen
Generell mischt sich in die Begeisterung über die unstrittig vorhandenen vielen Vorteile von Social-Media-Plattformen immer mehr Unbehagen und Skepsis. Immer stärker setzt sich die Überzeugung durch, dass die Gesellschaft vor der Allmacht der Tech-Giganten geschützt werden müsste, insbesondere gegen deren willkürliche oder intransparent von außen gesteuerte Angriffe auf die Meinungsfreiheit. Sicher ist auch ihre Praxis der Steuervermeidung, die inzwischen gewaltige Dimensionen angenommen hat, ein paar Überlegungen wert – erst recht in Zeiten klammer Staatskassen.
Das Problem sind nicht die Social-Media-Plattformen an sich, sondern vor allem, dass sie im Gegensatz zu den meisten anderen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft bisher nahezu völlig sich selbst überlassen wurden. So konnten sie zu einer Größe heranwachsen, die in anderen Branchen längst die Kartellämter alarmiert hätte. Diese Größe ist es aber auch, die sie inzwischen schützt. Die Social-Media-Plattformen zensieren und betreiben Deplatforming – kein Problem. Sie sind hoch effizient bei der Steuervermeidung – ebenfalls kein Problem. Es scheint sich niemand mehr an sie heranzuwagen.
Grassierende Selbstjustiz
Eine Meinungsäußerung, die im „normalen Leben“ vom jeweiligen nationalen Recht geschützt wird, kann in der Internetwelt ohne weiteres zum Löschen von Posts oder gar ganzer Accounts führen. Vor der Selbstjustiz der Tech-Firmen sind inzwischen nicht einmal mehr amtierende US-Präsidenten sicher. Während insbesondere Vertreter westlicher Länder gerne östliche Länder in puncto Rechtsstaatlichkeit kritisieren, haben sie es zugelassen, dass sich im Internet gewaltige rechtsfreie Räume gebildet haben, oder zumindest Räume, in denen ein anderes als das jeweilige nationale Recht gilt.
Angesichts ihrer immer größeren Macht bei der Meinungsbildung und ihrem zunehmenden verantwortungslosen Umgang damit sollte es keine Frage mehr sein, ob etwas gegen die großen Social-Media-Plattformen getan werden muss, sondern nur noch was und wann. Je länger die Staaten zögern, die Tech-Giganten in den gleichen gesetzlichen Rahmen zu drängen, in dem auch die anderen Firmen klarkommen müssen, umso schwerer wird dieser unausweichliche Kampf.
Müssen die östlichen Länder wieder den ersten Schritt tun?
Da sich die westlichen Staaten mit den marktbeherrschenden Plattformbetreibern arrangiert haben und ihr fragwürdiges Treiben zu billigen scheinen, könnte die Initiative ähnlich wie beim Kampf gegen die illegale Migration erneut von östlichen Ländern ausgehen. Die polnische Absicht, der grassierenden Internetzensur mit drakonischen Strafen zu Leibe zu rücken, ist schon mal ein löblicher Anfang.
Auch die ungarische Justizministerin Judit Varga hat dieser Tage deutlich signalisiert, dass Ungarn nicht länger gewillt ist, den Tech-Firmen alles durchgehen zu lassen. Man kann gespannt sein, wer in diesem Ringen sein Recht durchsetzen kann.
Drakonische Sanktionen gegen Amerikas Firmen-Imperien wären ein erster kluger Schritt, der die in der Wohlstandsblase befindlichen Westeuropäern total irritieren könnte. Schaut man in die Niederlande oder andere linksliberale Steueroasen, schaut man nach Frankreich, wo die blutige koloniale Vergangenheit die Bürger einholt und ihnen mit den Banlieues vor Augen führt, wie ein Staat und seine Gesellschaft sich auflösen, schaut man nach Deutschland, wo immer mehr Menschen resignieren unter dem illiberalen, alternativlosen “Merkelchen”, dann ist der richtige Moment für Polen und Ungarn gekommen, wo sie dem Westen mal wieder zeigen könnte, wo die Glocken hängen. Ohne diese beiden Staaten würde die ehemalige stellvertretende FDJ-Sekretärin Merkel noch immer die Staatsdoktrin beten . Zieht Gates, Soros, Zuckerberg, dem Kriegsverbrecher und Friedensnobelpreisträger Obama und anderen unappetitlichen Autokraten das Fell über die Ohren!
Solange die Social Media Dienste und somit das Kapital auf “der richtigen Seite” stehen, wird sich nichts ändern. Die Hochfinanz hatte in den westlich orientierten Ländern schon immer das Sagen und bestimmt die Richtung. Das ist leider so. Man kann hoffen, dass die östlichen Länder da mal gegensteuern.