Gerichtsvollzieher
Satte Gewinne trotz Skandals
Dieser Artikel ist Teil unseres Bezahl-Angebots BZ+
Wenn Sie ein Abo von BZ+ abschließen, dann erhalten Sie innerhalb von 12 Stunden einen Benutzernamen und ein Passwort, mit denen Sie sich einmalig einloggen. Danach können Sie alle Artikel von BZ+ lesen. Außerdem erhalten Sie Zugang zu einigen speziellen, sich ständig erweiternden Angeboten für unsere Abonnenten.
Diese Gewinne leiteten sich aus Umsatzerlösen von mehr als 30 Mrd. Forint ab, die sich 200 Büros untereinander aufteilten. Der regierungskritische Sender erinnert daran, dass mehrere Büros im Zusammenhang mit dem Korruptionsskandal um den Präsidenten der Kammer der Gerichtsvollzieher, György Schadl, ihre Tätigkeit ausgesetzt hätten. Das von Schadl geführte Büro legte derweil keine Pause ein: Sein Stellvertreter sorgte bei Umsätzen von 125 Mio. Forint immer noch für einen Nettogewinn von knapp 30 Mio. Forint. Das nimmt sich freilich bescheiden aus gegen die Geschäftszahlen, die Schadls Ehefrau mit ihrem eigenen Büro erzielen konnte. Dort ergaben sich auf Umsätze in Höhe von 525 Mio. Forint Reingewinne von nahezu 250 Mio. Forint!
György Schadl wird derzeit der Prozess gemacht, weil er laut Anklage 900 Mio. Forint an Schwarzgeldern kassiert haben soll. Die erhielt er von jenen Gerichtsvollziehern, denen er in ihre profitablen Positionen verhalf. Um das System entsprechend zu schmieren, schleppte der Präsident der Kammer Geldkoffer in das Justizministerium, wo Staatssekretär Pál Völner laut Staatsanwaltschaft mit rund 85 Mio. Forint bestochen wurde. Obgleich all diese schmutzigen Machenschaften mindestens seit anderthalb Jahren bekannt sind, prüft die Steuer- und Zollbehörde (NAV) jährlich nur vier oder fünf Gerichtsvollzieherbüros, beklagt RTL.
Warum nicht auf Nonprofit-Basis?
Im Parlament befragte Mi Hazánk-Chef László Toroczkai den Ministerpräsidenten zu den Belangen der Gerichtsvollzieher. Die Forderung der Rechten, diese Tätigkeit auf eine Nonprofit-Basis zu stellen, lehnte Viktor Orbán wiederholt ab. Toroczkai äußerte den Verdacht, die Regierung halte die Gerichtsvollzieher an der kurzen Leine. Schadl wurde trotz des laufenden Verfahrens erst nach einem Jahr als Präsident der Kammer abgelöst, an seine Stelle rückte eine Fidesz-Vertraute, die überhaupt erst seit einem Jahr im Fach tätig ist. „Damit verkündet die Regierung die Botschaft, die Gerichtsvollzieher-Mafia darf weitermachen wie bisher“, formulierte der Oppositionspolitiker harte Vorwürfe. Orbán entgegnete darauf nur, es sei beleidigend, ein ganzes Fach unter Generalverdacht zu stellen.
Die Mär vom raffgierigen Vollstrecker
Justizstaatssekretär Róbert Répassy sprach derweil von Verschwörungstheorien und stellte klar: Niemand müsse eine Vollstreckung durch raffgierige Gerichtsvollzieher befürchten. Es sei unverantwortlich, Bürger zu ermuntern, ihre Schulden nicht zu begleichen. Gerichtsvollzieher agieren vielmehr auf der Grundlage von Dokumenten, die durch Gerichte ausgestellt werden. „Sie können nicht den Gerichtsvollziehern einen Vorwurf daraus machen, dass jemand anderen Geld schuldet.“ Bis es zur Vollstreckung komme, hätten die Schuldner eine Reihe von Rechtsmitteln in der Hand. Ohne Vollstreckungstitel gebe es keine Gerechtigkeit.