UPDATE – Regierung:
„Wir klagen die Kosten des Grenzzauns ein“
EU-Minister János Bóka wurde mit einem Verhandlungsmandat der Orbán-Regierung ausgestattet, um die Auswirkungen des EuGH-Verdikts in der Sache der illegalen Migration mit der EU-Kommission auszudiskutieren. Der EU-Minister solle mit Brüssel Lösungen anstreben, wie ein effizienter Schutz der Außengrenze (zu Serbien) aussehen könne. Es gebe jedoch Linien, welche die Regierung in Budapest weder überschreiten wolle noch könne, hielt Gulyás fest. Dazu gehöre das mehr als eindeutige Ergebnis der Nationalen Konsultation: „Gegen den Willen unserer Bürger kann niemand in Ungarn angesiedelt werden.“ Ungarn werde seine Grenzen auch weiterhin gegen die unkontrollierte Zuwanderung schützen; wer politisches Asyl erhalte, dem wolle man ein Gratis-Ticket nach Brüssel offerieren.
„Deutschland zerschlägt Schengen“
Gulyás erinnerte daran, dass Ministerpräsident Viktor Orbán bereits 2015 beim Ausbruch der Migrationskrise warnte, die EU müsse dem Gemeinschaftsrecht und insbesondere dem Schengen-Abkommen Geltung verschaffen: Wenn die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen keinen effizienten Grenzschutz organisieren können, werde das Schengen-System zusammenbrechen. „Die illegale Migration zerschlägt Schengen, Deutschland zerschlägt Schengen“, wertete der Kanzleramtsminister die Maßnahme der in Panik geratenen Ampel-Regierung in Berlin, die nun ab 16. September allgemeine Grenzkontrollen einführen will. Deutschland habe das einst funktionierende Schengen-Regime bereits dadurch unterhöhlt, dass man als größter EU-Staat keinen Druck auf die anderen Mitglieder ausübte, die Außengrenzen effizient zu schützen.
„Der grenzenlose Binnenmarkt, diese große Errungenschaft der Europäischen Union, gerät nun in Gefahr, weil man nicht auf Ungarn hören wollte.“ Es sei bedenklich, dass der EuGH auf Antrag der EU-Kommission ausgerechnet jenes Land mit einer Geldbuße belegt hat, das seinen Schengen-Verpflichtungen nachkommt, indem es seine Grenzen erfolgreich verteidigt.
IPA bleibt bei Kommunen
Zum Thema Mindestlohn nannte der Minister keine konkreten Zahlen, da die Regierung nur Beobachter beim Forum der Sozialpartner sei. Man wünsche sich jedoch eine mehrjährige Übereinkunft, bei der die Anhebung des Mindestlohns am Anstieg der Bruttolöhne ausgerichtet würde. (Wirtschaftsminister Márton Nagy hatte gerade erst die Zielstellung genannt, den Mindestlohn bis 2027 auf die Hälfte des durchschnittlichen Bruttolohns anzuheben.)
Gulyás wies Gerüchte zurück, wonach der Staat den Städten und Gemeinden die örtliche Gewerbesteuer (IPA) „wegnehmen“ wolle. Es handle sich dabei nach den Vorgaben der EU-Kommission um eine örtliche Steuer, die in diesem Sinne auch künftig von den Kommunen eingenommen wird. Weil das Budgetdefizit in diesem Jahr markant, um zwei Punkte sinkt, werden die Staatsschulden nicht steigen. Dank eines wieder dynamischeren Wachstums 2025 (von erhofften mehr als 3%) wird der Schuldenabbau dann fortgesetzt.
Deutsche Firmen willkommen
Offene Kritik formulierte der Kanzleramtsminister an der deutschen Industriepolitik. Während Ungarn die Wettbewerbsfähigkeit der EU als Priorität betrachte, sorge die Deutschland aufgezwungene grüne Ideologie für eine Deindustrialisierung des Landes, die ganz sicher nicht zu einer verbesserten ökonomischen Leistung beiträgt. „Deutschland ist einer der wichtigsten Wirtschaftspartner Ungarns, speziell in der Automobilindustrie, weshalb sich die deutsche Industrieflaute indirekt auf uns auswirkt“, beklagte Gulyás.
„Wir können die Entscheidungen in Berlin nicht beeinflussen, verstehen aber nicht, dass jenes Land, das im Maschinen- und Automobilbau zur Weltspitze gehört, gewaltige Risiken im Zeichen des grünen Übergangs auf sich nimmt, wo doch das Gros der globalen Schadstoffemissionen durch die USA und China verursacht wird.“ Gleichzeitig machte der Minister unmissverständlich klar, dass Ungarn jene deutschen Unternehmen willkommen heißt, die wegen der strengeren politischen und Umweltauflagen daheim nach Ungarn übersiedeln wollen.
„Ungarn erwartet die Erstattung seiner Kosten für den Grenzschutz und ist bereit, die EU-Kommission zu verklagen.“
Ich hoffe, dass Ungarn hier bessere Argumente hat als bei der gerichtlichen Auseinandersetzung mit Spar.
…wegen der strengeren politischen und Umweltauflagen daheim nach Ungarn übersiedeln wollen.”
mal süffisant populistische auf den Punkt gebracht: Messerstecher rein, Ingenieure raus!
Deutschland betreibt mal wieder den totalen Untergang, fast wie vor 90 Jahren.
“Deutschland betreibt mal wieder den totalen Untergang, fast wie vor 90 Jahren.”
Vielleicht nicht total, aber viel effektiver! Wer wird nach weiteren 30 Jahren noch da sein, der das Land wie nach dem 2. Weltkrieg wieder aufbauen kann? Die Industrie befindet sich im Rückwärtsgang und das Wissen und die Fachkräfte, die dadurch verloren gehen, werden für immer oder jedenfalls für sehr, sehr lange Zeit weg sein. Das kann man nicht einfach wieder umkehren. Hinzu kommt, die Mentalität und die Einstellung zu Leistung und Arbeit hat sich bereits jetzt irreversibel, und zwar negativ verändert. Die Entwicklung wird erst in vielen Jahren abgeschlossen und dann auch für die Allermeisten sichtbar sein. Das wird zu einer Verarmung des Landes führen, doch nicht nur in Deutschland, sondern in Europa insgesamt. Deutschland ist nur ein reiches Land, deshalb wird hier der Abbau am auffälligsten sein. Wenigstens ein Trost hat die Geschichte für mich, in 30 Jahren werde ich nicht mehr am Leben sein.
Alle Studien zeigen, Europa verliert global aber sukzessive an Bedeutung, sowohl als Produktionsstandort als auch als Absatzmarkt. Die Länder der EU sind nach wie vor Industriestandorte, doch sie büßen ständig und deutlich an internationaler Wettbewerbsfähigkeit ein – nicht nur gegenüber den dynamisch wachsenden Schwellenländern, sondern auch im Vergleich zu anderen Industriestaaten.
Die weltwirtschaftlichen Kräfteverhältnisse verschieben sich und werden sich weiter verschieben. Europa wird allein schon aufgrund der demografischen Entwicklung an ökonomischer Bedeutung einbüßen. Die Wirtschaft befindet sich zudem im Umbruch. Neu daran ist die Geschwindigkeit und der Umfang dieser Veränderungen, die auch weltwirtschaftliche und technologische Verschiebungen umfassen. Hinzu kommt, der europäische Verbots- und Regulierungsreflex verhindert Innovation und Wachstum – auch in der Qualität. Eine Klimapolitik, die auf die eigenen wirtschaftlichen Interessen scheinbar keine Rücksicht nehmen will, verschärft diese Entwicklung noch zusätzlich.
Der Blick auf aktuelle Forschungsergebnisse zeigt für Europa ein Bild der Erschöpfung. Während Asien und Amerika wieder zum wirtschaftlichen Wachstum zurückzukehren scheinen, scheinen Europa und noch mehr Deutschland zu stagnieren. Es sind nicht mehr die großen Zahlen des Wachstums, die Europas Zukunft prägen werden. Gleichermaßen ist diese Erschöpfung durchaus normal. Über eine sehr lange Periode hat Europa die Weltgeschehnisse (mit)bestimmt.
Wie die Geschichte zeigt, wechseln sich nach zwei bis drei Generation die Weltregionen ab, wo die Wirtschaft prosperiert oder schrumpft. Das ist nicht neu. Neu ist nur, dass Europa jetzt zu den Verlierern und Asien und Amerika zu den Gewinnern gehören wird, wenn es nicht zu einer globalen Katastrophe wie einem Weltkrieg oder einer Krise wie 1929 kommt. Dann verlieren nämlich alle. Die Jahre ab 2027/28 könnten die Jahre der Erkenntnis sein, von denen wir vielleicht lernen müssen, dass Weltwirtschaftskrisen und Kriege leider nicht der Vergangenheit angehören.
Wie Portfolio berichtet, streiten sich die Europäische Kommission und die ungarische Regierung seit März über ein im November verabschiedetes Gesetz über öffentliche Bauinvestitionen. Brüssel argumentiert, dass die Gesetzgebung möglicherweise gegen EU-Standards für Transparenz und Wettbewerb im öffentlichen Beschaffungswesen verstößt, da sie der Regierung erlaubt, bestimmte Projekte von Vergabeverfahren auszunehmen. Diese als unzureichend begründet angesehenen Ausnahmen werfen Bedenken hinsichtlich der Transparenz auf und könnten gegen die Vorschriften zur effizienten Verwendung von EU-Mitteln verstoßen. Trotz wiederholter Warnungen muss Ungarn mit erheblichen Konsequenzen rechnen, darunter dem möglichen Einfrieren von Milliarden an EU-Mitteln für operationelle Programme.
Ist Ungarn ein Synonym für Don Quijote oder braucht Ungarn kein Geld von der EU?
Jetzt ist es so weit, was ich bereits erwartet und wovor ich gewarnt habe, geschieht jetzt. Die Europäische Kommission will das Geld für die 200-Millionen-Euro-Strafe von künftigen EU-Zahlungen an Budapest abziehen. Die 15-tägige Frist für Ungarn sei abgelaufen, daher wird ein sogenanntes Ausgleichsverfahren eingeleitet.
Hinzu kommen noch später die zukünftigen monatlichen Strafzahlungen, wenn Ungarn sich auch zukünftig nicht an das vereinbarte und für alle EU-Länder geltende europäische Asylrecht hält. Man muss allerdings wissen, dass das europäische Recht viele unbestimmte Rechtsbegriffe enthält und deshalb immer auslegungsbedürftig ist. Hier hätte Ungarn sicher viel Gestaltungsmöglichkeiten, um das ungarische Asylrecht in ihrem Sinne regeln zu können, aber Ungarn macht anscheinend lieber Fundamentalopposition und schadet sich am Ende wirtschaftlich und finanziell ständig nur selber.
Auch die Ausgleichszahlungen in 2 Jahren, die Ungarn zahlen müsste, wenn es sich nicht an den vereinbarten Quoten zur Aufteilung der Asylbewerber hält, werden noch hinzukommen. Diese Beträge werden dann von den zustehenden Überweisungen abgezogen. Ich habe den Eindruck, Ungarn will unbedingt ein Nettozahlerland werden, ohne eigentlich das dafür notwendige Geld zu besitzen.
Oder will der Fidesz die ungarische Bevölkerung davon überzeugen, dass ein Austritt aus der EU nur Vorteile für Sie hätte? Aber von dieser Ansicht scheint die ungarische Bevölkerung trotz größter Anstrengungen der Regierung noch weit entfernt zu sein. Die Ungarn wollen mehrheitlich die EU nicht verlassen, denn das Hemd ist ihnen näher als die Hose. Auch viele Fideszwähler stehen weiterhin für einen Verbleib in der EU.
Das Schicksal der polnischen PiS sollte der Fidesz ein warnendes Beispiel sein. Auch wahlverzerrende Maßnahmen sind irgendwann einmal ausgereizt und können sich am Ende auch gegen den Verursacher selber richten. Es bleibt für die ungarische Machtelite der Fidesz nur zu hoffen, dass sie auch die nächste Wahl gewinnen werden. Ansonsten kommt ein schmutziges Wäschewaschen auf sie zu und keiner wird da ausgenommen sein, wenn reale oder aufgebauschte Verfehlungen in die Öffentlichkeit gezerrt werden.
Zusätzlich würde der konservativen Bewegung in Europa ein immenser Tiefschlag versetzt werden, von denen sie sich lange nicht erholen würde. Aber das scheint der Fides anders zu sehen. Als Konservativer blicke ich darauf allerdings mit Schrecken.
Bein Einklagen der Kosten für den Grenzzaun bin ich sehr skeptisch. Wenn Ungarn wirklich so gute Argumente hätte wie es jetzt behauptet, hätten sie meiner Meinung nach schon längst geklagt. Aber Klagen wurden durch die ungarische Regierung in der Vergangenheit sehr häufig angekündigt, allerdings am Ende so gut wie nie vollzogen.
Zur Klarstellung: Auch in Ungarn sind Asylverfahren geregelt und auch Ungarn nimmt Asylbewerber auf. Was wird also vom Gericht beanstandet? Insbesondere das Verfahren wird nicht akzeptiert.
Die niederländische Regierung hat bei der EU-Kommission eine Ausnahmeregelung beim EU-Asylrecht gefordert. Dass sie damit Erfolg haben wird, ist aber höchst unwahrscheinlich.
Die EU nahm dazu wie folgt Stellung: Sie haben den Brief zur Kenntnis genommen. Und auch, dass die niederländische Migrationsministerin darin anerkennt, dass ein solcher Opt-out nur durch die Änderungen der EU-Verträge möglich wäre. Sie erwartet allerdings keine Änderungen an den EU-Vorschriften zu Asyl und Migration.
Das weiß auch die Regierung in Den Haag. Deshalb fordert sie – so lange kein Ausstieg aus der Regelung möglich ist – den EU-Asylpakt, der bereits beschlossen wurde und in zwei Jahren umgesetzt werden soll, rasch umzusetzen, um den Zustrom von Migranten begrenzen zu können, wie es in dem nur wenige Zeilen langen Schreiben an die EU-Kommission heißt. Mit dem Brief will man vor allem an die eigene Bevölkerung eine Botschaft senden, dass man bereit ist, das Asylrecht zu ändern.
Ungarn hat sich dem Brief angeschlossen. Wie wir bereits wissen, hat der Europäische Gerichtshof ein Zwangsgeld von 200 Millionen Euro gegen Ungarn verhängt, insbesondere weil man in Ungarn selber keinen Asylantrag stellen kann (nur außerhalb von Ungarn).