Lehrerstreik:
„Rachegesetz muss weg!“
Das Innenministerium drückte in einer Pressemitteilung sein Bedauern aus, dass „die PDSZ als Gewerkschaftsvertretung für kaum 1% aller Pädagogen Streiks und Demonstrationen organisiert und sich dabei wie eine politische Organisation der Linken benimmt, statt ein Partner dabei zu sein, den Kindern einen niveauvolleren Unterricht zu bieten, Eltern zufrieden zu sehen und die Lage der Pädagogen zu verbessern“. Man stehe seit anderthalb Monaten in fachlichen Konsultationen wegen des Gesetzentwurfs, der ein neues Karrieremodell für Pädagogen aufzeigen soll. Im Bildungswesen stünden die Kinder an erster Stelle, die Lehrer dürften auf Lohnerhöhungen rechnen. „Wer besser unterrichtet, wer sich mehr mit den Kindern beschäftigt, soll mehr verdienen“, schrieb das Innenressort im Vorfeld des Streiks.
Repressionen leid
Unterdessen schlossen sich dem für den Montag anberaumten Streik (den das Ministerium übrigens als rechtmäßig einstufte) nach Gewerkschaftsangaben mehrere tausend Lehrer an. Dabei hätten Direktoren in vielen Schulen mit unterschiedlichsten Methoden versucht, die Aktionen zu vereiteln oder wenigstens zu behindern. „Wir sind die ständig zunehmenden staatlichen Repressionen leid“, schrieb die PDSZ in den Sozialmedien, um Teilnehmer für den Demonstrationszug quer durch Budapest, vom Kálvin tér zum Széchenyi István tér zu gewinnen. Der zwei Kilometer lange Marsch endete vor dem Gebäude des für das Bildungswesen zuständigen Innenministeriums. Die Menge forderte eine bedingungslose Rücknahme des Statusgesetzes und Lohnerhöhungen, die wenigstens die Inflation ausgleichen.
Schuljahr bis Mitte Juli?
Auch Schüler schlossen sich dem Protest an, nicht nur aus Solidarität mit den Lehrern, sondern aufgrund von Bestimmungen des geplanten Gesetzes, die sie selbst hart treffen könnten. So sei Sommer-Schülerarbeit in Gefahr, wenn die Behörden eine Verlängerung des Schuljahres bis Mitte Juli anordnen könnten – aktuell währen die ungarischen Sommerferien von Mitte Juni bis Ende August. Auch die Möglichkeit, Lehrer und Schüler in andere Schulen zu „schicken“, wenn sich der Unterricht so effizienter gestalten lässt, ruft die jungen Leute auf die Barrikaden. Lehrer sollen bis zu 12 Stunden am Tag (!) verfügbar sein – laut Opposition gestehe die Regierung damit den längst gegebenen Lehrermangel ein.
Die Menge skandierte die von früheren Protesten bekannte Parole: „Ohne Lehrer keine Zukunft!“ Auf vielen Transparenten war das Konterfei des Innenministers abgebildet, dem die Lehrer vorwerfen, er „räche“ sich mit immer repressiveren Maßnahmen wegen ihres andauernden Widerstandes. Unter Pädagogen wird das sog. Statusgesetz deshalb eher als „Rachegesetz“ bezeichnet. Die Demonstranten riefen in diesem Sinne, dem Innenminister „einen neuen Status zu verpassen“.
