Orbán im Parlament:
„Ungarn gehört den Ungarn, und das bleibt auch so!“
Gergely Arató von der DK wollte von Viktor Orbán wissen, was er zu tun gedenke, um den zum Jahreswechsel drohenden, endgültigen Verlust von rund 1 Mrd. Euro an EU-Geldern noch zu verhindern. Die Partei von Ex-Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány sieht dafür wenig Chancen, denn die EU halte das Geld wegen der Korruption der Fidesz-Regierung zurück. Damit verliere jeder einzelne Ungar rund 100.000 Forint, Geld, das in Krankenhäusern, Schulen oder bei der Modernisierung von Plattenbauten gut aufgehoben wäre. Um an die blockierten Gelder zu gelangen, bräuchte es eine unabhängige Justiz, „aber dann könnten sich der Ministerpräsident kein eigenes Schloss, seine Familie und die Nachbarn keine Milliardenvermögen leisten“.
Orbán wiederholte in seiner Reaktion, das Land könne über 12 Mrd. Euro frei verfügen. Mit Blick auf die blockierten EU-Gelder erklärte er: „Solange Ungarn von einer nationalkonservativen Regierung geführt wird, wird es keinen einzigen Cent verlieren.“ Es stimme, dass man dafür hart kämpfen müsse, aber er wolle dies gerne tun. „Schade, dass unsere Opposition dafür streitet, damit Ungarn die ihm zustehenden Gelder nicht erhält.“
„Sie geben mit niedrigen Steuern an!“
MSZP-Chef Imre Komjáthi forderte die Regierung auf, energischer gegen die Inflation vorzugehen, die den Menschen in strukturschwachen ländlichen Gebieten das Leben noch schwerer mache. „Die Einwohner des Komitats Borsod gehen wegen der brutal hohen Lebensmittelpreise in der Slowakei einkaufen.“
Der Ministerpräsident zeigte sich in seiner Antwort verblüffend versöhnlich, meinte jedoch, die hohen Preise würden andauern, solange der russisch-ukrainische Krieg nicht beendet ist. „Für sinkende Preise brauchen wir Frieden. Deshalb bitte ich alle Parteien, unsere Friedensmission zu unterstützen!“ Die Regierung habe es mit Preisstopps versucht, was aber nur vorübergehend erfolgreich sein kann. Ein dauerhafter Weg sei die Anhebung der Löhne: Im Zuge der soeben abgeschlossenen dreijährigen Lohnvereinbarung mit den Sozialpartnern werde der Mindestlohn in den nächsten drei Jahren um „beispiellose“ 40% steigen.
Der Fraktionsvorsitzende der Momentum, Dávid Bedő, wollte wissen, warum Orbán seinen „Kindheitstraum“ Olympia auf dem Rücken der Ungarn verwirklichen wolle. „Nach 14 Jahren Fidesz-Macht ist so wenig Geld für das Bildungswesen übriggeblieben, dass Sie bei der EU Beihilfen erbetteln mussten, um die Gehälter der Pädagogen anheben zu können. Sie geben mit niedrigen Steuern an, bauen aber einen automatischen Inflationsausgleich ein.“ Die Momentum habe einst gut 260.000 Unterschriften gesammelt, um eine Volksabstimmung zu erzwingen, woraufhin die Regierung das Olympia-Projekt 2018 feige aufgab.
Der Ministerpräsident blockte die Frage mit dem Hinweis ab, die Bewerbung um die Ausrichtung der Olympischen Spiele sei nicht Sache der Regierung, sondern der Hauptstadt. „Wir werden akzeptieren, wie sich die Budapester Bürgerschaft entscheidet. Was für ein Pech, dass Ihre Partei dort nicht vertreten ist.“
Orbán: „Sie können ruhig schlafen.“
Der Chef der rechten Mi Hazánk beklagte eine Art „Bevölkerungsaustausch“, der praktisch in allen Segmenten des Arbeitsmarktes und in allen Regionen des Landes zu beobachten sei. „Sie tauschen die ungarischen Arbeitnehmer aus und holen als Ersatz Gastarbeiter ins Land“, meinte László Toroczkai. Er bezweifelte, dass der Durchschnittslohn in absehbarer Zeit 1 Mio. Forint erreicht, was vor allem für die Staatsdiener ein Traum bleibe.
Orbán räumte ein, dass die Löhne allen Bemühungen seiner Regierung zum Trotz noch immer zu niedrig seien. Zum Thema Gastarbeiter formulierte er jedoch unmissverständlich: „Ungarn gehört den Ungarn, und das bleibt auch so!“ Für Gastarbeiter gebe es aktuell eine Quote von 65.000 Personen, mit Vertragsende habe jeder Einzelne das Land zu verlassen – kein anderer EU-Mitgliedstaat regele das strenger. „Ungarn droht nicht das Szenario eines Migrationslandes, Sie können ruhig schlafen.“
Für die LMP warf Máté Kanász-Nagy der Regierung vor, die Budapester Bahnhöfe mitsamt ihrem Umland – Flächen von insgesamt 90 ha! – auf 99 Jahre an Spekulanten zu verscherbeln.
Der Ministerpräsident merkte dazu an, die Modernisierung der Bahnhöfe koste gigantische Beträge, die Investoren sollen interessante Konzepte mitbringen, um diese Flächen mit neuem Leben zu erfüllen. In Westeuropa gebe es zahlreiche positive Beispiele, wie das geschehen könne.