Ministerpräsident Viktor Orbán im Kossuth-Radio: „Sinn und Zweck der Außenpolitik ist es, Freunde zu sammeln“. Fotos: MTI/ Zoltán Fischer

Orbán im Kossuth-Radio:

„Bei uns ist es nicht üblich, Gäste zu verhaften!“

„In Westeuropa erstarkt der Antisemitismus, weil die Politik diese Entwicklung geradezu ermutigt oder zumindest erduldet und hinnimmt", Ministerpräsident Viktor Orbán am Freitag im Interview für das Kossuth-Radio.

„Ungarn ist eine Ausnahme, bei uns gilt eine Nulltoleranz gegenüber dem Antisemitismus“, stellte Orbán in dem Interview, in dem es u.a. um den mehrtägigen Besuch des israelischen Premiers Benjamin Netanjahu in Budapest ging, einmal mehr klar. In Westeuropa sei das Erstarken des Antisemitismus Alltag, weshalb die Juden von dort wegziehen. Ungarn verfüge in Europa über die drittgrößte jüdische Gemeinschaft, die hierzulande in größter Sicherheit leben könne, ganz im Gegensatz zur Wirklichkeit im Westen. Der ungarische Ministerpräsident sieht einen direkten Zusammenhang zur illegalen Migration, die von der EU-Führung gewollt sei.

Orbán: „Wir schützen alle unsere Bürger.“

Die Stabilität Israels liege im unmittelbaren Interesse Ungarns, denn Krieg und Instabilität im Nahen Osten legen sich wie ein Schatten auf Europa – die große Migrationskrise wurde unmittelbar durch den Bürgerkrieg in Syrien ausgelöst. Neben Israel sei Ägypten das zweite „Schlüsselland“, das nicht kippen dürfe.

Die Verantwortung des ungarischen Staates ergebe sich aber auch aus dem weniger bekannten Fakt, dass mittlerweile mehr als 100.000 Bürger ungarischer Abstammung in Israel leben. Der ungarische Staat habe aus dem Zweiten Weltkrieg, aus Deportierungen und Holocaust die Lehre gezogen, alle seine Bürger ohne Unterscheidung ihrer Herkunft zu allen Zeiten zu schützen. „Genau das tut diese Regierung.“

ICC-Affront simpel erklärt

Die vor allem auf Budapest konzentrierte Jüdische Gemeinschaft in Ungarn betrachtet Israel als zweite Heimat. Für diese Menschen sei es nicht gleichgültig, wie sich die Beziehungen Ungarns zu Israel gestalten. Dass sich Ungarn gegen den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) stellt, sorgte über die deutschsprachige Politik hinaus für manche Irritationen, während Orbán eine simple Erklärung bereithielt: „Bei uns ist es nicht üblich, Gäste zu verhaften.“

Mal abgesehen davon, dass Ungarn gar nicht die Absicht hatte, den Ministerpräsidenten Israels zu verhaften, wie das der ICC wünschte, „weil Israel unser Freund ist und der Sinn und Zweck der Außenpolitik für ein Land darin besteht, Freunde zu sammeln“. Im Übrigen hätte die Regierung ihre Polizei gar nicht anweisen können, den Haftbefehl zu vollstrecken, da Ungarn das internationale Abkommen über das ICC-Statut nicht in nationales Recht übernommen hat.

Von globalen Netzwerken einverleibt

Orbán nahm die Gelegenheit wahr, um schwerwiegende Veränderungen in der internationalen Politik zu kritisieren. So seien multilaterale Organisationen in großer Zahl von globalen Netzwerken einverleibt worden, die sich gegen die Selbständigkeit der souveränen Nationalstaaten wenden. „Diese Organisationen dehnen laufend ihre Befugnisse aus und treffen politisch motivierte Entscheidungen, so wie das beim ICC zu beobachten war.“

Mit Blick auf Amerikaner, Russen, Chinesen oder Türken könne man nicht behaupten, „die ganze Welt wollte unbedingt Mitglied sein“. Ungarn habe ursprünglich nach dem Ende des Kommunismus viele Mitgliedschaften angestrebt, weil man noch seinen Platz in der internationalen Gemeinschaft suchte, diesen aber letztlich in NATO und EU gefunden.

Orbán
Viktor Orbán mit seinem Gast Benjamin Netanjahu und ihren Ehefrauen am Denkmal der Schuhe, im Gedenken an die von den Pfeilkreuzlern in die Donau gemordeten Juden.

Ein Gedanke zu “„Bei uns ist es nicht üblich, Gäste zu verhaften!“

  1. Da verwechselt der gute Viktor, wie immer ein paar Tatsachen, aber Hauptsache wieder populistisch. Nicht ISRAEL soll verhaftet werde, sondern ein Kriegsverbrecher aus Israel, das hat auch mit Antisemitismus rein gar nichts zu tun. Man muss ja wegen einer Verfehlung eines einzelnen, nicht immer eine ganze Volksgruppe in Sippenhaft nehmen. Netanjahu führt einen brutalen Krieg gegen Zivilisten um seine eigene Macht zu erhalten.

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10. Juli 2025 11:21 Uhr